Nach Attentat in München: Kanzler Olaf Scholz trifft Einsatzkräfte
Die Amokfahrt von München soll ein islamistisches Motiv gehabt haben. Bundeskanzler Olaf Scholz fordert ein hartes Durchgreifen des Rechtstaates. SPD-Chef Lars Klingbeil warnt, das Thema für Parteiprofilierung zu missbrauchen.
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München: Das demolierte Fahrzeug, mit dem der Attentäter am 13. Februar in einen ver.di-Demonstrationszug gefahren ist und dabei 36 Menschen verletzt.
Am Rande der Sicherheitskonferenz wird sich Bundeskanzler Olaf Scholz am Samstag in München mit Einsatzkräften treffen, die bei dem Attentat am Donnerstag vor Ort waren. In der bayerischen Landeshauptstadt war ein 24-jähriger Afghane mit einem Auto in eine Demonstration von ver.di gerast und hatte dabei 36 Menschen verletzt. Zuvor will Scholz am provisorischen Gedenkort der Verletzten gedenken.
Behörden sehen islamistisches Tatmotiv
Am Freitag wurden weitere Details zum Anschlag bekannt: Die Ermittler*innen gehen jetzt von einem islamistischen Tatmotiv aus. Das sagte Gabriele Tilmann, die Leitende Oberstaatsanwältin der Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) der Generalstaatsanwaltschaft München. Bisher gebe es allerdings keine Hinweise darauf, dass der Täter in ein Netzwerk eingebunden sei.
Als Hinweise für ein islamistisches Motiv nannte die Oberstaatsanwältin unter anderem die Aussage von Polizist*innen, der Amokfahrer habe nach der Tat „Allahu Akbar“ gerufen – „Allah ist groß“. Auch habe er zugegeben, den Wagen vorsätzlich in den Verdi-Demonstrationszug gefahren zu haben. Seine Aussagen deuteten auf eine religiöse Motivation hin, resümierte Gabriele Tilmann.
Klingbeil: Sicherheitslage verbessern statt Parteiprofilierung
SPD-Chef Lars Klingbeil sprach am Freitag laut Medienberichten von einer erschütternden und schrecklichen Tat. Er ließ keinen Zweifel: Es müsse mehr getan werden für die Sicherheit im Land. Dabei sei es gleichgültig, ob sich die Politik im Wahlkampf oder in der Regierungsbildung befinde. Die demokratischen Parteien müssten zusammenarbeiten und die richtigen Konsequenzen ziehen, um die Sicherheitslage zu verbessern. Für die SPD, so Klingbeil, habe er das bereits letzte Woche im Bundestag angeboten. Er wiederhole dieses Angebot klar.
Der SPD-Vorsitzende forderte, dass wirksame Maßnahmen für die Sicherheit der Bürger*innen in Bund und Ländern ergriffen werden – und zwar ohne Ideologie. Dabei müsse auf die Expert*innen und die Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden gehört werden. Forderungen und immer gleiche Reflexe, die solche Taten nicht vereiteln könnten, würden nicht weiterhelfen, so Klingbeil. Es müsse um die Sicherheit der Menschen gehen, nicht um Parteiprofilierung.
Scholz kündigt hartes Durchgreifen an
Bundeskanzler Olaf Scholz hat nach dem Anschlag von München ein hartes Durchgreifen angekündigt. „Dieser Täter kann nicht auf irgendeine Nachsicht rechnen“, sagte Scholz vor einem Wahlkampf-Auftritt am Donnerstag in Fürth. „Er muss bestraft werden und er muss das Land verlassen.“
Eine solche Tat könne man weder dulden noch hinnehmen. „Deshalb muss ganz klar sein, dass die Justiz mit all ihren Möglichkeiten hart vorgeht gegen diesen Täter“, betonte Scholz. Der Kanzler stellte klar: „Wer Straftaten in Deutschland begeht, wird nicht nur hart bestraft und muss ins Gefängnis, sondern er muss auch damit rechnen, dass er seinen Aufenthalt in Deutschland nicht fortsetzen kann.“ Das gelte auch für Herkunftsländer wie Afghanistan, in die Rückführungen schwierig seien.
Steinmeier zeigt sich in München erschüttert
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zeigte sich nach dem mutmaßlichen Anschlag in München erschüttert. Am Rande eines stillen Gedenkens am Tatort in München sagte er am Freitag, „die Brutalität dieser Tat wühlt uns auf, macht fassungslos“. Sein Mitgefühl gelte allen Opfern und Angehörigen. Er sprach von einer entsetzlichen Gewalttat. „Der Täter ist in Haft und wird nach Recht und Gesetz zur Rechenschaft gezogen werden“, so der Bundespräsident.
Ob der Verdächtige in Untersuchungshaft kommt oder in eine psychiatrische Einrichtung, ist zur Zeit noch nicht geklärt. Die Vorführung bei einem Ermittlungsrichter soll im Laufe des Freitags erfolgen.
Bayern muss Angaben über Tatverdächtigen korrigieren
Gegenwärtig sollen noch zwei Opfer in Lebensgefahr schweben. Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) erklärte am Donnerstagabend, dass darüber hinaus acht bis zehn Menschen schwerst verletzt seien. Auch gebe es viele Schwerverletzte. Nur sehr wenige Opfer seien lediglich leicht verletzt.
Am Tattag gab es zunächst Unklarheiten über den Täter: Es handelt sich um einen 24-jährigen Afghanen mit Aufenthaltstitel und Arbeitserlaubnis. Zunächst hieß es aus Bayern, der Mann sei als Ladendieb auffällig geworden und hätte abgeschoben werden müssen. Das musste Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) später als Falschinformation korrigieren. Der Aufenthalt des Afghanen in Deutschland sei „absolut rechtmäßig“, stellte Herrmann inzwischen klar. Auch war er Polizeiangaben zufolge nicht als Beschuldigter eines Ladendiebstahls registriert, sondern als Zeuge.