Inland

Bauernproteste: Ampel-Koalition kündigt konkrete Entlastungen für Landwirtschaft an

Planungssicherheit und Entlastungen für Deutschlands Agrarwirtschaft ­– bis zur Sommerpause will die Ampel-Koalition dafür einen konkreten Maßnahmenkatalog vorlegen.

von Lars Haferkamp · 15. Januar 2024
Berlin im Zeichen der Bauernproteste: Rund 30.000 Menschen mit über 5.000 landwirtschaftlichen Fahrzeugen sind am 15. Januar 2024 in die Hauptstadt gekommen, hier die Straße des 17. Juni mit Blick auf das Brandenburger Tor, wo die Kundgebung stattfand.

Berlin im Zeichen der Bauernproteste: Rund 30.000 Menschen mit über 5.000 landwirtschaftlichen Fahrzeugen sind am 15. Januar 2024 in die Hauptstadt gekommen, hier die Straße des 17. Juni mit Blick auf das Brandenburger Tor, wo die Kundgebung stattfand.

Die Fraktionschefs der Ampel-Koalition sagen den Vertreter*innen der deutschen Landwirtschaft am Montag in Berlin konkrete Entlastungsschritte zu. Unmittelbar nach einem eineinhalbstündigen Treffen von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich, Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann und FDP-Fraktionschef Christian Dürr mit der Agrarlobby im Bundestag, präsentiert Mützenich der Presse die Ergebnisse. Bereits wenn am Donnerstag dieser Woche im Bundestag der Agrarbericht debattiert werde, wolle die Ampel einen konkreten Fahrplan in Form eines Entschließungsantrages vorlegen. 

Dieser Fahrplan werde „innerhalb von wenigen Wochen konkrete Umsetzungsschritte benennen“. Mützenich kündigt an, „dass wir bis zur Sommerpause klare strukturelle Entscheidungen treffen, die der Landwirtschaft nicht nur Planungssicherheit geben, sondern auch Entlastungen“.  Es gehe um das, was die Landwirtschaft für ihre „Zukunftsfestigkeit“ brauche. Das betreffe die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft und die europäische Agrarpolitik. „Wir glauben, stark genug zu sein, als Parlament, als Koalition, in den nächsten Wochen einen so klaren Katalog zu unterbreiten.“ Wenn das am Donnerstag im Bundestag durch einen Entschließungsantrag bekräftigt werde, so Mützenich, „sind wir einen guten Schritt weitergekommen“.

Mützenich: Dank an die Landwirtschaft für Dialogbereitschaft

Mützenich dankt den Vertreter*innen der Landwirtschaft „ganz herzlich“ für die Annahme der Gesprächseinladung. Diese sei „im Respekt ausgesprochen“ worden. Dieser Respekt sei von Seiten der Ampel-Koalition auch deshalb betont worden, weil die Befürchtungen sich nicht bestätigt hätten, „Trittbrettfahrer“ könnten die Agrarproteste für ihre Zwecke missbrauchen. „Ich bin sehr dankbar, dass auf verschiedenen Veranstaltungen stand: Die Landwirtschaft ist bunt.“ Das sei „eine klare politische Aussage“ gewesen, die die Koalition „sehr begrüßt“ habe. „Deswegen auch diese Einladung“, betont Mützenich.

Am Montag erlebte Berlin den Höhepunkt der Demonstrationen gegen die Kürzungen der Bundesregierung im Agrarsektor: Rund 30.000 Landwirt*innen und Unterstützer*innen sind an diesem Tag in die Hauptstadt gekommen – mit weit über 5.000 landwirtschaftlichen Fahrzeugen. Die Folge: massive Verkehrsstörungen in Berlin.

Einsparungen sind Folge des Karlsruher Urteils

Die kritisierten Einsparungen im Agrarbereich sind eine Folge des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes von Ende 2023 zur Haushaltsführung des Bundes. Sie führen dazu, dass im Bundeshaushalt 2024 rund 17 Milliarden Euro eingespart werden müssen. Nach den Plänen der Bundesregierung soll daher unter anderem die seit mehr als 70 Jahren bestehende Agrardiesel-Begünstigung gestrichen werden. 

Die Ampel-Koalition ist den Landwirt*innen bereits vor dem Beginn der Demonstrationen deutlich entgegengekommen. So wird die Steuerbefreiung für Agrar-Diesel nicht sofort gestrichen, sondern über drei Jahre schrittweise. Die zunächst geplante Abschaffung der Kfz-Steuerbefreiung in der Landwirtschaft hat die Ampel komplett zurückgenommen. 

Entgegekommen der Ampel reicht Agrarlobby nicht

Das reicht den Landwirt*innen aber nicht. Bauernpräsident Joachim Rukwied verlangt eine vollständige Rücknahme der Sparpläne der Bundesregierung. „Ziehen Sie die Steuererhöhungsvorschläge zurück, dann ziehen wir uns zurück“, so Rukwied am Montag bei der Demonstration am Brandenburger Tor. Man sei gesprächsbereit, aber der von der Bundesregierung angebotene Kompromiss sei nicht ausreichend. 

Der Bauernpräsident betont angesichts der seit Tagen andauernden Proteste noch einmal, es sei nicht gelungen, das Anliegen der Landwirt*innen in die rechte Ecke zu drängen. Diese seien aufrechte Demokrat*innen und stünden auf dem Boden des Grundgesetzes. Eine sichere Versorgung mit heimischen Lebensmitteln sei auch eine Grundlage für eine stabile Demokratie in Deutschland.

Finanzminister Lindner wird in Berlin ausgebuht

Bundefinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner zeigt in seiner Rede vor den demonstrierenden Landwirt*innen Verständnis für die Proteste. Die deutsche Landwirtschaft müsse wettbewerbsfähig bleiben, betont er. Zugleich verweist er aber auf die Sparzwänge im Bundeshaushalt nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes. „Ich kann ihnen heute nicht mehr staatliche Hilfe versprechen aus dem Bundeshaushalt“, so Lindner, der immer wieder ausgebuht wird. Er erinnert die Demonstrant*innen an die in den vergangenen Jahren gestiegenen Zinsen, die den Haushalt in Milliardenhöhe belasteten. Zugleich müsse die Regierung aber in Infrastruktur und Sicherheit investieren. Deswegen müsse man nun „neu über die Aufgaben des Staates miteinander reden“. 

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