Inland

Streit um Innere Sicherheit: Was die SPD im Koalitionsvertrag durchsetzen konnte

Zahlreiche wichtige Forderungen konnte die SPD im Koalitionsvertrag durchbringen, sagt Dirk Wiese, Vizechef der SPD-Bundestagsfraktion. Dem „vorwärts“ erklärt er, warum es auch in der Innenpolitik eine „Zeitenwende“ geben soll und wie die aussehen wird.

von Lars Haferkamp · 25. April 2025
SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese lobt den Koalitionsvertrag: „Unter dem Strich ist es ein solide verhandelter Vertrag, der gemessen an unserem Wahlergebnis viele unserer sozialdemokratischen Anliegen enthält.“

SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese lobt den Koalitionsvertrag: „Unter dem Strich ist es ein solide verhandelter Vertrag, der gemessen an unserem Wahlergebnis viele unserer sozialdemokratischen Anliegen enthält.“

Noch bis zum 29. April läuft das Mitgliedervotum der SPD zum Koalitionsvertrag. Für viele dabei eine entscheidende Frage: Wieviel konnte die SPD von ihrem Programm durchsetzen? 

Dirk Wiese, der kommissarische Vizechef der SPD-Bundestagsfraktion, zuständig für die Bereiche Innen und Recht, hat da eine klare Antwort: „Unter dem Strich ist es ein solide verhandelter Vertrag, der gemessen an unserem Wahlergebnis viele unserer sozialdemokratischen Anliegen enthält“, erklärt er gegenüber dem „vorwärts“. 

Umstrittene Passagen im Koalitionsvertrag

Das ist bemerkenswert, gab es doch in den Bereichen Innere Sicherheit und Migration zwischen SPD und Union im Wahlkampf viel Streit. Auch in den dann folgenden Koalitionsverhandlungen gehörten die entsprechenden Kapitel zu den schwierigen.

Jede Partei bringe sich in einer neu zu bildenden Koalition mit ihren Überzeugungen ein – das gehöre zur Demokratie dazu, sagt Dirk Wiese. „Und natürlich gibt es in einem Koalitionsvertrag immer Passagen, die umstritten sind und mit denen man selbst hadert. Auch für die SPD ist nicht jeder Satz ein sozialdemokratisches Kernanliegen“, räumt er gegenüber dem „vorwärts“ ein.

Fraktionsvize Dirk Wiese lobt SPD-Verhandlungserfolge

Und dennoch: „In der Innenpolitik konnten wir zahlreiche wichtige Forderungen durchsetzen“, so der Vizechef der SPD-Bundestagsfraktion. „Den Bedrohungen von außen und im Innern werden wir mit einer Zeitenwende in der Inneren Sicherheit begegnen.“

Für Dirk Wiese legt der Koalitionsvertrag „klare Schwerpunkte, die uns besonders wichtig waren“: Dazu gehören für ihn vor allem „die Stärkung der Sicherheitsbehörden, mehr Sicherheit im Alltag durch eine effektive Bekämpfung der Kriminalität, mehr Cybersicherheit und besserer Zivil- und Katastrophenschutz“. 

Mehr Befugnisse für Sicherheitsbehörden

Laut Koalitionsvertrag umfasst das auch mehr Befugnisse für die Sicherheitsbehörden. Es soll eine dreimonatige „verhältnismäßige und europa- und verfassungsrechtskonforme“ Speicherpflicht für IP-Adressen und Portnummern geben. Die Bundespolizei soll eine „begrenzte Zuständigkeit“ bekommen zur „Bekämpfung schwerer Straftaten“ mehr Telekommunikationsüberwachung einzusetzen. Auch Künstliche Intelligenz soll zur Kriminalitätsbekämpfung eingesetzt werden können, so stand es bereits im SPD-Regierungsprogramm.

„Wir verschärfen den Kampf gegen Organisierte Kriminalität und gegen Banden- und sogenannte Clankriminalität durch eine vollständige Beweislastumkehr beim Einziehen von Vermögen unklarer Herkunft“, heißt es weiter im Koalitionsvertrag. Verdächtige müssen also beweisen, dass sie ihr Vermögen legal erworben haben. Zum besseren Aufspüren und zur wirksamen Bekämpfung von Drohnen will der Bund die rechtlichen, technischen und finanziellen Voraussetzungen schaffen.

„Null Toleranz gegen die Feinde der Demokratie“

Für Dirk Wiese ist darüber hinaus wichtig: „Wir stehen klar zu null Toleranz gegen die Feinde der Demokratie, einem wirksamen Vorgehen gegen Hass, Hetze und Extremismus sowie nachhaltiger Förderung der Zivilgesellschaft.“ Dementsprechend verpflichten sich die Parteien im Koalitionsvertrag „jedweder Destabilisierung unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung entgegenzuwirken.“ Der Koalitionsvertrag nennt dazu wörtlich „Rechtsextremismus, Islamismus, auslandbezogenem Extremismus oder Linksextremismus“.

Durchgesetzt hat sich die Union mit einer Passage im Koalitionsvertrag zur Bekämpfung des Islamismus. Hier soll ein „Bund-Länder-Aktionsplan“ erarbeitet werden. Die „Task Force Islamismusprävention“ soll zu einem ständigen Gremium im Bundesinnenministerium werden. Künftig soll sichergestellt werden, „dass keine Organisation und Projekte finanziell gefördert werden, die Antisemitismus verbreiten oder das Existenzrecht Israels in Frage stellen“. Auch dies fand sich so nicht im SPD-Regierungsprogramm.

Staatsangehörigkeitsrecht bleibt 

Dirk Wiese zeigt sich gegenüber dem „vorwärts“ besonders zufrieden mit den Festlegungen im Koalitionsvertrag zur Migrationspolitik. Der Vertrag schaffe „den Spagat, die dringend notwendige Einwanderung von Fach- und Arbeitskräften zu erleichtern und die irreguläre Migration wirksamer zurückzudrängen“. Für Wiese ist wichtig: „Wir müssen dafür sorgen, dass die Unterbringung und Integration in den Kommunen nachhaltig gelingt.“ Dem diene die im Vertrag vereinbarte Stärkung von Integrationskursen und Migrationsberatung, sowie die erleichterte Arbeitsaufnahme von Geflüchteten. „Gut Integrierte erhalten die Möglichkeit, auch Staatsbürger zu werden“, betont er. Und für die SPD besonders wichtig: „Unser modernes Staatsangehörigkeitsrecht bleibt so, wie es ist. Prüfaufträge für eine Staatsbürgerschaft zweiter Klasse wird es nicht geben.“

Aktuelle Entwicklungen zur Bundestagswahl und den Koalitionsverhandlungen gibt es zum Nachlesen in unserem Newsticker.

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