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Bundestagswahl am 23. Februar: Was das neue Wahlrecht bedeutet

Seit Dienstag ist klar: Die vorgezogene Neuwahl des Bundestages soll am 23. Februar über die Bühne gehen, erstmals nach dem neuen Wahlrecht. Doch was bedeutet das konkret?

von Jonas Jordan · 12. November 2024
Am 23. Februar soll ein neuer Bundestag gewählt werden, zum ersten Mal nach geändertem Wahlrecht.

Am 23. Februar soll ein neuer Bundestag gewählt werden, zum ersten Mal nach geändertem Wahlrecht.

Zwei Wahlkreise in Bremen, vier im Saarland, sechs in Mecklenburg-Vorpommern, zehn in Brandenburg – überall siegten bei der Bundestagswahl 2021 die Kandidat*innen der SPD. Das bedeutete damals, dass ebenso viele Abgeordnete der Partei, eben jene Wahlkreisgewinner*innen, direkt in den Bundestag einzogen. Bei der vorgezogenen Neuwahl des Bundestages, die voraussichtlich am 23. Februar stattfinden soll, gilt das nicht mehr. Denn diesmal gilt bereits das von der Ampel-Regierung geänderte neue Wahlrecht.

Wie viele Abgeordnete gehören dem Bundestag künftig an?

Eigentlich war das Ziel der Wahlrechtsreform, die Zahl der Bundestagsabgeordneten stärker zu begrenzen. Doch kurioserweise steigt die Richtzahl sogar leicht an. Waren es bislang planmäßig 598 Abgeordnete  – 299 direkt in den Wahlkreisen gewählt, 299 über die Landeslisten ihrer jeweiligen Parteien, – wird die Anzahl der Abgeordneten künftig auf 630 festgeschrieben. Zum Vergleich: Der aktuelle Bundestag zählt durch Überhang- und Ausgleichsmandate 733 Abgeordnete und ist der größte Bundestag aller Zeiten.

Was passiert mit den Überhang- und Ausgleichsmandaten?

Ganz einfache Antwort: Es gibt sie künftig nicht mehr.

Ziehen trotzdem alle Wahlkreisgewinner*innen in den Bundestag ein?

Nein. Nur dann, wenn ihrer Partei eine entsprechende Anzahl von Mandaten gemäß ihres Zweitstimmenergebnisses im jeweiligen Bundesland zusteht. Im Klartext bedeutet das: Gewinnt die SPD beispielsweise in Bremen wie bei jeder Wahl seit 1949 beide Wahlkreise direkt, reicht das künftig nicht mehr automatisch auch für zwei Sitze im Parlament. „Mit dem neuen Wahlrecht ist die Hürde eine Stufe höher. So oder so hilft nur: Ärmel hochkrempeln und die Leute überzeugen“, sagt der neue Bremer SPD-Landesvorsitzende Falk Wagner dazu.

Was bedeutet das für die Zweitstimme?

Sie gewinnt deutlich an Bedeutung. Denn nur sie entscheidet künftig darüber, mit wie vielen Abgeordneten eine Partei im Parlament vertreten ist. Das bedeutet auch, dass Kandidat*innen keinen Wahlkampf mehr unabhängig von der Partei führen können. Sie sind auf ein starkes Zweitstimmenergebnis angewiesen, um in den Bundestag einziehen zu können. Auch ergibt das vielfach praktizierte Stimmensplitting weniger Sinn. Im Gegenteil erhöht es eher die Gefahr, dass der oder die gewünschte Kandidat*in nicht in den Bundestag einzieht.

Was passiert, wenn eine Partei mehr Direktmandate gewinnt, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis zustehen?

In diesem Fall ziehen künftig nicht mehr alle Wahlkreisgewinner*innen in den Bundestag ein, sondern nur diejenigen, die in ihren jeweiligen Wahlkreisen das prozentual beste Ergebnis erzielt haben. Bewerber*innen, die ihren Wahlkreis nur knapp und mit einem prozentual niedrigen Anteil gewonnen haben, haben entsprechend das Nachsehen.

Wann kommt die Landesliste zum Tragen?

Mandate werden erst dann über die Landesliste verteilt, wenn alle Wahlkreisgewinner*innen der jeweiligen Partei einen Platz im Parlament erhalten haben. Können Wahlkreiserste wegen des zu geringen Zweitstimmenanteils ihrer Partei nicht berücksichtigt werden, haben sie auch bei potentiellen Nachrücker-Plätzen Vorrang vor der Landesliste.

Können Zweitplatzierte in den Wahlkreisen stattdessen in den Bundestag einziehen?

Nein, diese Überlegung gab es mal. Sie wurde aber wieder verworfen. Zweitplatzierte können auch dann nicht in den Bundestag einziehen, wenn der Platz des Wahlkreisersten frei bleibt. Wer seinen Wahlkreis nicht gewinnt, kann also nur dann ins Parlament einziehen, wenn er oder sie entsprechend auf der Landesliste der Partei platziert ist.

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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1 Kommentar

Gespeichert von Armin Christ (nicht überprüft) am Mi., 13.11.2024 - 10:39

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Warum soll ich denn nun meine Erststimme abgeben, wenn derdiedas Kandidat dann doch nicht in den Bundestag kommt ?????
Wäre es nicht sinnvoller gewesen die Zahl der Wahlkreise zu reduzieren ?????
Verstehe mal jemand diese Partei-Justiziare.
Mir geht dabei aber zuviel Demokratie flöten !