Entscheidung naht: Wie geht es weiter mit der Stahlindustrie in Duisburg?
Schon vor Monaten hat ThyssenKrupp angekündigt, in Duisburg Arbeitsplätze abbauen zu wollen. Wieviele, ist noch unklar. Vor der womöglich entscheidenden Aufsichtsratssitzung am Freitag stellt die NRW-SPD-Vorsitzende Sarah Philipp klare Forderungen an den Stahl-Konzern.
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Stahlarbeiter bei ThyssenKrupp in Duisburg protestieren gegen die Entlassungspläne des Konzerns.
Eigentlich war in der so traditionsreichen Branche fast so etwas wie Aufbruchstimmung zu spüren. Grüner Stahl sollte in Deutschland produziert werden, klimaschonend dank eines neuen Verfahrens, bei dem mithilfe Erneuerbarer Energien gewonnener Wasserstoff verwendet werden soll. Um den Aufbau dieser Technologie zu fördern, stellten Bund und Land Nordrhein-Westfalen allein für den Standort Duisburg rund zwei Milliarden Euro zur Verfügung.
Sarah Philipp fordert Klarheit und Transparenz
Doch vor wenigen Monaten kam die schockierende Nachricht für alle Beschäftigten: ThyssenKrupp gab bekannt, seine Produktion in Duisburg um etwa zwei Millionen Tonnen Stahl reduzieren zu wollen. Dies soll auch mit einem Stellenabbau einhergehen. Wie viele Jobs genau wegfallen sollen, darüber schweigt der Konzern seit Monaten und lässt die Stahlarbeiter*innen in der Region im Unklaren. Die protestieren seit Wochen mit Mahnwachen von 5 bis 23 Uhr gegen diese Konzernpolitik.
Am Freitag soll nun eine Aufsichtsratssitzung Licht ins Dunkel bringen. Die NRW-SPD-Vorsitzende und Duisburger Landtagsabgeordnete Sarah Philipp formuliert im Gespräch mit dem „vorwärts“ ihre Erwartungshaltung: „Es braucht jetzt Klarheit und Transparenz, wie es mit dem Stahl bei ThyssenKrupp weitergeht. Das darf keine Hängepartie werden.“ Außerdem fordert Philipp, wieder zu Gesprächen auf Augenhöhe zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite zurückzukehren. Dieser partnerschaftliche Umgang miteinander sei in den vergangenen Wochen von der Unternehmensführung aufgekündigt und mit Füßen getreten worden, kritisiert die SPD-Landesvorsitzende.
Keine betriebsbedingten Kündigungen!
Philipp rechnet vor, wie viele Arbeitsplätze von den Plänen des Unternehmens betroffen sein könnten: Insgesamt arbeiten in Nordrhein-Westfalen rund 27.000 Menschen bei ThyssenKrupp, davon knapp die Hälfte im Duisburger Norden. Im Süden der Stadt, in Philipps Wahlkreis, liegen zudem die Hüttenwerke Krupp Mannesmann mit 3.000 Arbeitsplätzen, die ebenfalls betroffen sein könnten.
Allerdings gebe es, darauf verwies auch der Gesamtbetriebsratsvorsitzende von „Thyssenkrupp Steel Europe“ in der Debatte, einen gültigen Tarifvertrag bis März 2026, der den Erhalt der Standorte und den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen garantiere. Sarah Philipp macht daher deutlich: „Daran muss man sich halten. Es darf keine betriebsbedingten Kündigungen geben.“
ThyssenKrupp muss sich an Spielregeln halten!
Insgesamt sei sie über die Entscheidung des Konzerns sehr verwundert und sehr verärgert gewesen, sagt die Sozialdemokratin. Wenn die Politik den Transformationsprozess hin zu klimaneutralem Stahl unterstütze, verbunden mit der Zusage, dass der auch in Zukunft in Duisburg produziert wird, könne das Unternehmens nicht einige Monate später sagen: „Wir gucken mal, ob wir Jobs abbauen und wie es mit dem Stahl hier überhaupt weitergeht.“ Wenn so viel Steuergeld in die Hand genommen werde, müsse sich das Unternehmen auch an die Spielregeln halten, fordert Philipp.
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Philipp
Es kann nicht sein, dass ein Unternehmen zwei Milliarden Euro öffentliche Gelder bekommt und dann darüber nachdenkt, wie es Leute rausschmeißen kann.
„Wir als Politik stehen hinter diesem Stahlstandort, wir stehen hinter Duisburg, wir stehen hinter den anderen Produktionsstandorten in Nordrhein-Westfalen, aber es kann nicht sein, dass ein Unternehmen zwei Milliarden Euro öffentliche Gelder bekommt und dann darüber nachdenkt, wie es Leute rausschmeißen kann“, macht Philipp deutlich. Zudem fordert sie, dass sich die nordrhein-westfälische Landesregierung um einen Posten im Aufsichtsrat des Konzerns bemühen solle. Denn wer so viel Geld in ein Unternehmen stecke, brauche auch ein Mitspracherecht. Das habe Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) jedoch bislang abgelehnt.
Die SPD stehe hingegen an der Seite der Beschäftigten. Sie selbst sei in der vergangenen Woche gemeinsam mit dem Duisburger Oberbürgermeister Sören Link bei einer Mahnwache vor Ort gewesen, um ihre Solidarität zu bekunden, berichtet Philipp. Für die SPD-Landesvorsitzende ist klar: „Wir wollen, dass in Duisburg in Zukunft Stahl produziert wird, und wir wollen, dass Nordrhein-Westfalen weiterhin ein Industrieland bleibt.“
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo
leserbrief
Bei der Umwandlung (Elektrolyse) von H 2 O in H2 (Wasserstoff) gehen ca. 70 % der Energie verloren. Ich kann mich noch an einen dies bezüglichen Versuch im Physikunterricht der Realschule in den sechzigern Jahren gut erinnern. Die Elektrolyse benötigt nicht nur Unmengen von Elektrizität sondern auch sehr viel Wasser. Entscheidend ist dabei auch die Stärke des Stroms. Dazu hatte man den Hochtemperatur -Thorium Reaktor in Hamm- Uentrop entwickelt. Dieser wurde von der SPD-Landesregierung schnell abgewickelt nach der ersten Panne. Begründung: Wir haben genug Kohle.