SPD-Fraktionschef Miersch: Klare Ansage an Kanzler Merz im Bundestag
Klartext bei der Premiere: In seiner ersten Rede als SPD-Fraktionschef im Bundestag hat Matthias Miersch angekündigt, seine Fraktion werde die Arbeit der neuen Bundesregierung selbstbewusst und konstruktiv begleiten. Außerdem erklärte er, wann Streit mit der Union sinnvoll ist.
IMAGO/dts Nachrichtenagentur
„Die Bürgerinnen und Bürger haben verdient, dass wir nicht nur streiten, nicht nur diskutieren, sondern am Ende tatsächlich Sicherheit schaffen.“ – SPD-Fraktionschef Matthias Miersch zur künftigen Zusammenarbeit in der schwarz-roten Koalition
Am Mittwoch gab es im Bundestag gleich zwei Premieren und das kurz hintereinander: Zunächst die erste Regierungserklärung von Bundeskanzler Friedrich Merz, dann die erste Rede von Matthias Miersch als neuer Chef der SPD-Bundestagsfraktion. Darin wandte sich Miersch direkt mit einer klaren Ansage an den Kanzler.
„Ich kann Ihnen sagen, Sie treffen auf eine SPD-Bundestagsfraktion, die Ihre Regierungspolitik selbstbewusst, konstruktiv und auch zielführend begleiten wird.“ Aber, so Miersch dann weiter: Er sei sich „sehr sicher“, dass SPD und Union „auch streiten müssen“. Streit sei per se nämlich nichts Schlechtes. Er gehöre zur Demokratie dazu. Allerdings müsse er immer zielgerichtet sein. „Und das versichere ich Ihnen im Namen der SPD-Bundestagsfraktion“, so Miersch an Merz gerichtet. Seine Fraktion freue sich auf die Zusammenarbeit und wünsche der Regierung alles Gute.
Miersch: Solidarität und Zusammenhalt sind zentral
Der SPD-Fraktionschef erwartet „vier spannende Jahre“ unter Schwarz-Rot. „Das werden vier Jahre, die dieses Land voranbringen werden, im Sinne der Bürgerinnen und Bürger.“ Für die SPD-Bundestagsfraktion sei dabei „das Wir in dieser Gesellschaft der entscheidende Faktor“.
In einer Zeit der Egozentrik, in der Solidarität zunehmend infrage gestellt werde und manche „mit Kettensägen“ an den Staat heran wollten, gelte dies ganz besonders. „Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist die Solidarität in diesen Zeiten, das Betonen des Zusammenhalts, das Leitbild, was wir auch in diesen vier Jahren vertreten wollen in diesem Parlament.“
Für diese Politik habe die SPD auch die Rückendeckung ihres Mitgliedervotums erhalten. Sie wolle den Koalitionsvertrag auch deshalb realisieren, „weil wir der festen Überzeugung sind, dass in diesem Vertrag Elemente sind, die den Zusammenhalt und die Zukunft in diesem Land stärken“. Genau das „wollen wir hier durchsetzen“, so Miersch unter kräftigem Applaus der SPD-Fraktion.
Handlungsfähigkeit des Staates sichern
Dazu gehöre etwa, die Handlungsfähigkeit des Staates zu gewährleisten. Dies sei gelungen mit dem Sondervermögen für die Infrastruktur und mit der Ausnahme von der Schuldenbremse für die Verteidigungsausgaben. An dieser Stelle bedankte sich Miersch „ganz herzlich“ bei den Grünen. Diese hatten einer entsprechenden Änderung des Grundgesetzes zugestimmt und damit für die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit gesorgt. Die im Koalitionsvertrag vereinbarte weitergehende Reform der Schuldenbremse „gehört schnell auf die Tagesordnung“, mahnte Miersch an. „Da müssen wir jetzt schnell in Gang kommen.“
Das gelte auch für die Sozialpolitik. Denn: „Der Markt regelt nicht alles.“ Soziale Sicherheit falle nicht vom Himmel. Sie müsse organisiert werden. Miersch nannte als wichtige Beispiele das geplante Bundestariftreuegesetz, das die Tarifbindung stärken soll und die Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro pro Stunde, die viele Millionen Menschen helfen werde. „Auch das wird diese Koalition leisten“, versprach der SPD-Fraktionschef.
Soziale Sicherungssysteme reformieren
Er sei froh, dass die Koalition die sozialen Sicherungssysteme reformieren wolle. Es sei „überhaupt nicht schlimm, dass wir zwischen CDU/CSU und SPD auch unterschiedliche Haltungen dazu haben“. Das gehöre zur Demokratie dazu. Am Schluss müssten dann aber auch Entscheidungen stehen.
„Die Bürgerinnen und Bürger haben verdient, dass wir nicht nur streiten, nicht nur diskutieren, sondern am Ende tatsächlich Sicherheit schaffen.“ Und „ein wichtiger Weg dahin“ sei, dass die zuständige Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas dazu auch ihre Vorschläge mache, wie man die sozialen Sicherungssysteme verbessern könne. „Alles Gute dafür“, so Miersch unter dem Applaus der SPD-Fraktion.
Als weiteres wichtiges Ziel der kommenden Jahre nannte er die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren. Häufig würden Einzelinteressen die Durchsetzung des öffentlichen Interesse jahrelang verhindern. Es sei „ein ganz zentraler Punkt“ künftig das Ego zurückzunehmen und das öffentliche Interesse wieder in den Mittelpunkt zu stellen, so wie es die Ampel-Koalition im Bereich der Erneuerbaren Energien bereits getan habe.
Miersch: Unsere Demokratie verteidigen
Eine Grundbedingung des „Wir“ sei es schließlich, „dass wir unsere Demokratie verteidigen“, so der SPD-Fraktionschef am Ende seiner Rede. Man dürfe den Egoist*innen und Nationalist*innen nicht das Feld überlassen. Dafür sei es wichtig, die Demokratieförderung in Deutschland weiter zu unterstützen. „Das ist eine elementare Voraussetzung für das Überleben unserer Demokratie“, stellte Miersch klar.