Inland

Parteitag: Wie die SPD mit Olaf Scholz die Bundestagswahl gewinnen will

Mit großer Mehrheit haben die knapp 600 Delegierten auf dem SPD-Parteitag Olaf Scholz zu ihrem Kanzlerkandidaten gewählt. Der machte zuvor in seiner Rede die großen Unterschiede zur Merz-CDU deutlich und warnte vor österreichischen Verhältnissen.

von Vera Rosigkeit · 11. Januar 2025
Olaf Scholz auf dem Bundesparteitag

SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz mit den Parteivorsitzenden Lars Klingbeil und Saskia Eseken auf dem Sonderparteitag der SPD in Berlin

Der neue Kanzlerkandidat der SPD ist der amtierende Bundeskanzler. Auf ihrem außerordentlichen Bundesparteitag in Berlin stimmte die überwältigende Mehrheit der rund 600 Delegierten am Samstag per Kartenzeichen dafür, mit Olaf Scholz an der Spitze in den Bundestagswahlkampf zu ziehen. Zuvor hatte Scholz in seiner rund 50-minütigen Rede betont, warum die CDU und Friedrich Merz für die Sozialdemokrat*innen der größte Gegner sind. Denn um das Land durch diese schwierige Zeit zu bringen, brauche es weder „Sprücheklopfer“, noch „uralte Rezepte“ und schon gar keine Politik auf dem Rücken der ganz normalen Leute. „Jetzt ist nicht die Zeit für CDU/CSU!“, betonte Scholz. 

Bereits der Blick auf deren Steuerversprechen mache deutlich, für wen der Wahlkampfslogan der Union „Politikwechsel für Deutschland“ stehe. Die geplanten Steuersenkungen in Höhe von 100 Milliarden Euro pro Jahr wertete Scholz als „Vergünstigungen für Spitzenverdiener“, die einen „Riesenkrater in die öffentlichen Haushalte“ reißen würden. Es sei eine Summe, die fast doppelt so viel ausmache wie alle Investitionen im Bundeshaushalt zusammen, machte Scholz die Größenordnung klar. Und er warnte: „Macht euch keine Illusionen: Genau das werden sie wirklich so tun!“

Steuerversprechen der Union: Wer zahlt die Zeche?

Wer dafür die Zeche zahlt, daran besteht für den gewählten Kanzlerkandidaten kein Zweifel. Es seien die normalen Menschen, wie Arbeitnehmerinnen oder Handwerker, Mieterinnen, Rentner und Familien. Einschnitte bei Gesundheit, Pflege und Rente seien die Folge, ist Scholz sicher. Ein Vorgeschmack hierfür sei „diese unsinnige Karenztag-Idee“, wonach Arbeitnehmer*innen, die krank sind, am ersten Krankheitstag keinen Lohn mehr bekommen sollen. Scholz: „Was für eine absurde Idee!“

Ebenso falsch sei das Vorhaben der Union, das Staatsangehörigkeitsrecht rückgängig zu machen, wenn drei von zehn Menschen in Deutschland eine Einwanderungsgeschichte hätten. „Wir werden uns nicht spalten lassen in die, die schon immer hier waren – und die, die irgendwann neu hinzugekommen sind“, versprach Scholz.

Immer wieder verwies der Kanzler in seiner Rede auf die Unterschiede zur CDU und erntete dafür stehenden und lang anhaltenden Applaus. Dabei hob Scholz besonders die Vorhaben der SPD und ihres Regierungsprogramms hervor, mit denen sie in den kommenden 43 Tagen für die Zustimmung bei den Wählerinnen und Wählern werben will. Beispielsweise mit einem Mindestlohn in Höhe von 15 Euro, einer Ermäßigung bei der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel von sieben auf fünf Prozent und einer Mietpreisbremse, die unbefristet ist, so Scholz.

„Made in Germany“-Bonus für die Wirtschaft

Oder auch in der Wirtschaftspolitik: Statt einer allgemeinen Senkung der Unternehmensteuer auf 25 Prozent, wie die Union es plant, setzt die SPD auf einen „Made in Germany“-Bonus. Von diesem Bonus in Höhe von zehn Prozent an Unternehmen, die in Deutschland investieren, würden laut Scholz auch junge Start-ups profitieren, die noch keine Gewinne machten. „Die hätten vom Plan der CDU/CSU mit der Senkung der Unternehmenssteuern gar nichts.“

Scholz stellte klar: „Wir werden niemals Sicherheit, Wirtschaft und Zusammenhalt gegeneinander ausspielen.“ Deutschland brauche Sicherheit, Modernisierung und Zusammenhalt. Für die SPD gehe das zusammen, versprach er. Dabei helfe auch der von der SPD geplante Deutschland-Fonds, aus öffentlichen und privaten Mitteln gespeist, mit dem wichtige Infrastruktur finanziert werden sollen. Außerdem soll die Schuldenregel „klug“ erneuert werden, „begrenzt auf Investitionen in unsere Sicherheit und in die Modernisierung unseres Landes“, so Scholz.

Schlechtes Beispiel: Österreich

Aber auch in der Außenpolitik stehe die Sozialdemokratie zu ihren Werten, versicherte der Kanzlerkandidat. In Richtung des neu gewählten Präsidenten der USA, Donald Trump, erklärte er, dass Grenzen unverletzlich seien und dass sich an dieses Prinzip des Völkerrechts jeder Staat zu halten habe. Zugleich sei die Sozialdemokratie die Kraft, so Scholz, die ohne „Wenn und Aber“ zur Ukraine stehe – und zugleich darauf achte, „dass wir nicht hineingezogen werden in diesen Krieg“.

Auch mit Blick auf die aktuelle Entwicklung in Österreich, in der nun die konservative ÖVP bereit ist, mit einem „extrem Rechten“ zu koalieren, warnte Scholz: „Wenn wir in Deutschland am 23. Februar falsch abbiegen, dann werden wir am Morgen danach in einem anderen Land aufwachen.“

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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