Meinung

Russland-„Manifest“ aus der SPD: Warum der Vergleich mit Brandt hinkt

In einem „Manifest“ rufen prominente Sozialdemokrat*innen zu einem anderen Umgang mit Russland auf. Dabei berufen sie sich auf Willy Brandt und seine Entspannungspolitik. Der Blick zurück zeigt jedoch, dass der Vergleich mehr als hinkt.

von Bernd Rother · 14. Juni 2025
Willy Brandt und Leonid Breschnew sitzen auf einem Sofa, Farbfoto

Sie verstanden sich gut, blieben aber trotzdem Gegner: Willy Brandt und Leonid Breschnew, im Mai 1978.

Wie lange noch wollen sozialdemokratische Außenpolitiker ihre Strategien aus dem nostalgischen Blick zurück ableiten statt den aktuellen Herausforderungen gerecht zu werden? Das „Manifest“ von Ralf Stegner, Rolf Mützenich und vielen anderen zitiert in der Fußzeile Willy Brandts Diktum von 1981: „Frieden ist nicht alles, aber alles ist ohne Frieden nichts.“ Warum nicht ein anderer berühmter Satz des sozialdemokratischen Vordenkers, nämlich dieser aus dem Jahr 1992: „Besinnt Euch auf Eure Kraft und darauf, dass jede Zeit eigene Antworten will und man auf ihrer Höhe zu sein hat, wenn Gutes bewirkt werden soll“?

Brandt war kein Pazifist

Warum hat Willy Brandt den Satz über den Frieden 1981 formuliert und nicht 1939 oder Anfang der 1960er-Jahre? Weil er 1981 eine passende Antwort auf die aktuelle Lage gab. Damals, auf dem Höhepunkt der Nachrüstungsdebatte, sagte Brandt in einem Interview mit dem „Spiegel“, Moskau sei verhandlungsbereit und Breschnew, der damalige Kreml-Chef, „zittert, wo es um den Weltfrieden geht. Da ist subjektiv überhaupt kein Zweifel“. 

Heute würde sich kein ernstzunehmender Politiker zu einer derartigen Aussage über Putin hinreißen lassen. Allein das zeigt schon, wie unhistorisch und unpassend es ist, sich in einer gänzlich anderen Situation auf die Leitlinie Brandts von vor über 40 Jahren zu berufen. Es sei denn, man wollte Brandt zu einem bedingungslosen Pazifisten machen, der er keinesfalls war.

Im Angesicht von Hitlers Aggressionspolitik kam Brandt nicht im entferntesten auf die Idee, dem Frieden den Vorrang vor allem anderen einzuräumen. Und noch 1962, als der Kalte Krieg in vollem Gange war, sagte er an der Harvard University: „Will Moskau für seine Berlin-Ziele einen Krieg führen? Würde diese Frage bejaht, dann würde Moskau seinen Krieg bekommen, und weder die Feigen noch die Mutigen unter uns würden dann den Kreml abhalten können, seinen Krieg zu beginnen. […] Nur die innere Bereitschaft, auch das letzte Risiko einzugehen, kann uns vor der Selbstvernichtung bewahren.“

Putins und Breschnews Vorstellungen unterscheiden sich fundamental

Das „Manifest“ krankt daran, dass es die heutige Lage in Europa mit der vor 40, 50 Jahren gleichsetzt. Es ist schon häufig gesagt worden, aber offenkundig muss es auch jetzt wiederholt werden: Die geostrategischen Vorstellungen von Breschnew und die von Putin sind diametral entgegengesetzt. Von Gorbatschow, dem Gegenüber von Ronald Reagan, soll hier gar nicht die Rede sein, so abgrundtief sind die Unterschiede zu Putin.

Die Sowjetunion war – jedenfalls in Europa – seit den 1950er-Jahren eine Status-quo-Macht, anders als Putins Russland. Die Einflusssphäre zu sichern und sie international anerkannt zu bekommen, war in dieser Zeit die Leitlinie der sowjetischen Außenpolitik. Von Expansionismus war keine Rede, selbst die Förderung kommunistischer Revolutionen in den hochindustrialisierten Ländern des Westens stand nicht mehr auf der Tagesordnung. Aus dem „Sozialismus in einem Land“ war der „Sozialismus in einem Block“ geworden. Nur auf dieser Grundlage war die Entspannungspolitik von Willy Brandt möglich.

