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Mit Marx und Wein: Was den Erfolg der SPD in Trier ausmacht

Malu Dreyer, Katarina Barley, Verena Hubertz und Sven Teuber – kaum eine vergleichbar große Stadt bringt es auf eine solche Fülle von SPD-Spitzenpolitiker*innen. Was ist das Erfolgsrezept der Sozialdemokratie an der Mosel?

von Jonas Jordan · 21. Juli 2025
Der Trierer SPD-Vorsitzende Sven Teuber begrüßt die frühere rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer, im Hintergrund ihr Nachfolger Alexander Schweitzer.

Der Trierer SPD-Vorsitzende Sven Teuber begrüßt die frühere rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer, im Hintergrund ihr Nachfolger Alexander Schweitzer.

Trier gilt als die älteste Stadt Deutschlands. Was die Sozialdemokratie angeht, ist sie vermutlich aktuell auch die erfolgreichste. Seit 2007 stellt die SPD hier ununterbrochen den Oberbürgermeister. Die frühere rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer kommt aus Trier, ebenso wie die Vizepräsidentin des Europaparlaments, Katarina Barley, die Bundesbauministerin Verena Hubertz und Sven Teuber, der Bildungsminister von Rheinland-Pfalz. Was macht die SPD in Trier also aus, dass sie als Talentschmiede derzeit so erfolgreich ist? 

Mit gezielter Förderung zur Talentschmiede

Teuber, der neben seinem Ministeramt auch Parteivorsitzender in der rund 115.000 Einwohner*innen zählenden Stadt an der Mosel ist, macht vor allem zwei Erfolgsfaktoren aus. Der erste ist die gezielte Förderung junger Menschen. „Wir achten auf einen kontinuierlichen Generationswechsel und wollen jungen Leuten auch eine Perspektive geben“, sagt Teuber. Es gehe darum, ihnen frühzeitig Möglichkeiten zu bieten, sich einzubringen und Verantwortung zu übernehmen. Das motiviere dann auch andere.

Einer, der davon zu berichten weiß, ist Nils Thiel. Nach seinem Abitur an einem Trierer Gymnasium trat er im vergangenen Jahr in die SPD ein. Mitmachen durfte er aber auch schon vorher. „Ich wurde schon vor meinem Eintritt in die Partei integriert und habe mich von Anfang an aufgenommen gefühlt“, erzählt er im Gespräch mit dem „vorwärts“. So habe er auch als Nichtmitglied im Vorfeld der Europawahl seine Ideen einbringen können und sei auf offene Ohren gestoßen. Wenn er heute für die SPD in Trier unterwegs sei und zufällig Freunde aus seiner Schulzeit treffe, brauche er sich nicht zu schämen, sondern werbe stolz für die SPD. Das liege auch an Menschen wie Sven Teuber und Verena Hubertz.

Offen für Quereinsteiger*innen

Die Offenheit der Trierer SPD, die Start-Up-Gründerin vor der Bundestagswahl 2021 als Quereinsteigerin ins Rennen zu schicken, wurde spätestens Anfang Mai endgültig belohnt, als Hubertz ihre Ernnennungsurkunde als Bundesbauministerin erhielt. „Wir brauchen mehr Räume, in denen Menschen ihre Ideen einbringen können unabhängig von Lebenslauf oder Parteikarriere. In Trier habe ich das erlebt und es hat mein Leben verändert“, sagt Hubertz selbst.

Folge 2 - mit Verena Hubertz
SPDings – der „vorwärts“-Podcast

SPDings – der „vorwärts“-Podcast, Folge 2 mit Verena Hubertz

Erfolgreiche Unternehmerin, aufstrebende Sozialdemokratin, Revolutionärin – irgendwie hat bei Verena Hubertz immer alles mit Kochen zu tun. Ihr Erfolgsrezept erläutert die SPD-Bundestagsabgeordnete im Podcast.

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Sie gewann das Direktmandat für die SPD, wurde im Bundestag stellvertretende Fraktionsvorsitzende und schließlich zur Bundesbauministerin in der neuen Regierung. „Verenas Erfolg gibt uns recht, dass das damals genau der richtige Weg war, ein offenes Verfahren zu machen.“ Entsprechend wirbt Teuber dafür, dieses offene Verfahren erneut zu praktizieren, wenn in der Marx-Stadt irgendwann wieder ein Mandat frei werden sollte.

Verena Hubertz im Gespräch

Im Gespräch bei „Marx’n’wine“: Der Erfolg von Verena Hubertz gibt der Trierer SPD Recht.

