„Open Air“-Parteitag der SPD in Essen: „Wir verstecken uns zu viel“
Die Stadt Essen scheint aktuell fest in CDU-Hand zu sein – doch wenn es nach der SPD geht, soll sich das mit den Kommunalwahlen im September wieder ändern. Vor Ort setzt man dabei vor allem auf eins: Präsenz.
X/Ali Kaan Sevinc
Die SPD Essen will wieder sichtbarer werden - der Unterbezirks-Parteitag Anfang Juli fand deshalb mitten in der Essener Innenstadt statt.
Die Zeiten, in denen die SPD die Essener Politik maßgeblich bestimmte, schienen spätestens mit den Kommunalwahlen 2020 vorbei zu sein. Die SPD rutschte um knapp 10 Prozentpunkte auf 24,3 Prozent ab, und seitdem stellt die CDU sowohl den Oberbürgermeister als auch die stärkste Fraktion im Stadtrat.
Doch am 14. September 2025 finden die nächsten Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen statt. Bis dahin soll sich das Blatt wenden, wünscht sich Frank Müller, Landtagsabgeordneter und Vorsitzender der SPD Essen. „Wir hören immer wieder, dass wir nicht gesehen oder wahrgenommen werden“, erzählt er im Gespräch mit dem „vorwärts“. Im Wahlkampf wollen die Essener Genoss*innen wieder sichtbar werden, doch dabei gibt es ein Problem: „Der Infostand an der immer gleichen Stelle ist einfach nicht mehr zielführend“, so Müller – nun seien also neue, kreative Lösungen gefragt.
Unterbezirksparteitag im Stadtzentrum: Das „Open Air“-Erfolgsmodell aus Herne
Eine dieser Lösungen fand die SPD etwa 20 Kilometer nordöstlich von Essen, in Herne, die bereits im Mai vergangenen Jahres ihren eigenen „Open Air“-Unterbezirksparteitag veranstaltete. Die Essener SPD habe sich dazu entschieden, die Idee zu „klauen“, scherzt Müller. Und so konnten alle, die wollten, am 3. Juli dieses Jahres bei parteitagtypischen Tagesordnungspunkten wie programmatischen Reden und der Beratung und dem Beschluss des Kommunalwahlprogramms dabei sein – mitten in der Innenstadt von Essen.
„Natürlich war allen bewusst, wenn wir das öffentlich machen, dann müssen wir uns vielleicht auch ein bisschen disziplinieren und nicht ganz so auftreten, wie wir das manchmal in geschlossenen Räumen tun“, erinnert sich Frank Müller lachend. Doch das habe gut funktioniert. Ein voller Erfolg also? Auf jeden Fall, findet er. Rund um den historischen Burgplatz, wo der Parteitag stattfand, sei an diesem Tag ohnehin viel los gewesen, erzählt er, und das bunte Treiben habe ihnen viele interessierte Zuschauer*innen gebracht. „Manchmal gab es sogar Applaus, und manche Leute kamen gezielt runter und haben sich dazugesetzt und ein bisschen zugehört“, schwärmt Müller.
Frank Müller: SPD muss aufhören, sich zu verstecken
Dass der Parteitag so gut aufgenommen wurde, war für den Essener SPD-Vorsitzenden eine Überraschung. Denn dass eine solche Veranstaltung friedlich und ohne Zwischenfälle stattfinden kann, sei auch in Essen nicht mehr selbstverständlich, so Müller. Olaf Scholz sei bei einer Rede auf dem Burgplatz bereits ausgepfiffen worden, und „es ist auch hier schon vorgekommen, dass Genossinnen und Genossen aus einem Ortsverein hier auch am Stand körperlich bedroht wurden“, berichtet er. Vielen sitze das nach wie vor in den Knochen – ein Hindernis, wenn es um die im Wahlkampf notwendige Sichtbarkeit geht.
Doch Frank Müller bleibt hoffnungsvoll. „Der Parteitag hat gezeigt, dass wir mehr zu den Leuten rausmüssen. Wir verstecken uns zu viel“, findet er. Wie genau die SPD in Essen das machen will, ist noch unklar, vor allem geht es jedoch darum, so konkret wie möglich zu werden, das ist auch Müller wichtig. Wenn es beispielsweise um Spielplätze gehe, sollte der Infostand mindestens in unmittelbarer Nähe eines Spielplatzes stehen, erklärt er. Die NRW-SPD veranstaltet beispielsweise bis kurz vor den Wahlen nach eigenen Angaben „bunte Feste“ auf verschiedenen Spielplätzen im ganzen Bundesland. Für Frank Müller steht fest: Die Politik muss dorthin, wo die Menschen sind, und zwar wortwörtlich.