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Wegen Putin und Trump: Rettung durch das Weimarer Dreieck?

Am Freitag treffen sich die Regierungschefs von Deutschland, Frankreich und Polen Olaf Scholz, Emmanuel Macron und Donald Tusk in Berlin. Dieses „Weimarer Dreieck“ war in den vergangenen Jahren etwas eingeschlafen. Ein gemeinsamer Feind lässt die drei Länder wieder enger zusammenrücken.

von Lars Haferkamp · 15. März 2024
Ein Format, das verbindet: Im Weimarer Dreieck wollen Deutschland, Frankreich und Polen künftig wieder enger zusammenarbeiten.

Ein Format, das verbindet: Im Weimarer Dreieck wollen Deutschland, Frankreich und Polen künftig wieder enger zusammenarbeiten.

Es ist die ohne Frage gefährlichste Situation für Europa seit Jahrzehnten: Im Osten führt Russland einen erbarmungslosen Angriffs- und Eroberungskrieg gegen den ukrainischen Nachbarn und im Westen droht zeitgleich der wichtigste Verbündete Europa im Stich zu lassen – vorausgesetzt Donald Trump gewinnt im November die US-Präsidentschaftswahl und macht seine jüngsten Drohungen war

In dieser Lage könnte die Zusammenarbeit zwischen Deutschland, Frankreich und Polen wichtiger denn je werden. Organsiert wird sie im so genannten Weimarer Dreieck. Hier arbeiten die Regierungen der drei Länder zusammen. Auch der Austausch zwischen den Parlamenten und der Zivilgesellschaft der drei Länder wird in diesem Format organisiert. Hier geht es etwa um Städtepartnerschaften, Jugendbegegnungen oder Kulturveranstaltungen. 

Das Ziel: die Stärkung der europäischen Integration

Die Regierungschefs, die Außen- und Europaminister*innen sowie einzelne Fachminister*innen Deutschlands, Frankreichs und Polens treffen sich regelmäßig im Rahmen des Weimarer Dreiecks zu trilateralen Gesprächen. Sie beraten hier über aktuelle politische Themen und über gemeinsame Initiativen. Ihr Ziel: die Stärkung der europäischen Integration.

Außen- und Sicherheitspolitik spielt bei den Treffen der drei Regierungen immer wieder eine wichtige Rolle – besonders im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. So trafen sich kurz vor dem russischen Überfall Bundeskanzler Olaf Scholz, Präsident Emmanuel Macron und Präsident Andrzej Duda am 8. Februar 2022 in Berlin. Sie besprachen die Bedrohung der Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine durch Russland und warben nachdrücklich für eine friedliche Lösung. Vergeblich. 

Am 12. Juni 2023 trafen sich Scholz, Macron und Duda in Paris, um sich – als Folge des russischen Angriffs – über eine stärkere Einbindung der Ukraine in die NATO auszutauschen.

Kein Verteidigungsbündnis der Drei

So wichtig die Gespräche der führenden Politiker*innen aus Berlin, Paris und Warschau zur Außen- und Verteidigungspolitik auch sind, eine sicherheitspolitische Organisation oder gar ein Dreibund zur gemeinsamen Verteidigung ist das Weimarer Dreieck nicht. Im Gegensatz etwa zur NATO. Auch die Verbindlichkeit der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU erreicht es nicht.

Dennoch sollte die Bedeutung des Dreiecks gerade in der aktuellen Lage nicht unterschätzt werden. Deutschland, Frankreich und Polen haben zusammen mit 190 Millionen mehr Einwohner*innen als Russland mit 144 Millionen. Von der deutlich stärkeren Wirtschaftskraft der drei gegenüber Russland ganz zu schweigen. Sind Berlin, Paris und Warschau sich also einig, so wird das registriert – im Kreml und auch im Weißen Haus. Noch mehr vermutlich, wenn die drei Partner nicht einig sind.

Einigkeit entscheidet über Bedeutung

Denn genau darauf hoffen die Gegner Europas und seiner Einheit, in Moskau wie in Washington. Das Weimarer Dreieck kann also ein wichtiges Signal in die Welt senden, dass die großen Staaten Zentraleuropas an einem Strang ziehen und sich nicht spalten lassen, von wem auch immer.

