Parteileben

Ortsverein Schriesheim: Klare Botschaften mit Rosé und Prosecco

Solidarität und Einsatz für die Demokratie: Dafür wirbt die SPD Schriesheim seit diesem Jahr erfolgreich mit eigenem Wein.

von Finn Lyko · 29. Oktober 2024
Anstoßen auf die Sozialdemokratie: Hannes Künemund, Felix Hörisch, Jan Brüning,  Karin Malmberg-Weber und Patrick Schmidt-Kühnle (v. l.) sind im OV Schriesheim aktiv.

Anstoßen auf die Sozialdemokratie: Hannes Künemund, Felix Hörisch, Jan Brüning, Karin Malmberg-Weber und Patrick Schmidt-Kühnle (v. l.) sind im OV Schriesheim aktiv. 

Herausgeputzte ­Fachwerkhäuser, eine alte Burg und idyllische Weinberge gehören in Schriesheim ebenso fest zum Stadtbild wie gesellige Feste und der regionale Wein zum Leben der 15.000 Einwohner*innen. Den Menschen in ­„Schriese“, wie es im regionalen Dialekt heißt, scheint es gut zu gehen. Nicht umsonst wirbt die Stadt mit „liebenswert – lebenswert“ für sich – die aktuellen Probleme und Krisen scheinen hier an der Badischen Bergstraße ganz weit weg. 

Doch auch an Schriesheim sind die vergangenen fünf Jahre nicht spurlos vorbeigezogen. „Wir haben hier dieselben Probleme wie überall“, erzählt Jan Brüning, Schriftführer im SPD-Ortsverein der Stadt. Er denkt dabei vor allem an die Inflation, die auch in Schriesheim unmittelbar spürbar geworden sei, wenn auch nicht in derselben Härte wie in vielen Orten im Umland. „Auch hier wissen immer mehr Menschen nicht, wie sie über die Runden kommen“, so Brüning. Vor allem seien Alleinerziehende, Rentner*innen sowie Menschen mit Migrationshintergrund betroffen, also „die Leute, die eh schon relativ wenig haben“. In der SPD Schriesheim wollte man das nicht weiter hinnehmen, und so entstand Ende 2022 auf der Klausurtagung des Ortsvereins die Idee für ein Solidaritätsprojekt der Schriesheimer Art: den SPD-Wein.

„Demokrat" und „Rote Genossin"

Die Idee: Ein eigener Wein soll zum Verkauf angeboten und die Erlöse sollen nach Abzug der Herstellungskosten an die örtliche Tafel und den Sozialfonds der Stadt Schriesheim gespendet werden. Doch die Herstellung ist kompliziert und zeitintensiv, das weiß man in einer Weinstadt wie Schriesheim nur zu gut. Sofort sei klar gewesen: Das Projekt könne man kaum allein stemmen, erinnern sich OV-Mitglieder. Durch einen persönlichen Kontakt ergab sich jedoch die Zusammenarbeit mit dem lokalen Weingut Diana Kirchner. Der Ortsverein beteiligte sich an den Produktionsschritten, verschiedene Mitglieder*innen kümmerten sich beispielsweise mit um die Reben oder halfen bei der Lese. Seit Mai dieses Jahres gibt es nun zwei Weine. Der „Demokrat“ ist ein trockener Rosé, und die „Rote Genossin“ ein zum ­Prosecco ausgebauter Rosé oder eben kurz: ein „Rosecco“. 

Aber wie kommt das bei den Leuten an? Der SPD-Wein erfreue sich beim Verkauf vor Ort großer Beliebtheit, erzählt Patrick Schmidt-Kühnle, SPD-Gemeinderat in Schriesheim und seit Beginn des Jahres erster Vorsitzender des Ortsvereins. Die erste Spende ist nun für kurz vor Weihnachten geplant, denn etwas mehr als die Hälfte der ursprünglich 1.000 Flaschen sei bereits weg. Sogar Ortsvereine aus dem Umland hätten mehrere Kisten gekauft, berichtet Schmidt-Kühnle. Er selbst sei zwar zu Beginn skeptisch gewesen: „Ich war bis jetzt überhaupt nicht der begeisterte ­Rosé-Trinker“ – doch der Wein überzeugte letztlich auch ihn.

