Inland

Stärkung der Wirtschaft: So soll Klingbeils „Wachstumsbooster“ wirken

Am Mittwoch hat die Bundesregierung den von Finanzminister Lars Klingbeil geplanten „Wachstumsbooster“ auf den Weg gebracht. Mit vier Maßnahmen soll die lahmende Wirtschaft schnell angekurbelt werden. Doch es droht Widerstand.

von Kai Doering · 4. Juni 2025
Zwei Männer in blauen T-Shirts vor einem Fertigungsroboter in einer Fabrik

Fertigungsroboter in einer Fabrik: Unternehmen, die neue Maschinen anschaffen, sollen über den „Wachstumsbooster“ steuerlich entlastet werden.

Die grundsätzliche Einigung gab es bereits Ende Mai. Nach dem ersten Treffen des Koalitionsausschusses am 28. Mai hatten CDU/CSU und SPD die Grundzüge eines Sofortprogramms vorgestellt, um insbesondere die Wirtschaft in Deutschland zu stärken. Am Mittwoch hat das Kabinett den Gesetzentwurf dazu auf den Weg gebracht. „Wir bringen Deutschland wieder auf Wachstumskurs“, sagte der verantwortliche Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) nach der Sitzung.

Wie ist die Ausgangslage?

Deutschland steckt weiter in der Rezession. Die deutsche Wirtschaft wird auch in diesem Jahr um 0,2 Prozent schrumpfen, sagt die Konjunkturprognose des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) aus dem Mai voraus. Die Krise kommt inzwischen auch auf dem Arbeitsmarkt an. Seit Mitte 2024 nimmt die Zahl der Erwerbstätigen in Deutschland ab. Das IW geht davon aus, dass es im Sommer bundesweit drei Millionen Arbeitslose geben wird – so viele wie zuletzt 2010.

Wie will die Bundesregierung dagegenhalten?

„Unsere oberste Priorität ist, die Wirtschaft zu stärken und Arbeitsplätze zu sichern“, sagte Finanzminister und SPD-Chef Lars Klingbeil nach dem Treffen des Koalitionsausschusses im Mai. Dazu hat er einen Katalog mit vier Maßnahmen erarbeitet, den sogenannten Wachstumsbooster. Im Kern geht es darum, Unternehmen zu ermuntern zu investieren, indem sie dafür steuerliche Anreize erhalten. Hinzu kommt eine generelle Entlastung über die schrittweise Absenkung der Körperschaftssteuer.

Wie hilft die Bundesregierung Unternehmen, die investieren?

Die Bundesregierung will einen „Investitionsbooster“ auslösen, indem sie für Unternehmen die steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten ausweitet. Schafft ein Unternehmen neue Maschinen oder Geräte an, soll es die Kosten dafür bereits im ersten Jahr zu 30 Prozent mit dem Unternehmensgewinn verrechnen können, also weniger Steuern bezahlen. Das gleiche gilt jeweils in den folgenden zwei Jahren. Zurzeit ist die Abschreibung nur in geringerem Umfang möglich. „Diese Super-Abschreibung kommt allen Unternehmen zugute, die investieren“, sagte Klingbeil am Mittwoch. Die Bundesregierung sorge so für „Planungssicherheit und Investitionsanreize“.

Was passiert bei der Körperschaftssteuer?

Die Körperschaftsteuer wird auf das Einkommen sogenannter juristischer Personen – also Vereinen, Kapitalgesellschaften oder Genossenschaften – erhoben. Der Steuersatz beträgt zurzeit 15 Prozent. Die Bundesregierung will ihn schrittweise absenken, allerdings erst ab 2028 bis er im Jahr 2032 bei zehn Prozent liegt.

Warum sollen Elektroautos von Unternehmen gefördert werden?

Damit verfolgt die Bundesregierung zwei Ziele: Zum einen sollen Unternehmen bei der Umstellung ihres Fuhrparks finanziell entlastet werden. Zum anderen will die Regierung den Umstieg auf die Elektromobilität beschleunigen. Für Elektroautos, die sie zwischen dem 30. Juni dieses Jahres und dem 1. Januar 2028 anschaffen, sollen Unternehmen deshalb künftig drei Viertel des Kaufpreises steuerlich geltend machen können, und damit ihren zu versteuernden Gewinn reduzieren. Das soll künftig auch für Fahrzeuge gelten, deren Anschaffungspreis bis zu 100.000 Euro beträgt.

Wie will die Bundesregierung forschende Unternehmen unterstützen?

Damit die Unternehmen in Deutschland mehr in die Forschung investieren, soll die sogenannten Bemessungsgrundlage angehoben werden. Sie dient zur Berechnung der Steuerschuld und zur Einordnung in den anzuwendenden Steuertarif. Für die Jahre 2026 bis 2030 will die Bundesregierung die Obergrenze der Bemessungsgrundlage von zehn auf 12 Millionen Euro anheben. Unternehmen, die mehr Geld für Forschung ausgeben, müssen also weniger Steuern bezahlen.

Wie groß sind die Entlastungen für die Unternehmen?

Das Bundefinanzministerium von Lars Klingbeil geht davon aus, dass die Unternehmen mit den geplanten Maßnahmen in diesem Jahr bereits um zweieinhalb Milliarden Euro entlastet werden. 2027 soll die Summe der Entlastungen bei fast zwölf Milliarden Euro liegen. Nach Angaben des Finanzministeriums liegt die Gesamtsteuerbelastung für Unternehmen ab 2032 bei knapp 25 Prozent. Zurzeit sind es rund 30 Prozent.

Wie hoch sind die Steuerausfälle für den Staat?

Das Finanzministerium geht davon aus, dass dem Staat wegen der geplanten Entlastungen Steuereinnahmen von rund 46 Milliarden Euro bis 2029 verloren gehen. Gleichzeitig hofft die Bundesregierung auf diese Weise ein deutliches Wirtschaftswachstum zu entfachen, das dann zu Mehreinnahmen aus anderen Steuern, etwa der Gewerbesteuer, führt.

Warum sprechen sich die Bundesländer gegen die geplanten Entlastungen aus?

Auch die Bundesländer hoffen auf ein schnelles Wachstum der Wirtschaft. Die geplanten Steuerentlastungen der Bundesregierung sehen sie jedoch kritisch, da sie rund die Hälfte der vorausgesagten Steuerausfälle schultern müssten. 

Die Vorsitzende des Bundesrats, die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger, warnte bereits vor „dramatischen Auswirkungen“ auf die Landeshaushalte. Damit die Entlastungen, wie von der Bundesregierung geplant, kommen können, muss ihnen auch der Bundesrat zustimmen. Bundesfinanzminister Lars Klingbeil kündigte deshalb am Mittwoch an, er werden „den Ländern konstruktive Gespräche anbieten“.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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1 Kommentar

Gespeichert von Thomas Müller (nicht überprüft) am Do., 05.06.2025 - 13:23

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verstehe ich das richtig, bisher liegt lediglich ein Entwurf für ein Gesetzentwurf vor! Es ist noch nichts bestätigt oder kann konkret umgesetzt werden! Stand jetzt "Schön das wir drüber sprechen" somit finde ich die Aussage „Wir bringen Deutschland wieder auf Wachstumskurs“ verfrüht und zum jetzigen Zeitpunkt unpassend.
Gerne wieder wenn es Ergebnisse gibt. Mein Chef reicht es am Ende des Jahres auch nicht, wenn ich ihm berichte ich arbeite an tollen Texte für Wachstum...