Seinen Namen hat das Weimarer Dreieck übrigens vom ersten Treffen der Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Polens in der Stadt der deutschen Klassik. Am 28. August 1991 trafen sich Hans-Dietrich Genscher, Roland Dumas und Krzysztof Skubiszewski an Goethes Geburtstag. Hier gründeten sie das Weimarer Dreieck.

In Weimar wurden Grundlagen gelegt

Die Spaltung Europas in Ost und West war 1991 noch nicht lange her, umso wichtiger war das Signal, dass die Osteuropäer nun dazugehören zum freien Europa, dass sie gehört und beteiligt werden beim Aufbau eines gemeinsamen Europas. So betonten die Außenminister die besondere Verantwortung ihrer drei Länder für den europäischen Integrationsprozess. Konkret wurde beschlossen, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit auszubauen. 

In Weimar wurden also auch die Grundlagen gelegt für die Integration Osteuropas in die politische Organisation Europas und in seine Sicherheitsarchitektur. Einige Jahre später war es dann soweit: Polen trat 1999 der NATO und 2004 der Europäischen Union bei. 

Neuer Schwung durch Machtwechsel in Polen

Die Freude darüber hatte sich allerdings in den letzten Jahren in Berlin und Paris etwas getrübt. In Warschau regierte die erzkonservative, europakritische und deutschlandfeindliche PiS-Partei. Sie ließ kaum eine Gelegenheit aus, die gemeinsame Zusammenarbeit zu sabotieren und die Partner zu brüskieren, etwa mit der Forderung nach milliardenschweren Reparationszahlungen an Deutschland für die Folgen des Zweiten Weltkrieges.

Mit dem Machtwechsel in Warschau hat sich das grundlegend geändert. So warb der neugewählte polnische Ministerpräsident Donald Tusk am 23. November 2023 in seiner ersten Regierungserklärung ausdrücklich für eine Wiederbelebung des Weimarer Dreiecks. Wie ernst es ihm damit ist, betonte er bei auch während seines Besuches bei Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin am 12. Februar 2024. 

Kraftzentrum und Ideenschmiede Europas

Am selben Tag trafen sich in Paris die drei Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Polens. Thema waren neben der Unterstützung der Ukraine die russischen Desinformationskampagnen und Angriffe auf die Demokratien Europas. Alle drei Länder sehen sich als Opfer der gleichen Destabilisierungsstrategie Moskaus. Umso klarer war man sich, dass nur Einigkeit dagegen schützen kann. Und dass das Weimarer Dreieck künftig wieder die Rolle eines Kraftzentrums und einer Ideenschmiede Europas spielen soll.

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5 Kommentare

Gespeichert von max freitag (nicht überprüft) am Mi., 14.02.2024 - 14:02

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NATO war jedenfalls in der Vergangenheit ja nicht so unbestritten, wie heutige Äußerungen (nun auch im VORWÄRTS) dies nahelegen. Wir sind umzingelt von Freunden, und wenn wir -dh die BRD - aus der NATO austreten, haben wir immer noch die Bündnispartner aus der EU. Und was unserem Austritt an NATO nachbleibt, schützt uns ja quasi ungewollt mit, es sei denn Polen (um ein Beispiel zu geben) erteilt Russland die Genehmigung, das polnische Territorium per Transit zu nutzen, um seine Truppen an die deutsche Grenze zwecks Einmarsch hier bei uns zu bringen. Das wird nicht passieren, denn wir wir die einmarschierenden Truppen zurückwerfen, wohin sollen sich die dann retten, zurück nach Polen, natürlich.
Also. Ruhe bewahren
Es wird - dies ist so offensichtlich wie sonst nichts auf der Welt- versucht, uns hier zu erpressen, und Erpressern gibt man nicht nach,niemals. Täte man dies , würde auf das 2 % Ziel das 3 % Ziel folgen, ganz wie Trump es gefällt. Nochmal: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht.
Davon ab haben wir bei sinkender Wirtschaftskraft jedenfalls einstweilen keine Probleme, mit gleichbleibendem Aufwand das 2% Ziel zu erreichen..

