CSD-Paraden unter Druck: Wie Trumps Politik die Sponsorensuche erschwert
Auch in diesem Sommer finden in zahlreichen deutschen Orten wieder Paraden zur Feier des Christopher Street Days statt. Doch die Finanzierung wird immer schwieriger. Auch wegen der politischen Vorgaben aus den USA.
IMAGO/Sylvio Dittrich
Tausende Menschen beteiligten sich am Christopher Street Day (CSD) in Dresden.
Mehrere tausend Kilometer und der Atlantische Ozean liegen zwischen der US-Hauptstadt Washington und der bayerischen Landeshauptstadt München. Doch auch hierzulande sind die Auswirkungen durch die Politik der aktuellen US-Regierung immer stärker spürbar. Beispielsweise wenn es um die Finanzierung von CSD-Paraden geht. Den ganzen Sommer über finden sie in vielen Städten Deutschlands statt. So auch in München, wo die Veranstalter*innen nach Angaben des Bayerischen Rundfunks einen spürbaren Rückgang der Sponsoren verzeichnen.
München gleicht sechsstellige Finanzlücke aus
Zurückzuführen sei der Rückgang auf das von US-Präsident Donald Trump verordnete Ende der Programme für Diversität, Gleichstellung und Inklusion für Behörden in den USA. Viele international agierende Unternehmen fürchten daher, Aufträge von US-Behörden zu verlieren. Offenbar auch, wenn sie sich im Zuge von CSD-Paraden in Deutschland engagieren. Die Stadt München gleicht in diesem Jahr eine Finanzierungslücke mit einem sechsstelligen Betrag aus. Wie es in Zukunft weitergeht und ob der CSD in München perspektivisch kleiner werden muss, ist noch unklar.
Die neue Queerbeauftragte der Bundesregierung, die sächsische SPD-Landtagsabgeordnete Sophie Koch, sagt zum Rückzug von Sponsoren im Gespräch mit dem „vorwärts“: „Das sind viele Firmen, die ihre Sitze in den USA haben. Auf der anderen Seite erleben wir aber auch viele positive Beispiele.“ Als ein solches nennt sie die Verkehrsbetriebe in ihrer Heimatstadt Dresden, die jedes Jahr die Schirmherrschaft für den dortigen CSD übernehmen, ihre Solidarität mit einer Regenbogenbahn und einem Regenbogenbus in die Stadt tragen und ihre queeren Mitarbeiter*innen explizit unterstützen.
Queerbeauftragte: Ersatz in Europa finden
„Ich finde, so etwas sollten wir fördern und dem sollten wir mehr Beachtung schenken. Es lohnt sich für Unternehmen, ihre Mitarbeiter*innen zu unterstützen und ein gutes Umfeld zu schaffen“, sagt Koch, die hofft, den Ausfall amerikanischer Firmen durch europäische Unternehmen ersetzen zu können.
Pascal Conzelmann, Sprecher der Jusos im baden-württembergischen Zollernalbkreis, weiß allerdings, wie schwierig die Finanzierung eines CSD auch unabhängig von Trumps Politik sein kann. Der CSD in der Region ist wahrscheinlich deutschlandweit der einzige, der federführend von den Jusos organisiert wird. „Wir haben nicht unbedingt das Problem, dass wir nicht mehr auf die Unterstützung von amerikanischen Unternehmen bauen können, sondern bei uns ist eher das Problem, dass wir in so einem konservativen Umfeld leben, dass große Unternehmen bei uns in der Region generell eher skeptisch sind, was die Unterstützung eines CSD angeht, auch wenn wir letztes Jahr ziemlich erfolgreich waren“, sagt er im Gespräch mit dem „vorwärts“.
Neuauflage mit finanziellen Fragezeichen
Im vergangenen Jahr kamen rund 400 Menschen nach Albstadt zum kreisweit ersten CSD, der allerdings zwischenzeitlich durch einen Aufmarsch von 40 rechtsextremen Jugendlichen gestört wurde. In diesem Jahr soll es am 6. September eine Neuauflage geben, in der rund 20 Kilometer entfernten Nachbarstadt Balingen. „Wir haben die Idee, dass wir durch die drei größten Städte im Landkreis rotieren wollen“, sagt Conzelmann. Im vergangenen Jahr konnten sie für die Finanzierung noch auf Fördergelder des Landes Baden-Württemberg bauen. Die gibt es diesmal nicht. In die Bresche springt dafür beispielsweise die Weissenburg, ein queeres Zentrum aus Stuttgart. „Uns mangelt es trotzdem noch an Geld, weil wir im Anschluss an den CSD auch noch eine queere Party organisieren wollen“, sagt Conzelmann.
Zu rechten Protesten könnte es auch diesmal kommen. Bei der Bundestagswahl holte die rechtsextreme AfD im Wahlkreis mehr als 26 Prozent der Stimmen. Conzelmann berichtet: „Es ist spürbar, dass sich immer mehr Jugendliche bei uns im Landkreis rechtsextremen Jugendgruppierungen anschließen möchten. Die rechtsextreme Jugend bekommt bei uns einen enormen Zulauf.“ Umso wichtiger sei es, den Erfolg vom vergangenen Jahr zu wiederholen und mit mehreren hundert Teilnehmer*innen beim CSD ein Zeichen dagegen zu setzen.
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo