IMAGO / Michael Gstettenbauer
Die Einführung einer Kindergrundsicherung und der Ausbau der Kinderbetreuung können helfen, Armut in Deutschland zu bekämpfen
Zwar stagniere die Armutsentwicklung derzeit, einen Grund zur Entwarnung gebe es jedoch nicht; so fasst der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands Ulrich Schneider die aktuelle Armutsstatistik für Deutschland zusammen. Laut den Erhebungen des Paritätischen Armutsberichts sind derzeit 16,8 Prozent der Bevölkerung hierzulande, also 14,2 Millionen Menschen, von Armut betroffen. Das seien fast eine Million mehr als 2019, bevor die Lage Vieler durch Pandemie und Inflation prekärer wurde, so heißt es in einer Pressemitteilung des Paritätischen Gesamtverbandes.
Region und Familienstand machen den Unterschied
Es seien starke regionale Unterschiede zu erkennen, heißt es weiter. So sind in Bremen, Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfahlen und Hamburg besonders viele Menschen von Armut betroffen. Überproportional häufig sind es bundesweit Alleinerziehende, kinderreiche Familien und Menschen mit schlechten Bildungsabschlüssen oder ohne deutsche Staatsangehörigkeit, die in Armut leben. Auch geht aus dem Bericht hervor, dass Kinderarmut in Deutschland auf 21,8 Prozent gestiegen ist. Somit ist nun mehr als jedes fünfte Kind betroffen.
Verschiedene Maßnahmen empfohlen
Entgegen dem weit verbreiteten Vorurteil seien lediglich sechs Prozent der in Armut lebenden Menschen arbeitslos, betont Schneider. Die meisten Betroffenen seien Rentner*innen oder Erwerbstätige. Daher bedeute Armutsbekämpfung auch nicht, „Menschen in Arbeit zu bringen“, erklärt er.
Gezielte Maßnahmen wie eine Anhebung des Mindestlohns auf 15 Euro, ein Ausbau der Kinderbetreuung und die Einführung einer Kindergrundsicherung seien erforderlich, sagt Schneider. Die bisher vorgelegten Pläne einer Kindergrundsicherung halte er nicht für ausreichend – der veranschlagte Betrag sei zu gering.
Eine Möglichkeit, für mehr Gerechtigkeit zu sorgen und Rentner*innen gezielt vor Armut zu schützen wäre, dass alle Einkommensquellen - zum Beispiel auch Einkommen aus Mieteinnahmen - berücksichtigt werden, so ein weiterer Vorschlag.
Wende in Steuer- und Finanzpolitik notwendig
Eine Umsetzung all dieser Maßnahmen sei machbar, erfordere jedoch eine „echte Wende in der Steuer- und Finanzpolitik“. Dabei bezieht sich Schneider auf die häufig diskutierten Konzepte einer Erbschafts- und einer Vermögenssteuer, durch die höhere Sozialausgaben gedeckt werden könnten. Pläne von Finanzminister Christian Lindner für ein mehrjähriges Moratorium der Sozialausgaben halte er für „unverantwortlich“ und „geradezu selbstzerstörerisch“.
Dennoch: Damit die Armutsquote nicht nur, wie derzeit, stagniere, sondern in Zukunft auch sinken werde, sei es sei an der Zeit, dass die Bundesregierung eine „entschlossene Armutspolitik“ einleite, lautet die Forderung des Paritätischen Gesamtverbands.
Armut bekämpfen
Ganz einfach: Endlich eine gerechte Steuerpolitik einführen, Steuerbetrug wirksam bekämpfen, unsinnige Subventionen abschaffen.