Dennoch verließ sich der Westen, verließ sich auch Brandt nicht darauf, dass die Sowjetunion dem Expansionismus abgeschworen hatte. Auch ohne eine konkrete Bedrohung aus dem Osten und selbst nach dem Aufbau eines Vertrauensverhältnisses auf persönlicher Ebene zwischen östlichen und westlichen Führern blieb es bei dem Prinzip: Die Verteidigungsfähigkeit wird nicht reduziert.

Krieg statt Frieden ist Putins Option

Wo die historische Analyse unzutreffend ist, sind fehlerhafte Schlussfolgerungen nicht weit. „Gemeinsame Sicherheit“ mit der Sowjetunion beziehungsweise Russland setzt den von beiden Seiten geteilten Willen zum Frieden voraus. Den gab es in den späten 1980er-Jahren, den gibt es heute nicht.

Auch die Forderung, heute gegenüber Putin mehr Diplomatie zu wagen, kann sich schwerlich auf die Erfahrungen der Ostpolitik berufen. Und ebenso wenig auf die Entwicklungen der letzten Monate. Putin hat gerade in den letzten Wochen demonstriert, dass ihm an Gesprächen nicht gelegen ist. Weder Trumps Angebot eines zweiten „München 1938“ (damals lieferte man die Tschechoslowakei an Hitler aus, heute sollte es die Ukraine sein) noch der europäische Vorschlag einer 30-tägigen Waffenruhe stieß in Moskau auf Gegenliebe. 

Putin sieht sich auf dem Vormarsch, Krieg statt Frieden ist seine Option. Heute und auf absehbare Zeit kann es nur Sicherheit gegen, nicht mit Russland geben.

Weitere interessante Rubriken entdecken

21 Kommentare

Gespeichert von Tom Kaperborg (nicht überprüft) am Do., 12.06.2025 - 16:36

Permalink

Ohne Firepower, darum ging es Mützenich ja immer, können er und seine Russlandversteher (sie verstehen es nicht, behaupten es nur) mit der Putinpartei (mir egal wie sie heisst) eine neue DDR aufziehen, gesamtdeutsch diesmal. Da ist mir die CDU lieber. jetzt wo USA raus sind, sie sind es, duckt man sich vor Angst, wie Sarah u. die linken, die sind dann sicher dabei die neue SED zu günden. Vielleicht bekommt man in Moskau mehr macht zugestanden als die afd. Die Grünen haben mehr Standvermögen. Diesen Leuten und anderen haben wir es zu verdanken, dass wir nicht gut gerüstet sind. Natürlich kann man den Krieg gegen Russland gewinnen, die Ukrainer tun das jeden Tag - schlecht informiert oder wie? Nur Abschreckung hilft, sonst gibt es Krieg mit Russland! Fragen sie die Militärs, die sind vom Fach u. wollen noch weniger Krieg als Sie.

Gespeichert von Rolf Heber (nicht überprüft) am Do., 12.06.2025 - 20:28

Permalink

Wie kann man die Entspannungspolitik von Willy Brandt und Egon Bahr derartig geschichtslos zerfleddern wie ihr es in eurem Artikel tut? Nur um Kriegsrhetorik und Kriegsvorbereitung zu rechtfertigen. Das ist infam und widerlich. Bin seit 50 Jahren Parteimitglied, sowas habe ich noch nicht erlebt.

Gespeichert von David Gehle (nicht überprüft) am Do., 12.06.2025 - 20:49

Permalink

fügen der SPD Schaden zu. Keine aller möglichen oder denkbaren Beweggründe kann ich nachvollziehen oder akzeptieren und die historischen Bezüge greifen komplett ins Leere. Kontaktaufnahme, ja. aber hierhin: https://khodorkovsky.com/
David Gehle, Mitglied OV Freiburg

Gespeichert von Helmut Gelhardt (nicht überprüft) am Fr., 13.06.2025 - 11:54

Permalink

Seher geehrter Herr Rother!
Sie haben sich die Mühe gemacht, diesen kurzen Artikel zu schreiben. Eigentlich hätte IHR letzter Satz aus diesem Artikel genügt, um Ihre "Stoßrichtung" zu erkennen. Dieser Satz ist die Fortsetzung des ' Kalter Krieg '.
'Kalter Krieg' führt nicht immer zu einem ' Heißen Krieg '. Aber er führt immer in die Irre, weil er potenzielle Ideen und Chancen zur Verbesserung einer kritischen Situation erst gar nicht zulässt. Das ist "Scheuklappen-Denken".