Gespeichert von Rudolf Isfort (nicht überprüft) am Do., 15.02.2024 - 10:44

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„Wir müssen einkalkulieren, dass Wladimir Putin eines Tages sogar ein Nato-Land angreift“ (Pistorius, 19.1.24), wobei „eines Tages“ bei unseren Militärsachverständigen in der Öffentlichkeit und im Amt Pistorius zwischen zwei und fünf Jahren schwankt. Da uns dafür die USA möglicherweis ihren Atomschild (und ihre konventionelle Unterstützung) verweigern, stehen wir ganz schön „blank“ - so nennt man das, glaube ich - da. Darum hat Frau Barley wohl auch schon mal die „eigenen Atombomben der EU“ (13.02.2024) gezündet und Kanzler und Vorwärts gleichermaßen überrascht, sodass beide erst mal tief Luft holen und lange nachdenken müssen, ehe sie darauf zu reagieren in der Lage sind.

Das Weimarer Dreieck, also die „führenden Politiker*innen aus Berlin, Paris und Warschau“ bilden keine „sicherheitspolitische Organisation oder gar einen Dreibund zur gemeinsamen Verteidigung“, können - genau genommen - nicht einmal eine „Verbindlichkeit der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU erreichen“. Dennoch „kann ... das Weimarer Dreieck ein wichtiges Signal in die Welt senden, (nämlich) dass die großen Staaten Zentraleuropas an einem Strang ziehen und sich nicht spalten lassen, von wem auch immer“. Ob die Welt auf dieses Signal gewartet hat, scheint fraglich, und auch EU und BRD haben es wohl nicht so richtig wahrgenommen.

Es könnte aber sein, dass die Staatschefs der Länder des Weimarer Dreiecks, „Bundeskanzler Olaf Scholz, Präsident Emmanuel Macron und Präsident Andrzej Duda“, die sich „am 8. Februar 2022 in Berlin trafen“, etwas Neues zur Genese des russischen, „erbarmungslosen Angriffs- und Eroberungskrieg gegen den ukrainischen Nachbarn“ zu berichten gehabt hätten. Leider war das nicht der Fall; „sie besprachen die Bedrohung der Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine durch Russland und warben nachdrücklich für eine friedliche Lösung. Vergeblich“. Allerdings berichtete Olaf Scholz am 15.2.22, noch in Moskau auf einer Pressekonferenz, (ich zitiere aus dem Gedächtnis,) dass er Putin angeboten habe, ein Nato-Beitritt der Ukraine stünde in den nächsten 10, 15 Jahren nicht auf der Tagesordnung. Das sei Putin aber nicht genug gewesen. Diese kleine Petitesse, die auch in der gemeinsamen Pressekonferenz eine Rolle gespielt hat, lässt möglicherweise einen etwas anderen als den herrschenden Blick auf die Entstehung des Krieges zu, dass nämlich die geostrategische Bedeutung der Ukraine für Russland und Nato, nicht zu einem Kompromiss habe angeglichen werden können, obwohl alle Beteiligten wussten, dass Russland den möglichen Natobeitritt der Ukraine als casus belli nehmen würde. Frau Baerbock assistierte dem Kanzler kurz darauf: Der Beitritt der Ukraine ist für die Nato (mit Putin) nicht verhandelbar.
Am 24.2.22 überfiel die Russische Föderation die Ukraine.

Gespeichert von Tom Kaperborg (nicht überprüft) am Mo., 19.02.2024 - 13:13

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Ich wuerde mich wohl fuehlen, wenn die EU eine eigene Armee mit der Feuerkraft der USA haette inkl. Atomwaffen. Russland muss sich im Falle eines uebergriffigen Verhaltens einer jeweils angemessenen Antwort gegenueber stehen sehen, zur Not auch die der totalen Vernichtung. Dieser Nuklear-Erpresser Medwedew bliebe dann heisse Luft - ohne Nuklearwaffenschirm wird die Bedrochung real. RUS waere ja ohnehin im Nachteil, Moskau u. Pertersburg zerstoert, nur 2 Zentren im Ggs. zur EU mit vielen, bedeutet Russland ist handlungsunfaehig - also wird man dann entspr. gemaessigter auftreten. Fuer mich gilt: Lieber tot als unter russsicher Hegemonie. Dass sich Gauner immer mehr von anderen Kriminellen bedroht fuehlen als Normalbueger - die alte Maer der aktiv vorangetriebenen NATO-Osterweiterung - ist der Projektion der eigenen Absichten geschuldet. RUS steckt noch immer mental in der 40er Jahren fest und nur ueberwaeltigende Staerke haelt es von aggressiven Aktionen ab. Sollte USA sich aus der NATO herausziehen, gibt es Krieg in ganz Europa, auch bei uns - wir werden dazu nicht gefragt, RUS wird angreifen, dennn wir sind zu schwach. Die Abruestung nach 1990 war ein Fehler, man kann Waffen ja behalten, aber eben nicht einsetzen - RUS hat das so gemacht, wir waren zu naiv. Trotz der "tollen Freundschaft" zwischen Schroeder und Putin u. Merkel's grundsaetzlicher Passivitaet gegen jede Unbequemlichkeit mit seinerzeit zunehmender Abhaengigkeit von russischer Energie, sind wir das Hauptziel - hier ist am meisten zu holen und man hat tiefenpsychologisch noch eine Rechnung offen seit 1945 - Deutschland verlor WK2 aber ist reicher als Russland. Abschreckung ist das A und O jeder Friedenspolitik, Schwaeche wird nicht akzeptiert.

