Parteileben

Neue Vorsitzende der NRWSPD: „Diese Doppelspitze passt.“

Mit Sarah Philipp und Achim Post hat die SPD in Nordrhein-Westfalen erstmals zwei Vorsitzende. Im Interview sagen sie, wie sie die Partei neu aufstellen und wieder zum Erfolg führen wollen.
von Kai Doering · 25. August 2023
Führen künftig die NRWSPD als Doppelspitze: Achim Post und Sarah Philipp (mit dem SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil auf dem Parteitag in Münster)

Führen künftig die NRWSPD als Doppelspitze: Achim Post und Sarah Philipp (mit dem SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil auf dem Parteitag in Münster)

Erstmals in ihrer Geschichte wird die NRW-SPD von einer Doppelspitze geführt. Wie soll die Aufgabenteilung aussehen?

Sarah Philipp: Wenn wir aktuell die Vielzahl der gesellschaftlichen Herausforderungen betrachten, wird doch klar: Die SPD in Nordrhein-Westfalen wird gebraucht. Es gibt eine Menge anzupacken und dabei kommt es vor allem auf zwei Aufgabenbereiche an. Wir sind Kanzlerpartei, tragen in schwierigen Zeiten im Bund Verantwortung und geben mit der Ampel-Regierung einen hohen Takt vor, um mit neuen Ideen Deutschland zukunftsgerecht zu machen. Gleichzeitig hinkt unser Bundesland diesem Tempo mit einer völlig inaktiven schwarz-grünen Landesregierung hinterher: ein Schlusslicht bei Bildungschancen, keine Ideen gegen die Wohnungsnot, faktisch geschönt dargestellt von einem Insta-Ministerpräsidenten.

Achim Post: Als größter Landesverband geht es für uns natürlich einerseits darum, bundesweit Akzente in und für die SPD zu setzen – für gute Arbeit, eine starke Industrie, sozialen Klimaschutz, für mehr Gerechtigkeit und den Schutz unserer Demokratie. Und bei uns in NRW müssen wir zeigen, dass wir als NRWSPD bessere Ideen haben als die schwarz-grüne Landesregierung von Herrn Wüst. Dass Sarah und ich dabei im Landtag und im Bundestag auf unterschiedlichen Ebenen Flagge zeigen können, sehe ich als Vorteil an. Diese Konstellation passt. Diese Doppelspitze passt.

Bislang lagen Partei- und Fraktionsführung in einer Hand. Wie stellen Sie sich das Zusammenspiel mit Jochen Ott vor?

Post: Da gibt es eine klare Aufteilung im Team. Es geht zum einen darum, die Partei mit Leben zu füllen und gemeinsam unsere längerfristigen Schwerpunkte und Strategien festzulegen. Diese dann aber in einem sehr dynamischen Tagesgeschäft sichtbar und wo nötig zugespitzt zu vertreten, da liegt der Ball vor allem bei der Fraktion. Das werden wir auch zusammen mit Jochen Ott gut hinbekommen. Gleichzeitig wollen wir gemeinsam die Weichen dafür stellen, um bei den kommenden Wahlen als NRWSPD wieder erfolgreich zu sein. In den nächsten zwei Jahren stehen wichtige Etappen bevor – mit der Europawahl, der Bundestagswahl und den Kommunalwahlen. Im Zusammenspiel mit den Kraftzentren der NRWSPD, die wir im Bund, im Land und in den Rathäusern haben, gilt es da, Schritt für Schritt in die Offensive zu kommen.

„Die neue SPD im Westen“ lautet der Titel des beschlossenen Leitantrags. Was macht die neue SPD aus?

Post: Drei Punkte sind mir besonders wichtig: Erstens unsere Haltung. Wir müssen ausstrahlen, dass wir uns für die Menschen in NRW, für ihre Zukunft ins Zeug legen wollen. Dass wir für sie kämpfen wollen. Mit Zuversicht und Zusammenhalt – vom Ortsverein, den Unterbezirken, über unsere Arbeitsgemeinschaften bis zur Partei- und Fraktionsführung und der NRW-Landesgruppe im Bundestag. Zweitens brauchen wir einen genauen Blick dafür, was die Menschen in NRW umtreibt, was sie besorgt, was sie sich erhoffen. Es war immer eine Stärke der NRWSPD, dass wir nicht Politik von oben herab gemacht haben, sondern mit beiden Beinen auf dem Boden. Und drittens ein klarer inhaltlicher Kurs, der wirtschaftliche Stärke mit sozialer Gerechtigkeit verbindet, der die Breite der Gesellschaft anspricht und mitnimmt.

Bei der Landtagswahl im vergangenen Jahr hat die SPD in Nordrhein-Westfalen das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte bekommen. In aktuellen Umfragen steht die Partei sogar noch schlechter da. Wie wollen Sie die SPD wieder zu alter Stärke führen?

Philipp: In Nordrhein-Westfalen braucht man Verstand, Herz und klare Sprache. Viele Menschen sind im Zuge von den Krisen in ihrem Alltag eh schon gestresst. Da haben sie zu Recht wenig Verständnis für Selbstbeschäftigungen, Streit, Formelkompromisse und Kauderwelsch. Es ist Daueraufgabe der SPD, die Leute mit klarer Sprache, Zukunftsideen und solchen Problemlösungen zu erreichen, die ihr alltägliches Leben wirklich berühren. Da geht es konkret um bezahlbare Wohnungen, sichere Arbeitsplätze, um Bildungschancen von Kindern, um gute Schulen. Dieser Aufgabe nehmen wir uns an.

1988 beschloss die Bundes-SPD in Münster die Einführung der Quote, die die Partei nachhaltig verändert hat. Welches Signal geht nun von diesem Parteitag aus?

Philipp: Optimismus. Für uns beide kann ich sagen, dass wir mit dem Antrieb in die Politik gegangen sind, Dinge zu verbessern. Ich finde, die SPD darf sich ruhig wieder stärker erlauben, mit einer positiven Grundhaltung und Selbstbewusstsein die Herausforderungen der Zeit anzugehen. Wir sind weder eine „Früher war alles besser“-Partei, noch kommen wir aus einer „Die Welt ist nicht zu retten“-Bewegung. Wir sind die Sozialdemokratie, die das Versprechen einhält „Wir sehen Deine Herausforderungen und lösen sie dort, wo Du uns dafür brauchst“.

Post: Genau! So sehe ich das auch. Und wenn wir das hinbekommen, wenn wir diese Haltung deutlich machen und mit guter Politik unterlegen, dann ist mit der SPD in Nordrhein-Westfalen wieder zu rechnen.

Das Interview wurde schriftlich geführt.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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