Gespeichert von Helmut Gelhardt (nicht überprüft) am Fr., 13.06.2025 - 11:55

Permalink

Seher geehrter Herr Rother!
Sie haben sich die Mühe gemacht, diesen kurzen Artikel zu schreiben. Eigentlich hätte IHR letzter Satz aus diesem Artikel genügt, um Ihre "Stoßrichtung" zu erkennen. Dieser Satz ist die Fortsetzung des ' Kalter Krieg '.
'Kalter Krieg' führt nicht immer zu einem ' Heißen Krieg '. Aber er führt immer in die Irre, weil er potenzielle Ideen und Chancen zur Verbesserung einer kritischen Situation erst gar nicht zulässt. Das ist "Scheuklappen-Denken".

Gespeichert von Peter Boettel (nicht überprüft) am Mo., 16.06.2025 - 09:55

Antwort auf von Helmut Gelhardt (nicht überprüft)

Permalink

Hallo Helmut,
ich kann Dir wieder nur voll zustimmen. Mich wundert nicht, von wem gleich Gegenwind zum Manifest geblasen wurde, wie z.B. Michael Roth, von dem folgende Meinung stammt: „Unsere rote Linie sollte immer das Völkerrecht sein – und das lässt den Einsatz weitreichender Waffen auch gegen militärische Ziele auf russischem Boden zu.“ Damit wird eine Eskalation des Krieges mit möglichen verheerenden Folgen für ganz Europa in Kauf genommen. Lernen denn manche nicht aus der Vergangenheit, was Leute wie Noske bereits vor über 100 Jahren an Unheil angerichtet haben?

Gespeichert von Helmut Gelhardt (nicht überprüft) am Mo., 16.06.2025 - 12:16

Antwort auf von Peter Boettel (nicht überprüft)

Permalink

Lieber Peter, Danke für Deine Zustimmung!
Dein Hinweis auf ' Noske ' ist n i c h t veraltet, sondern sehr aktuell!
Darüber sollten sich diejenigen in der SPD, die jetzt über die Manifest-Verfasser und Manifest-Zustimmenden herfallen wie die "Barbaren" einmal vertiefte Gedanken machen!

Gespeichert von Peter Plutarch (nicht überprüft) am Fr., 13.06.2025 - 14:55

Permalink

Der Vorwärts hat das dringende Bedürfnis, die angestoßene Debatte im Keim zu ersticken. Diese Meinung wird dem Manifest in keiner Hinsicht gerecht, sie arbeitet sich an einem Zerrbild ab, statt zu argumentieren. Ein Dialog ist damit nicht möglich und auch nicht intendiert.

Kern des Manifests ist, wieder stärker auf Diplomatie zu setzen. Scheinbar ist das schon zu viel verlangt, der Autor sieht die SPD wohl besser in der Rüstungslobby beheimatet. Was von unseren Regierungen in der letzten Zeit praktiziert wurde, waren keine diplomatische Initiativen, sondern einseitige und ultimative Forderungen. So agiert man, wenn man keine Diplomatie will und einen Vorwand für eine Feindbildpflege braucht.

Die aktuelle Parteiführung täte gut daran sich zu erinnern, dass die schlimmsten internationalen Schandtaten nach dem 2. Weltkrieg von den USA ausgegangen sind. Mehr Abstand zu den Transatlantikern ist dringend geboten.

Abstand zu USA? Ja, wenn wir uns selbst wirklich GLAUBHAFT verteidigen können und zwar euopaweit - nicht die lange Europa-Bank, das wäre fatal. Ohne militärische Hardpower sind wir den imperialistischen Russen ausgeliefert. Die "Täterrolle" des WK2 ist das, was Putin in seiner "psyop" uns glauben machen will. Wir müssen da aber weiterkommen, wir sind heute die potentiellen Opfer. Und dioe Balten? Und Polen? Die hatten damals die Opferolle, die Briten auch. Die Linke u. afd sind die 5. Kolonne Moskaus in dieser psyop. Will man sich da ansschließen? Mit den Russen läßt sich nur verhandeln, wenn man den ganz großen Knüppel in der Hand hat. ansonsten wird man verladen. Simpel und klar. Diese kleionlichen Diskussionen über selbstverständliche Thesen aus Vergangenheit der Täterrolle herrührend sind in sich selbst korrekt, aber heute unzutreffend. Hoffen wir, daß die Ukrainer den Russen eine Niederlage beibringt u. in Russland dann den "1945" Moment hat. Militärische Schwäche bringt Krieg!

