SPD-Generalsekretär: „Dieser Koalitionsvertrag bringt unser Land voran“
SPD-Generalsekretär Matthias Miersch ist mit dem Ergebnis der Koalitionsverhandlungen zwischen seiner Partei und CDU/CSU zufrieden. „Der Koalitionsvertrag ist ein starkes Zeichen in schwierigen Zeiten“, sagt Miersch im Interview. Die Neuaufstellung der SPD soll unter einer Regierungsbeteiligung nicht leiden.
Dirk Bleicker | vorwärts
SPD-Generalsekretär Matthias Miersch (hier im Oktober 2024 in der vorwärts-Redaktion): „Wenn es gelingt, zwischen SPD und CDU/CSU Brücken zu bauen, kann das auch für unsere Gesellschaft ein wichtiges Signal sein.“
Nach 30 Verhandlungstagen haben die Vorsitzenden von SPD, CDU und CSU am Mittwoch ihren Entwurf für einen Koalitionsvertrag vorgestellt. Sind sie zufrieden mit dem Ergebnis?
Der Koalitionsvertrag ist ein starkes Zeichen in schwierigen Zeiten: 500 Milliarden Euro für Investitionen, eine klare Entlastung der Mitte, stabile Renten, bezahlbares Wohnen, 15 Euro Mindestlohn – und ein Staat, der wieder funktioniert. Das ist unsere Antwort auf äußere Bedrohungen, wirtschaftliche Unsicherheit und den gesellschaftlichen Rechtsruck. Dieser Vertrag schafft Stabilität, fördert Zusammenhalt – und bringt unser Land voran.
Im Wahlkampf sind sich CDU/CSU und SPD hart angegangen. Inzwischen duzen sich Lars Klingbeil und Friedrich Merz. Wie konnten sich die Parteien in so kurzer Zeit wieder annähern?
Der Wahlkampf ist vorbei, die Verantwortung beginnt. Uns eint die Erkenntnis, dass Deutschland in einer der schwierigsten Lagen seit Jahrzehnten Stabilität und Handlungsfähigkeit braucht. Koalitionsverhandlungen funktionieren nicht mit Misstrauen, sondern mit Respekt und Konzentration aufs Ziel. Wenn es gelingt, zwischen SPD und CDU/CSU Brücken zu bauen, kann das auch für unsere Gesellschaft ein wichtiges Signal sein.
Die SPD soll sieben Ministerien besetzen, wird ihre Kandidat*innen aber erst nach Abschluss des Mitgliedervotums bekanntgeben. Warum?
Weil wir es ernst meinen mit innerparteilicher Demokratie. Der Koalitionsvertrag steht, jetzt entscheiden unsere Mitglieder. Wir trennen sauber zwischen Vertrag und Personal, aus Respekt vor der Entscheidung unserer Genossinnen und Genossen. Erst wenn das Votum abgeschlossen ist, sprechen wir über die Ministerien. Das ist gelebte Demokratie.
Die Aufarbeitung des historisch schlechten Wahlergebnisses musste bisher hintenanstehen. Was ist da jetzt bis zum Parteitag zu erwarten?
Die Wahlniederlage bleibt nicht folgenlos. Wir haben bewusst Prioritäten gesetzt – das Land stabilisieren und die Partei erneuern. Wir haben den Aufarbeitungsprozess angestoßen. Bis zum Parteitag wird es einen ersten Zwischenstand der offenen und ehrlichen Aufarbeitung geben – aber eben nicht als Selbstbeschäftigung, sondern mit Blick nach vorn. Wir wollen die SPD programmatisch, strategisch und organisatorisch so aufstellen, dass wir langfristig stärker werden.
Das Interview wurde schriftlich geführt.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.
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Ein „starkes Zeichen“ ist z. B. „ein Staat, der wieder funktioniert“. Hat er vorher nicht? Und waren nicht in den letzten 20 Jahren immer SPD und CDSU oder beide die Staatslenker – was sie vorher nicht geschafft haben, sollen sie jetzt hinkriegen?
„500 Milliarden Euro für Investitionen“: auch ein starkes Zeichen. Aus diesem großen Schuldentopf kann die neue Regierung – zusätzlich – über 12 Jahre in Infrastruktur finanzieren. Allerdings sind zuvor 100 Mrd. € an die Länder abzuzweigen, weitere „100 Milliarden davon gehen in den Klima- und Transformationsfonds, der den klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft fördert“. Zur Aufarbeitung der heruntergekommenen Infrastruktur bleiben so 300 Mrd. € übrig, jährlich also 25 Mrd. Wenn man bedenkt, dass „ allein die Deutsche Bahn den Investitionsbedarf in den nächsten 10 Jahren auf 290 Milliarden schätzt“, dann sind selbst 500 Mrd. nicht gerade viel Geld.