Ein politischer Beigeschmack

Und was ist mit der politischen Überzeugungskraft? Klar als SPDler erkennbar sind der „Demokrat“ und die „Rote Genossin“ tatsächlich erst auf den zweiten Blick. Das Parteilogo ist lediglich klein auf dem Rücketikett abgedruckt und somit leicht zu übersehen. Das sei Absicht, sagt Jan Brüning. „Wir wollen, dass der Wein auch von der Breite akzeptiert wird“ – er solle durch reinen Inhalt überzeugen, also den Geschmack und den guten Zweck dahinter. Unpolitisch ist er deshalb jedoch längst nicht. Denn beide Sorten tragen auf ihrem Etikett ­eine klare Botschaft des Ortsvereins nach außen: „Aufstehen für unsere Demokratie! Nie wieder ist jetzt!“ heißt es beim „Demokraten“, „Gemeinsam für einen starken sozialen Zusammenhalt!“ bei der „Roten Genossin“.

Jan Brüning,
Ortsverein
Schriesheim

Auf den Märkten ist der Wein ein super ­Aufhänger, um ins ­Gespräch zu kommen.

Diese Verbindung aus Politik und Geselligkeit machte den „Demokrat“ und die „Rote Genossin“ auch zu wichtigen Helfern im Schriesheimer Kommunalwahlkampf. „Auf den Wochenmärkten ist der Wein ein super Aufhänger, um ins Gespräch zu kommen“, findet Jan Brüning, das sei eben etwas anderes als die üblichen Kulis und Luftballons. Der SPD-Wein sei ein wichtiger Bestandteil der Infostände des Ortsvereins geworden, erzählt Patrick Schmidt-Kühnle, Gratis-Verkostung inklusive. Bei den Menschen in Schriesheim sei das gut angekommen. „Die Schriesheimer sind durchaus ein geselliges Völkchen“, findet der Ortsvereinsvorsitzende. 

Und sind gleichzeitig auch spürbar politisch engagiert – über die Parteigrenzen hinweg. Bereits vor den großen Demokratieprotesten Anfang dieses Jahres gründete sich die Initiative „Gemeinsam für Demokratie Schriesheim“, die von der SPD Schriesheim, den anderen demokratischen Parteien vor Ort, den Kirchen und verschiedenen Schriesheimer Vereinen unterstützt wird. Die Initiative veranstaltete unter anderem bereits eine Gedenkveranstaltung und ein Demokratiefest – beides unter großer Zustimmung und Teilnahme der Menschen vor Ort. 

Engagement kommt nie zu früh

Und trotzdem macht man sich im Ortsverein Schriesheim Sorgen um die Demokratie. Denn auch der Rechtsruck der vergangenen Jahre ist nicht spurlos an der Stadt vorbeigegangen. Bei der Kommunalwahl 2019 zog die AfD erstmals mit einem Sitz in den Gemeinderat ein. Die Motivation sei bei den diesjährigen Wahlen entsprechend hoch gewesen, einen zweiten Sitz zu verhindern, erzählt Patrick Schmidt-Kühnle. Und tatsächlich: Die AfD verfehlte die notwendigen Stimmen für einen weiteren Sitz knapp. Möglicherweise wegen des starken demokratischen Engagements in der Stadt – und wenn die SPD mit ihren Veranstaltungen dazu beigetragen habe, „dann war es das wert“, findet Schmidt-Kühnle. Weitere Aktionen ­seien außerdem bereits in Planung.

Ob sich der SPD-Wein allerdings langfristig als Teil des Engagements in „Schriese“ etablieren wird, ist noch unklar. Jan Brüning wünscht es sich, weiß jedoch auch, dass der Zeitaufwand selbst mit der Unterstützung von Winzer Andreas Kirchner immens ist. Der 2024er-Jahrgang sei aber bereits in Produktion, versichert er. Denn auch wenn es den Menschen in Schriesheim im Großen und Ganzen besser zu gehen scheint, als vielen im Umland: Für demokratisches Engagement ist es nie zu früh. Davon ist man bei der SPD Schriesheim überzeugt. 

Autor*in
FL
Finn Lyko

ist Volontärin in der vorwärts-Redaktion.

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2 Kommentare

Gespeichert von Armin Christ (nicht überprüft) am Di., 29.10.2024 - 18:06

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Schöne Folklore, aber auch eine ganz gute Idee.
Ein Rosé und ein Prickelrosé; reicht es bei der SPD nicht mehr zu einem anständigen ROTwein ?