Grundgesetz-Änderung: So soll das Verfassungsgericht besser geschützt werden
Mit einer Änderung des Grundgesetzes wollen die Fraktionen von SPD, Grünen, FDP und CDU/CSU das Bundesverfassungsgericht besser vor politischer Einflussnahme schützen. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
IMAGO / Schöning
Die Fraktionen von SPD, Grünen, FDP und CDU/CSU wollen das Bundesverfassungsgericht besser vor politischer Einflussnahme schützen.
Am Donnerstag berät der Bundestag in erster Lesung über eine Grundgesetzänderung, die die Regierungsfraktionen gemeinsam mit der Fraktion von CDU/CSU angestoßen haben. Sie wollen damit das Bundesverfassungsgericht besser vor politischer Einflussnahme schützen.
Was ist die Befürchtung der vier Fraktionen?
„In Osteuropa konnten wir sehen, wie schnell der Abbau des Rechtsstaats erfolgte, indem die dortigen Verfassungsgerichte lahmgelegt wurden“, erklärte der Justiziar der SPD-Bundestagsfraktion, Johannes Fechner, bei der Vorstellung des Gesetzentwurfs im Juli. Im Blick dürften die Fraktionen von SPD, Grünen, FDP und CDU/CSU dabei besonders die Situation in Ungarn und in Polen gehabt haben. In beiden Ländern wurde die Stellung der Gerichte über die Zeit ausgehöhlt, in Polen etwa durch die Schaffung einer „Disziplinarkammer“ für Richter*innen durch die nationalkonservative PiS-Regierung. „Wir verhindern, dass, wie in Osteuropa geschehen, durch Schaffung neuer Senate oder die Herabsetzung der Altersgrenze neue Verfassungsrichterstellen geschaffen werden, die mit Günstlingen besetzt werden können“, erklärte Fechner das Ziel der Änderungen.
Welche Änderungen sind konkret geplant?
Im Wesentlichen geht es um zwei Punkte. Zum einen sollen „wesentliche Strukturmerkmale“ des Bundesverfassungsgerichts wie die Anzahl und die zwölfjährige Amtszeit der Richter*innen, die Anzahl der Senate und die Altersobergrenze von 68 Jahren im Grundgesetz festgeschrieben werden. Zum anderen wird ein neuer „Einzelwahlmechanismus“ eingeführt, um eine Blockade bei der Neuwahl von Richter*innen zu verhindern.
Was verbirgt sich hinter dem „Einzelwahlmechanismus“?
Bisher werden die Richter*innen für das Bundesverfassungsgericht zur Hälfte von Bundestag und Bundesrat gewählt. Das soll auch künftig so bleiben. Kann sich jedoch eine Kammer nicht innerhalb von drei Monaten auf eine Nachbesetzung offener Richter*innen-Stellen einigen, wird das jeweils andere Organ die Wahl übernehmen. So soll eine Blockade der Nachwahl verhindert und die Handlungsfähigkeit des Bundesverfassungsgerichts garantiert werden.
Warum ist dafür eine Änderung des Grundgesetzes notwendig?
Die Struktur des Bundesverfassungsgerichts ist bisher in einem einfachen Gesetz, dem „Gesetz über das Bundesverfassungsgericht“, festgeschrieben. Der Bundestag könnte dieses mit einer einfachen Mehrheit ändern. Werden die Merkmale ins Grundgesetz aufgenommen, ist für eine Änderung eine Zwei-Drittel-Mehrheit notwendig. Die Hürde wird also deutlich höher. „Ziel ist es, die Unabhängigkeit des Verfassungsgerichts im Grundgesetz zu verankern. Damit wird Deutschlands höchstes Gericht besser vor ungewollter Einflussnahme geschützt“, erklärt die rechtspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Sonja Eichwede.
Wie geht es jetzt weiter?
Nach der ersten Lesung am Donnerstag, sollen die zwei Gesetzentwürfe an den Rechtsausschuss des Bundestags überwiesen werden. Hier können die Abgeordneten noch Änderungen vornehmen. Erklärtes Ziel der vier Fraktionen ist es, dass der Bundestag die beiden Gesetzentwürfe noch in dieser Legislaturperiode beschließt. Auch der Bundesrat muss der Reform noch zustimmen.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.
"Ziel ist es, die…
"Ziel ist es, die Unabhängigkeit des Verfassungsgerichts im Grundgesetz zu verankern. Damit wird Deutschlands höchstes Gericht besser vor ungewollte Einflussnahme geschützt“,"
Es ist gut, dass damit eine seit 75 Jahren bestehende Einflußnahme beendet wird. Schade das das erst passiert, wenn den Nutznießern die Abwahl droht.
reichlich hintersinnig , Ihr Kommentar
Wenn Sie den Schutz vor "ungewollter Einflussnahme" herausstellen, dann bestätigen Sie das eine gewollte Einflussnahme besteht. Meinen Sie damit den CDU MP Müller, oder war das eher eine unbeabsichtigte Äußerung?