Gespeichert von Hartmut Bock (nicht überprüft) am So., 15.06.2025 - 16:36

Permalink

Knapp eine Million Mitglieder, Wahlergebnisse zwischen 30 und 50 Prozent, eine Vielzahl von sozialdemokratischen Landesregierungen. In einer solchen Traumkonstellation ist eine lebendige Debattenkultur möglich, ja sogar erwünscht. So lässt sich auch die Moskau - Fraktion aushalten. Doch die Welt ist nicht mehr so. Die SPD befindet sich im Abstiegskampf. 16 Prozent auf Bundesebene, Länderergebnisse unter 10 Prozent und eine schwächelnde Parteiorganisation. Wer in einer solchen Situation mit Thesen in die Öffentlichkeit geht, die das Regierungshandeln kritisieren, ja sogar untergraben, der handelt höchst parteischädigend, der demontiert die Parteiführung. Die öffentliche Wirkung ist verheerend, Wählerinnen und Wähler wenden sich weiter ab.
Ein Bärendienst für die SPD.

Gespeichert von Felix Thoma (nicht überprüft) am Di., 17.06.2025 - 12:36

Antwort auf von Hartmut Bock (nicht überprüft)

Permalink

Im Vergleich zu den 1970ern mit SPD-Wahlergebnissen von 30 bis 50 Prozent ist Deutschland heute ein wiedervereintes Land, so dass auch die ostdeutschen Wähler mit ihrer stärkeren Russlandnähe bedacht werden müssen. Also gerade weil die Friedensbewegung und die ostdeutschen Interessen nicht eingedacht werden, liegt die SPD nur noch bei 16%, wäghrend AfD, Linke und BSW mit dem Thema Erfolge feiern.

Gespeichert von Rudolf Isfort (nicht überprüft) am Mo., 16.06.2025 - 19:21

Permalink

Im November 2019 wusste Rother noch, dass eine „behutsame Abkehr vom … Nato Dogma“ notwendig ist, dass „Stabilität nur durch die Verkoppelung von politischer Entspannung und militärischer Abschreckung zu bewerkstelligen ist“ (Bernd Greiner, Bernd Rother, Blätter … 11`18), Heute weiß er, dass die zu Brandts Zeiten „geostrategischen Vorstellungen von Breschnew und die von Putin diametral entgegengesetzt sind“, die von Gorbatschow und Putin gar jedes Maß übersteigen. Darum muss das vom„Manifest“ bemühte Brandt-Zitat, „Frieden ist nicht alles, aber alles ist ohne Frieden nichts“, ersetzt werden durch Brandts „besinnt Euch auf Eure Kraft und darauf, dass jede Zeit eigene Antworten will und man auf ihrer Höhe zu sein hat, wenn Gutes bewirkt werden soll“. So beweist er, dass die Anlehnung des „Manifestes“ an Brandts Entspannungspolitik anachronistisch, also unzulässig ist. „Wo (aber) die historische Analyse unzutreffend ist, sind fehlerhafte Schlussfolgerungen nicht weit“ verbrennt Rother

Gespeichert von Rudolf Isfort (nicht überprüft) am Mo., 16.06.2025 - 19:27

Permalink

das „Manifest“: Anders als damals, fehlt mit Putin die Voraussetzung für die Idee der „Gemeinsamen Sicherheit“, der von „beiden Seiten geteilten Wille zum Frieden“. Putin, so Rother, „sieht sich auf dem Vormarsch, Krieg statt Frieden ist seine Option“, angetrieben auch von einem nicht näher erläuterten „Expansionismus“. Ähnlich analysiert Michael Thumann, dass nämlich Putin „sein Land umbaut für ein Zeitalter des ewigen Kriegs“ (Blätter …, 5`25). Purin macht das – „Expansionismus“ -, weil auf seinem „Hirn der Alb der außenpolitischen Tradition des Zarismus lastet“, der das wiederum von seinen ehemaligen „mongolischen … Herren, den größten Eroberern aller Zeiten“ gelernt hatte (Timm Graßmann, Blätter …, 1`25). Derartige Analysen sind so monströs, dass man sie gar nicht widerlegen kann.
Rother aber macht Putins „Expansionismus“ auch an den „Entwicklungen der letzten Monate“ fest, in denen Putin „demonstriert (hat), dass ihm an Gesprächen nicht gelegen ist“.

