Meinung

Europawahl: Das beste Mittel gegen den Rechtsruck heißt wählen gehen!

Bei der Europawahl droht ein Rekordergebnis für rechte Parteien. Doch das lässt sich verhindern, wie ein Blick in die Niederlande zeigt. Das beste Mittel ist, eine demokratische Partei zu wählen, kommentiert vorwärts-Redakteur Jonas Jordan.

von Jonas Jordan · 7. Juni 2024
Wie hier in Bochum setzen vielerorts Menschen wenige Tage vor der Europawahl ein Zeichen gegen Rechtsextremismus.

Wie hier in Bochum setzen vielerorts Menschen wenige Tage vor der Europawahl ein Zeichen gegen Rechtsextremismus.

Es gibt viele Aufrufe, die im Vorfeld der Europawahl kursieren. Sie sollen verdeutlichen, was auf dem Spiel steht. Einige von ihnen sind sehr drastisch, kleines Beispiel: „Wählen ist wie Zähneputzen – machst du’s nicht, wird’s braun.“ Die bildliche Vorstellung dessen wirkt wenig appetitlich, schreckt ab und weist gleichzeitig auf die Gefahren durch Rechtsextreme und Rechtspopulist*innen hin.

Mehr Wähler*innen, weniger Prozente für Rechte

Andere Aufrufe sind eher mathematischer Natur. Ein Rechenbeispiel: Wenn in einem Wahllokal am Sonntag zehn Leute AfD wählen und 100 Leute zur Wahl gehen, bedeutet das 10 Prozent Zustimmung für die rechtsextreme Partei. Wenn jedoch 1.000 Leute zur Wahl gehen, bekommt die AfD bei gleicher Stimmenanzahl prozentual nur ein Prozent. Beiden Aufrufen ist gemein, das sie zum einen dazu dienen, möglichst viele Menschen zur Wahl zu motivieren und zum anderen, ein Narrativ zu dekonstruieren, das seit Monaten kursiert. Dass die Wahl bereits entschieden sei und dass der Rechtsruck im Europaparlament nicht mehr aufzuhalten sei.

Dass das nicht stimmt, hat sich nun in den Niederlanden gezeigt. Denn eine Besonderheit der Europawahl ist, dass zwar in allen 27 EU-Mitgliedsländern abgestimmt wird, aber nicht überall am selben Tag. In Deutschland erst am Sonntag, in den Niederlanden bereits am Donnerstag. Zwar liegen noch keine offiziellen Ergebnisse vor. Doch die Nachwahlbefragungen zeigen, dass der Durchmarsch der Rechten offenbar ausbleibt. Zwar hat Geert Wilders‘ Partij voor de Vrijheid im Vergleich zur Wahl vor fünf Jahren zugelegt. Doch das Bündnis aus Sozialdemokrat*innen und Grünen scheint stärkste Kraft zu werden. Boulevardmedien schreiben bereits von einer „Wähler-Watschn für Wilders“.

Die Stimmung dreht sich

Auch in Deutschland scheint sich die Stimmung zu drehen. Schon zu Jahresbeginn sind überall im Land nach den Enthüllungen des Recherchenetzwerks Correctiv zu Geheimplänen der AfD mehrere Millionen Menschen für die Demokratie und gegen Rechtsextremismus auf die Straße gegangen. Auch jetzt rufen am Wochenende vor der Wahl wieder zahlreiche Organisationen zu Demonstrationen auf. Das scheint Wirkung zu zeigen. Denn laut ZDF-Politbarometer ist das Interesse an der Europawahl stark gestiegen. Während vor der Wahl 2014 nur 38 Prozent sehr starkes Interesse zeigten, sind es nun 61 Prozent der Menschen.

Zugleich sinken die Zustimmungswerte für die AfD. Lag die Partei Mitte Februar in Meinungsumfragen zur Europawahl noch bei 22 Prozent, sind es inzwischen nur noch 14 Prozent. Doch auch das sind noch 14 Prozentpunkte zu viel. Denn erstens wären das drei Prozentpunkte mehr als bei der vergangenen Wahl 2019, zweitens wären das zwei sichere Mandate im Europaparlament für Maximilian Krah und Petr Bystron. Die beiden Spitzenkandidaten versteckt die AfD aktuell aufgrund diverser Skandale um NS-Relativierungen, Spionagevorwürfe und mutmaßliche Schmiergeldzahlungen aus Russland. Auf ihrer Liste stehen die beiden weiterhin ganz vorne und wären somit schon bei einem Ergebnis von zwei Prozent für die AfD sicher im Parlament.

Warum die AfD eine Gefahr ist

Drittens zeigt alleine schon die Forderung der AfD nach einem Dexit, dem Austritt Deutschlands aus der Europäischen Union, wie gefährlich diese Partei ist. Die Umsetzung dieses Vorhabens hätte enorme wirtschaftliche und politische Nachteile. Der Brexit sollte als abschreckendes Beispiel dienen. Wir alle haben es am Sonntag in der Hand, eine solche Entwicklung in Deutschland zu verhindern und den Rechten die Tür vor der Nase zuzuschlagen. Denn das effektivste Mittel gegen den Rechtsruck heißt wählen gehen!

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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2 Kommentare

Gespeichert von Martin Holzer (nicht überprüft) am Mo., 10.06.2024 - 16:14

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Und die nächste Lebenslüge ist geplatzt. Nachdem die Jugend nicht wie erwartet links wählt, hilft auch eine hohe Wahlbeteilung den Linken nicht. Lernen wird man daraus natürlich wie immer nicht. Eigentlich macht man ja alles richtig, die Leute verstehen die "geniale" Politik der Ampel einfach nicht. Deshalb noch mehr hohle Phrasen wie "Doppelwumms", "Unterhaken" und "Wir-Gefühl"!