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Allerdings wollen 500 Mrd. € erst einmal sinnvoll und ohne massiv die Preise zu steigern ausgegeben werden.
Ihre Fremdfinanzierung ist aber berechtigt, da Investitionen in unsere Infrastruktur „sich durch ein höheres Wachstumspotenzial zumindest teilweise selbst finanzieren“ (Gustav Horn, 5.3.25) und keine besondere zusätzliche Belastung für zukünftige Generationen darstellen.
Das ist ganz anders bei dem CDSU und SPD einende dominante Projekt, die massive Aufrüstung: „Ökonomisch ist aber zu beachten, dass Militärausgaben konsumtive Ausgaben sind, die sich also nicht durch ein höheres Wachstumspotenzial zumindest teilweise selbst finanzieren und damit eine steigende Schuldenbelastung nach sich ziehen“ (Gustav Horn, 5.3.25) – und die Schuldenbelastung ist nur eine von mehreren Belastungen. Über diesen Topf, der im Haushalt nur bis zu 1% vom BIP abgebildet wird, und der nicht einmal gedeckelt ist, spricht Miersch gar nicht.
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Stattdessen beantwortet er die Frage, was denn aus der Aussage Klingbeils über die CDSU-Abstimmung mit der AfD in erpresserischer Absicht geworden sei, mit „der Wahlkampf ist vorbei, die Verantwortung beginnt“.
Interessant ist auch, dass für Miersch nicht die Aufhebung der Schuldenbremse für Aufrüstung „unsere Antwort auf äußere Bedrohungen“ ist, sondern die mickrigen „ 500 Milliarden Euro für Investitionen“. Ob die den „großräumigen Krieg“ verhindern werden, den „Russland bist 2029 zu beginnen in der Lage ist“ (Generalinspekteur Breuer am 19.3.25 bei Maischberger)? Reichen die überhaupt, den „möglicherweise letzten Sommer in Frieden" (Focus zitiert Neitzel, 3.4.25) abzuwenden, angesichts des kommenden „großen Manövers der Russen in Belarus"? Befinden wir uns nicht längs in einem diffusen „nicht mehr ganz Frieden, aber auch noch nicht Krieg“, wie „der Anschlag auf die Nord-Stream-Pipelines, die Sabotage bei der Deutschen Bahn … und unbekannte Drohnen über deutschen
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Truppenübungsplätzen zeigen“ (Deutscher Bundeswehrverband, 13.10.2022 )? Inzwischen weiß Breuer, wer die Drohnen schickt. Mit dem ZDF (8.4.25) weiß er wohl auch, dass „Messerattacke auf Mannheimer Marktplatz (2024): Führen Spuren nach Russland?“ nur eine rhetorische Frage ist.
Miersch spricht die gigantische Aufrüstung nicht an. Gehört er vielleicht zu den wenigen Einfältigen, Lumpenpazifisten, Vaterlandsverrätern, Kriegsverlängerern, die unsere alleinige öffentliche Kriegsdebatte als „künstliches Hineinsteigern in eine schießwütige Gedankenwelt“ (Südwest Presse, 9.4.25) begreifen?
Rhetorische Frage.
"Dieser Koalitionsvertrag bringt unser Land voran."
Matthias Miersch, den ich fachlich schätze und den ich zu denen zähle, die es ehrlich meinen, kann ich
n i c h t zustimmen!
Meine Einschätzung darf ich der Einfachheit halber stützen auf u.a.:
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1190479.wirtschaft-in-der-groko-es-wi…
(Artikel von Heinz-J. Bontrup) und
https://publik.verdi.de/ausgabe-202502/ein-steuerparadies-für-multimill…
(Artikel von Karl-Martin Hentschel, ver.di publik).
Deren Argumentation schließe ich mich voll an.
Glaubt wirklich jemand in der 'Groko-Koalitionsvertrag-Verhandlungs-SPD' , dass BlackRock-Merz
s e i n e weiterhin absolut n e o l i b e r a l e n Ziele auch nur einen Moment aus den Augen verlieren wird ????? Einen solchen Gefallen wird BR-Merz der Sozialdemokratie niemals erweisen!!! Das erste Opfer dieses Koalitionsvertrages könnte im Frühjahr 2026 der RLP-MP Alexander Schweitzer sein. Das wäre für die RLP SPD und RLP fatal!