Warum Trump in seiner zweiten Amtszeit viel gefährlicher ist als in der ersten
Donald Trump zeigt sich radikaler und rücksichtsloser denn je. Nichts scheint ihn zurzeit stoppen zu können. Umso wichtiger: der Mut zum Widerspruch – wie ihn Olaf Scholz gezeigt hat.
imago
Donald Trump kurz vor seiner zweiten US-Präsidentschaft: vor Anhängern am 19. Januar 2025 in der Capitol One Arena in Washington
Am 20. Januar übernimmt Donald Trump die Amtsgeschäfte als US-Präsident. Nach seiner ersten Amtszeit von 2017 bis 2021 glauben manche, so schlimm werde es in seiner zweiten Amtszeit schon nicht kommen. Das könnte sich schnell als Wunschdenken erweisen. Denn heute ist die politische Situation in den USA eine ganz andere als am 20. Januar 2017.
Acht Jahre später verfügt Trumps Partei, die Republikaner, über eine Mehrheit in beiden Häusern des Kongresses, im Repräsentantenhaus und im Senat. Trump kann also rücksichtslos durchregieren. Dass er das will, daran lässt er keinen Zweifel.
Republikaner haben sich Trump unterworfen
Und das kann er. Auch deshalb, weil er sich seine Partei ihm regelrecht unterworfen hat. Nahezu jede Trump-kritische Stimme bei den Republikanern wurde ins politische Aus gedrängt und damit praktisch zum Verstummen gebracht. Wie etwa Liz Cheney: Die Trump-Kritikerin war einst die Nummer drei der Republikaner im Repräsentantenhaus. Bei der Wahl im November hat sie ihr Mandat verloren.
Und als wäre das noch nicht genug, gibt es im Obersten Gericht eine satte Zwei-Drittel-Mehrheit für die Republikaner, geschaffen durch die Richter-Ernennungen Trumps in seiner ersten Amtszeit. Diese Personalauswahl hat sich für ihn bereits bewährt: So entschied das Oberste Gericht 2024, US-Präsidenten könnten für Handlungen während ihrer Präsidentschaft strafrechtlich nicht zur Rechenschaft gezogen werden. Konkret ging es um die Versuche Trumps, den Wahlsieg von Joe Biden 2021 nicht anzuerkennen und stattdessen trotz Wahlniederlage im Amt zu bleiben.
Auch Trumps Rolle beim Sturm seiner Anhänger*innen auf das Kapitol am 6. Januar 2021 hatte für ihn keine juristischen Konsequenzen. Dass dieser Freibrief des Obersten Gerichtes keine guten Folgen für Trumps Verhalten in der zweiten Amtszeit hat, dürfte klar sein.
Keine Moderaten in der US-Regierung
Ebenso alarmierend: Der künftigen US-Regierung werden keine Moderaten mehr angehören, wie noch in Trumps erster Präsidentschaft. Stattdessen wurden jetzt ausnahmslos ihm hörige und damit radikale Gefolgsleute nominiert und trotz Bedenken im Kongress durchgewunken. Niemand bei den Republikanern im Kapitol wagt es mehr, sich Trump entgegenzustellen.
Und im Gegensatz zu seiner ersten Amtszeit hat Trump diesmal detailliert ausgearbeitete Pläne zum Umbau der USA in seinem Sinne. Etwa zum weitgehenden Abbau des Staates und der Steuern für Superreiche.
Zu Beginn seiner zweiten Amtszeit genießt Trump auch die Unterstützung der einflussreichen Tech-Milliardäre, die in seine Residenz in Mar-a-Lago pilgerten und Millionen spendeten für seine Amtseinführung. Von Elon Musks Wahlkampfspenden in Höhe von 250 Millionen Dollar gar nicht zu reden.
Opposition nicht zu hören und zu sehen
Und die Opposition? Die ist kaum noch wiederzuerkennen. Die Demokraten wirken nach dem Scheitern ihrer Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris traumatisiert und paralysiert. Auch fehlen ihnen wichtige Gestaltungsmöglichkeiten, da sie weder im Senat noch im Repräsentantenhaus eine Mehrheit haben.
Aus der Zivilgesellschaft gibt es diesmal – ganz anders als 2017 – auch kaum Widerstand gegen Trump. Das gilt für Frauen, wie für People of Colour, obwohl gerade sie von einem frauenfeindlichen und rassistischen Präsidenten besonders bedroht sind. Und auch in Hollywood herrscht nur noch ein großes Schweigen zum Machtwechsel.
Trump unterstützt offen die rechtsradikale AfD
Wes Geistes Kind Trump ist, zeigt er inzwischen ganz offen, indem er die rechtsradikale AfD unterstützt. Nur die Rechtsaußenpartei ist zur Feier seiner Amtseinführung in die USA eingeladen, kein*e Vertreter*innen der deutschen Regierungsparteien, kein*e Vertreter*innen von CDU und CSU.
Wie sehr Trump sich seit seiner letzten Präsidentschaft radikalisiert hat und wie wenig Widerstand er dagegen erfährt, zeigen seine ersten Ankündigungen noch vor der Amtsübernahme. Einmalig in der amerikanischen Geschichte drohte er den längsten und engsten Verbündeten der USA offen mit gewaltsamer Annexion: Kanada will er zum 51. Bundesstaat machen und damit seine staatliche Existenz beenden. Vom Königreich Dänemark will er Grönland annektieren, von Panama die Kontrolle über den Kanal übernehmen.
Scholz: Grenzen nicht mit Gewalt verschieben
Umso wichtiger in dieser Lage ist Mut zum Widerspruch. Den zeigte Bundeskanzler Olaf Scholz, als er am 8. Januar Trumps unsägliche Annexionspläne ganz klar ablehnte. Nach Gesprächen „mit einer Reihe europäischer Staats- und Regierungschefs“ betonte der Kanzler „die Unverletzlichkeit von Grenzen“ und dass sie „nicht mit Gewalt verschoben werden“ dürften. „Das Prinzip der Unverletzlichkeit von Grenzen gilt für jedes Land, egal ob es im Osten oder im Westen von uns liegt, und daran muss sich jeder Staat halten, egal ob er ein kleines Land oder ein sehr mächtiger Staat ist.“
Soll die zweite Amtszeit Trumps nicht zu einem politischen Alptraum für die USA und die Welt werden, braucht es mehr von diesem offenen Widerspruch. Und zwar schnell – ehe es zu spät ist.