Bauministerin Verena Hubertz im Gespräch mit einer jungen Frau

Trier ist nicht nur als Geburtsstadt von Karl Marx bekannt, sondern auch für die zahlreichen Weingüter in der Umgebung. Dass beides gut zusammenpasst, zeigte die SPD vor kurzem mit ihrer Neuauflage von „Marx’n’wine“, einem geselligen Abend im Schatten der Porta Nigra, zu dem neben Hunderten Bürger*innen auch Ministerpräsident Alexander Schweitzer und seine Vorgängerin Malu Dreyer kamen. „Das ist eine ideale Kombination: Karl Marx ist der größte Sohn Triers und die SPD Trier eine linke Volkspartei“, findet Sven Teuber und fügt an: „Über Kultur und Genuss vernetzen wir uns mitten in der Zivilgesellschaft. Das ist kein Fest, wo Politik groß gemacht wird, sondern wo wir uns miteinander treffen und bei Musik, Wein und Essen in den Austausch mit den Bürgerinnen und Bürgern kommen.“ Das Format ist seit sieben Jahren etabliert, und findet immer im Mai, dem Geburtsmonat von Karl Marx, statt. 

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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Gespeichert von Peter Boettel (nicht überprüft) am Mo., 21.07.2025 - 16:18

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Ein sehr schöner Beitrag. Ich war schon immer stolz darauf, in der selben Stadt wie Karl Marx und dazu der ältesten Stadt Deutschlands geboren zu sein, und freue mich umso mehr, dass so viele Spitzenpolitiker der SPD aus dieser schönen Stadt kommen.
Wenn ich auch im Schwabenland wohne, komme ich immer wieder gerne nach Trier und besuche dort gerne die großen Ausstellungen wie derzeit die Ausstellung über den römischen Kaiser Marc Aurel, den Philosoph auf dem Kaiserthron sowie viele andere Sehenswürdigkeiten.

Gespeichert von Helmut Gelhardt (nicht überprüft) am Di., 22.07.2025 - 12:31

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Ich freue mich zu lesen, dass sich die Stadt Trier nicht ihres größten Sohnes schämt.
Ansonsten hat die heutige (Bundes)Sozialdemokratie recht wenig mit den gesellschafts-philosophischen
und wirtschaftstheoretischen und wirtschaftspolitischen Auffassungen von Karl Marx gemein.
Das kann wenig verwundern.
Jedenfalls Andrea Nahles hat vor ein paar Jahren erklärt, dass sie wenig von Karl Marx gelesen habe.
Und Brigitte Seebacher-Brandt hat vor Jahren erklärt, dass die Marx'sche Lehre jedenfalls mitschuldig am Totalitarismus - an linken Diktaturen in der Welt sei.
Der deutschen Sozialdemokratie darf insgesamt empfohlen werden, dass sie Marx Werk vorurteilsfrei und mit Verstand liest.

Gespeichert von Peter Boettel (nicht überprüft) am Mi., 23.07.2025 - 09:12

Antwort auf von Helmut Gelhardt (nicht überprüft)

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Ich kann Dir wieder nur Recht geben. Dass nach Brigitte Seebacher-Brandt die Lehre von Karl Marx mitschuld am Totalitarismus sei, verwundert nicht, wenn man ihre Haltung und verschiedene Ansichten verfolgt. So habe ich sie bereits vor vielen Jahren bei einem Vortrag in Göppingen erlebt, wo sie Widerspruch von älteren Genoss*innen geerntet hat.

Die frühere Ministerpräsidentin Malu Dreyer sagte anläßlich des 200. Geburtstages von K.M. bei einer Feierstunde: " Die Verbrechen, die in seinem Namen begangen wurden, können ihm nicht angelastet werden. "
Selbst der konservative Jean Claude Juncker sagte: "Steht heute für Dinge, die er weder zu verantworten noch verschuldet hat." sowie "Man kann sich auch heute noch nicht in einen blühenden Kapitalismus verlieben."

"Die Verbrechen, die in seinem Namen begangen wurden, können ihm nicht angelastet werden. "
Jean Claude Juncker (am 04.05.2018 zu Karl Marx)
Steht heute für Dinge, die er weder

Gespeichert von Armin Christ (nicht überprüft) am Di., 22.07.2025 - 17:22

Permalink

Dem kann ich nur zustimmen.
Den kläglichen Überresten der deutschen Sozialdemokratie kann ich nur raten sich wieder mehr mit Marxundengels zu befassen, anstatt sich via "Progressive Allianz" im imperialistischen Fahrwasser der US-"Demokraten" zu profilieren. Wenn die SPD den Kapitalismus nicht mehr versteht/verstehen will kann sie auch keine Gegenmaßnahmen gegen weltweite Ungleichheit ergreifen damit "der Laden" nicht auseinander fällt.

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