Gespeichert von Rudolf Isfort (nicht überprüft) am Mo., 16.06.2025 - 19:29

Permalink

Diese Aussage ist offensichtlich falsch. Die Russische Föderation hat im Dezember 21 der Nato und den USA Friedensvorschläge unterbreitet, die die Empfänger aber abgelehnt haben, auch weil die darin geforderte Neutralität der Ukraine „nicht verhandelbar“ ist. Im März/April 22, also kurz nach dem Überfall auf die Ukraine, standen Friedensgespräche zwischen Russland und der Ukraine vor einem Abschluss, zu dem es aber nicht kam, weil Nato und EU den angedachten Frieden nicht unterstützten. Und derzeit, so viel ich weiß, werden zwischen beiden Parteien Memoranden zu einem Friedensschluss geprüft. Die Rother-These ist bestenfalls dann haltbar, wenn man sagt, dass Putin Maxumalforderungen stellt, von denen er weiß, dass die Ukraine sie nicht annehmen wird, so dass angenommen werden darf, Putin wolle gar kein Gespräch. Dieses Argument gilt allerdings auch umgekehrt. Auch die EU und die Ukraine stellen in ihren Vorschlägen zu einem Friedensabschluß Forderungen, von denen sie wissen,

Gespeichert von Rudolf Isfort (nicht überprüft) am Mo., 16.06.2025 - 19:31

Permalink

dass sie für Russland nicht annehmbar sind: Bedingungslose 30tägige Waffenruhe und Abzug der russischen Truppen aus den besetzten Gebieten – dann Friedensverhandlungen. Zudem wollen Pistorius und Klingbeil erklärtermaßen erst eine Situation auf dem Schlachtfeld erreichen, in der die Ukraine aus einer Position der Stärke verhandeln kann. Wir verlängern damit das Gemetzel in der Ukraine, das die überhaupt nur aushalten kann, weil wir sie militärisch, wirtschaftlich und politisch dazu befähigen, während die Ukraine ihr Land und ihre Menschen beisteuert.
Wie Rothers sagte - „wo die historische Analyse unzutreffend ist, sind fehlerhafte Schlussfolgerungen nicht weit: Heute und auf absehbare Zeit kann es nur Sicherheit gegen, nicht mit Russland geben“.
„Fehlerhafte Schlussfolgerungen“.

Das Manifest hat in der SPD, die Klingbeil mit seinem Mitte-Kurs zur MPD gemacht hat, keine Chance.

Gespeichert von Ingo Logemann (nicht überprüft) am Di., 17.06.2025 - 13:29

Permalink

Wie wichtig dieser Aufruf von vielen SPD-Mitgliedern ist, sieht man an der aufschreienden Rhetorik von Pistorius und anderen aus der SPD-Führung. Das alles wird zigfach wiederholt von einer Medienlandschaft, die wie so häufig in den letzten Jahren, nur noch Erklärungen widergibt, ohne selbst zu recherchieren.
Aber innerhalb der SPD darf es keine Diskussion mehr geben, über Politikfragen. Das entscheidet der Vorsitzende oder seine Vasallen, und jeder Ex-Minister oder Vorsitzende zerreissen alles, was wider die Zeitströmung ist.
Diskussion und Mitsprache ist in der Partei seit Schröder verkommen. Man wünscht sich nur noch Claquere.
Ich erkläre mich über diesen Weg solidarisch mit dem Aufruf, auch über Frieden nachzudenken.

Gespeichert von Jost Aé (nicht überprüft) am Do., 19.06.2025 - 19:19

Permalink

Hallo Bernd -
1981: „Frieden ist nicht alles, aber alles ist ohne Frieden nichts.“ und 1992: „Besinnt Euch auf Eure Kraft und darauf, dass jede Zeit eigene Antworten will und man auf ihrer Höhe zu sein hat, wenn Gutes bewirkt werden soll“ - gelten die beiden Sätze Willy Brandts nicht zu jeder Zeit? - Sowohl 1981 als auch 1939 und ebenso Anfang der1960er-Jahre? Brandt war nicht nur ein Politiker, sondern zugleich auch ein philosophischer Kopf, dem auch Populismus nicht fremd war. Zum Beispiel nach dem Mauerbau am 13. August 1961: "Die Sowjetunion hat ihrem Kettenhund Ulbricht ein Stück Leine gelassen..." Was lange nicht bekannt war: Kennedy und Chruschtschow waren sich einig. Der Flüchtlingsstrom erregte in der Bundesrepublik zunehmend Unzufriedenheit in der Bevölkerung, wie es bei unregulierter Zuwanderung häufig der Fall sein soll, und der Osten blutete langsam aus. Der Mauerbau war in geopolitischer Hinsicht, jenseits von Moral und menschlichemLeid, einer Win-Win-Strategie