Die Abschreckung durch Atomwaffen beruht auf der Gewissheit, dass der Angegriffene, obwohl schon total vernichtet, den Angreifer noch total vernichtet, der Angreifer darum abgeschreckt wird. Oder, wie es kürzlich einer unserer Wortgewaltigen in einer Talkshow formulierte: Wer zuerst schießt, stirbt als Zweiter. Soviel zur Annahme, man könne Russland total vernichten, und selbst einigermaßen glimpflich davonkommen.
Interessant finde ich den angedeuteten „tiefenpsychologischen“ Zusammenhang zwischen „offener Rechnung“ und „verlorenem WK2“. Ich denke allerdings, dass die Zusammenhänge andere sind, als von Kaperborg unterstellt. Zu den anderen Annahmen sage ich nichts – jeder darf z. B. für sich festlegen, „lieber tot als unter russischer Hegemonie“.

wuerden Sie diese auch mitteilen? Ich erinnere nur daran, dass die Afghanen, so auch nun die Ukrainer, die Invasoren mit todesverachtendem Mut bekaempft haben bzw. bekaempfen. Angsterfuellt lieber nachgeben halte ich fuer einen grossen Fehler, der zum Verlust der Freiheit fuehrt. Die putin-Gang wird solange Krieg fuehren, bis es nicht mehr geht. Ob die an der deutschen Grenze halt machen (oder EU) wissen wir nicht, bis es passiert und ja auch ich habe Angst, dass das eskalieren bis hierher koennte. Dass nukleare Abschreckung so funktioniert, wie Sie schreiben ist mir auch bewusst, aber sie funktioniert. Ohne eigen nukleare Option bleibt man dahingehend erpressbar und ich moecte nicht unter russischer Hegemonie, diesmal mit einem Malermeister statt Dackdecker oder Oskars Ehegattin von Putins Gnaden jahrzehntelang durch eine Mangelwirtschaft mit Unterdrueckung regiert werden, dann lieber gar nicht mehr. Das afghanische Beispiel zeigt, dass die Putins sich gegen todesmutige Verteidiger zurueckziehen werden. Ob man dabei "glimpflich davon kommt" ist dabei zweitrangig, ihre Interpretation meiner Aussage liegt daneben, des Gegners totale Vernichtung ist das einzige "Argument" gegen nukleare Bedrohung. Den finalen Schritt machen sie nicht - das hat auch mit den Sowjets funktioniert. Bleibt die "glorreiche russische Armee" - 40er Jahre-Jargon - endgueltig in UKR stecken, so wird Putins Regime beendet werden. Seit den 90er Jahren wird in RUS schon gegen den Westen u. insbesondere gegen Deutschland gehetzt - Quelle: mehrere Fernsehbeitraege im oeffebntl. rechtlichen. Russsland braucht ofgfenbar einen Schock, wie Deustchald 1945, um zu einer friedlichen Nation zu werden - das ist mein Gedanke dazu - die UKR hat das Potential dazu. RUS ist riesig, hat aber nur 140 Mio Einwohner - D + F + NL - lange geht das mit den "Meat-Waves" nicht mehr. Die russische MAcht schwindet bereits, wie man in Armenien sieht. Gut so! Soll das LAnd in Bedeutungslosigkeit versinken, ich finde es nicht schade, im Gegenteil. Die Kertschbruecke wird dieses Jahr nicht mehr stehen bleiben - mit oder ohne Taurus.