Gespeichert von Jost Aé (nicht überprüft) am Do., 19.06.2025 - 19:27

Permalink

Strategie geschuldet. In Life-Aufnahmen kann man sehen, wie die Westberliner gläubig und begeistert am 16. August vor dem Schöneberger Rathaus zu Willy aufschauten. Und dann sagte er noch: "Aber noch niemals ist der Friede durch Schwäche gerettet worden", denn damals hing gefühlt Krieg in der Berliner Luft, und die Westberliner bangten um ihre Freiheit. Mit diesem Satz beschwor Willy, der Oberbürgermeister, zum einen die Solidarität der Westalliierten, ohne die sein Westberlin schutzlos gewesen wäre, und beschwichtigte zum anderen seine Bürger. Brandt war damit auf der Höhe seiner Zeit. Er wusste, wo und wer er war, kannte die Ängste seiner Zeitgenossen ohne sie zu forcieren - den herrschenden Antikommunismus und die grassierende Russen-Phobie. Das Wesen der Brandt'schen Ostpolitik, die von der Opposition heftigst bekämpft und bei den Westalliierten auf wenig Begeisterung stieß, war, dass der kalte Krieg ständig in Gefahr war, in einen heißen umzuschlagen. Und die immer wieder neu zu

Gespeichert von Jost Aé (nicht überprüft) am Do., 19.06.2025 - 19:36

Permalink

Und die immer wieder neu zu entdeckende Wahrheit, die schon Bismarck auf seine Weise formuliert hatte, dass ein wirklicher Frieden auf lange Sicht in Europa nur mit Russland zu haben ist. Und hier nun knüpft das Friedens-Manifest wieder an.
In der Tat, wir haben heute wirklich andere Zeiten. Sogar gefährlichere. Aber es kommt darauf an, wie wir die ausgerufene sogenannte Zeitenwende deuten, welche Erzählungen wir überprüfen können, welchen wir glauben wollen!
"Aber noch niemals ist der Friede durch Schwäche gerettet worden"
Aus dem Zusammenhang jener Rede gerissen, stützte dieser Satz Deine Argumentation!
Allerdings, mit den ausgeführten kruden Gedanken zu Putin, die Absurditäten ehemaliger Kreml-Astrologen weit in den Schatten stellen und sich mit all der Kriegslyrik decken, die wir seit Februar '22 unaufhörlich und öffentlich unwidersprochen zu hören bekommen, steht keiner auf der Höhe der Zeit, eher auf einer höchst gefährlichen Stufe von Wirklichkeitsverweigerung. Was könnte da

Gespeichert von Jost Aé (nicht überprüft) am Do., 19.06.2025 - 19:46

Permalink

Gutes bewirkt werden? Aber ich lass das hier alles undiskutiert.
Nur eine Frage noch zu Deinem letzten Satz: "Heute und auf absehbare Zeit kann es nur Sicherheit gegen, nicht mit Russland geben." Wie soll stellst Du Dir diese Sicherheit vor? Wollen wir die Russen wieder totrüsten? Mit Sanktionen einhegen, die uns anerkanntermaßen "sehr, sehr viel" abverlangen werden. Wollen wir Putin weiterhin die schlimmsten Absichten unterstellen, um unsere Wertegemeinschaft bei Laune zu halten? Oder auf seinen Tod oder seine Entmachtung warten? Und wer kommt danach? Wollen wir wirklich in östlicher Nachbarschaft eine Feindschaft im Zeichen eines Gleichgewicht des Schreckens konservieren. Oder sollten wir nicht anerkennen, dass es ein Ende hat mit der unipolaren Welt, und dass wir gegenseitig unsere Sicherheitsinteressen anerkennen müssen, um respektvoll miteinander in Frieden leben zu können? Noch haben wir die Chance, zu wählen. Ich hoffe, dass wir sie nutzen!
Beste Grüße – Jost
(SPD seit 1990)