Inland

Kanzler Scholz empört – wie CDU und CSU unsere Sicherheit auf‘s Spiel setzen

Im Bundestag fordert die Union Gesetzesverschärfungen zur inneren Sicherheit, in der Praxis blockiert sie aber genau diese. Mit gefährlichen Folgen.

von Lars Haferkamp · 29. Januar 2025
Mehr Kompetenzen für die Bundespolizei: Das will die Bundesregierung, doch CDU und CSU blockieren.

Mehr Kompetenzen für die Bundespolizei: Das will die Bundesregierung, doch CDU und CSU blockieren.

„Die Absage von CDU und CSU, keines der wichtigen ausstehenden innenpolitischen Vorhaben vor der Bundestagswahl im Parlament umzusetzen, ist reine Verantwortungslosigkeit“, sagt SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese. Zuvor hatte die Union am 17. Januar jedes Gespräch mit den Regierungsparteien SPD und Grüne zu noch möglichen Sicherheitsgesetzen abgelehnt.

Es sei „empörend“, kritisiert Bundeskanzler Olaf Scholz am Dienstag, dass die Union einerseits klar rechtswidrige Vorschläge mache, andererseits konkrete Vorschläge der Regierung torpediere. Er fordert die Union auf, ihren Widerstand gegen die schärferen Sicherheitsgesetze der Regierung aufzugeben.

Union bleibt bei ihrem doppelten Spiel

Doch danach sieht es nicht aus. Die Union bleibt bei ihrem doppelten Spiel: Im Wahlkampf fordert sie lautstark die Verschärfung zahlreicher Sicherheitsgesetze, in der Realität aber lehnt sie genau das ab. Und verhindert durch ihre Blockade die Verabschiedung einiger wichtiger Gesetze zur Verbesserung der Sicherheitslage in Deutschland.

So geschehen am 18. Oktober 2024, als die Union im Bundesrat das vom Bundestag bereits beschlossene Gesetz zur Verbesserung der Terrorismusbekämpfung zu Fall brachte. Ohne die Zustimmung der Länderkammer konnte es nicht in Kraft treten. 

Gesetz zur Terrorbekämpfung gescheitert

Damit kann das Gesetz zur Verbesserung der Terrorismusbekämpfung nicht wirksam werden. Es hätte die Befugnisse des Bundeskriminalamts (BKA) und der Bundespolizei erweitert und die Regelungen zur Bekämpfung von Terrorismusfinanzierung verschärft. 

Diese Blockade hat in der Praxis gravierende Konsequenzen für die innere Sicherheit in Deutschland. Hier die fünf von der Bundesregierung geplanten und von der Union gestoppten Gesetzesänderungen und welche konkreten Verbesserungen sie gebracht hätten:

Neue Befugnisse für BKA und Bundespolizei gestoppt

Die Union verhindert, dass das BKA und die Bundespolizei sowie die Ermittlungsbehörden nach der StPO mutmaßliche Terrorist*innen und Tatverdächtige leichter identifizieren und lokalisieren können. Im von CDU und CSU blockierten Gesetz hätten die Sicherheitsbehörden nämlich die Befugnis erhalten, einen nachträglichen biometrischen Abgleich von Gesichtern und Stimmen mit öffentlich zugänglichen Internetdaten, wie zum Beispiel in sozialen Medien, mittels automatisierter Verfahren vorzunehmen. Diese Befugnis fehlt ihnen nun.

Dirk Wiese

Statt an die Menschen und ihre Sicherheit in unserem Land zu denken, legt die Union lieber die Hände in den Schoß.

Die Union verhindert durch den Stopp der automatisierten Datenanalyse eine bessere Terrorismus-Bekämpfung. Durch die automatisierte Datenanalyse für das BKA und die Bundespolizei hätten beide Behörden die bereits im polizeilichen Informationssystem oder Informationsverbund vorhandenen Informationen besser, schneller und effizienter auswerten können. Die Datenanalyse zeichnet sich im Unterschied zum Datenabgleich dadurch aus, dass durch sie neues Wissen erzeugt wird. Die neue Befugnis für BKA und Bundespolizei ist von Bedeutung, um Zusammenhänge von Strukturen und Personengruppen besser zu erkennen. Genau das können die Behörden jetzt aber nicht.

Bekämpfung der Kriminalität nun nicht modernisiert

Die Union verhindert die Fortentwicklung von IT-Produkten zur Kriminalitätsbekämpfung. Die Bundesregierung wollte eine Rechtsgrundlage schaffen für das Testen und Trainieren von IT-Produkten, damit das BKA zu diesem Zweck auch personenbezogene Daten weiterverarbeiten darf. Hierbei geht es um die Entwicklung, Überprüfung, Änderung und das Trainieren von IT-Produkten mittels Echtdaten. Dies ist aus Sicht der SPD unerlässlich, damit das BKA in der Lage ist, geeignete IT-Produkte für seine Aufgabenwahrnehmung zu entwickeln und zu nutzen. Diese Möglichkeit hat das BKA nun nicht.

Die Union verhindert bessere Regelungen bei der Bekämpfung von Terrorismusfinanzierung. Bei Ermittlungen des BKA im Bereich der Finanzstrukturen von Terroristen kann es erforderlich sein, polizeiliche Anfragen an geldwäscherechtlich Verpflichtete wie zum Beispiel Banken zu stellen. Damit Banken in der Folge nicht das Konto der betroffenen Person kündigen, hatte die Bundesregierung eine Vorschrift vorgesehen, die den Banken bei der Kontofortführung Rechtssicherheit geben sollte. Damit sollte eine verfrühte Unterrichtung der Betroffenen – und damit eine mögliche Beeinträchtigung der Polizeiarbeit – vermieden werden. Das ist jetzt nicht möglich.

Keine effektivere Kontrolle von Waffenverboten

Die Union verhindert die Kontrollen von Waffenverbotszonen durch die Bundespolizei. Gegenstand des von CDU und CSU gestoppten Gesetzes ist eine Befugnis, die anlassbezogen in Waffenverbotszonen oder im Geltungsbereich von Verfügungen der Bundespolizei – etwa auf dem Gebiet der Anlagen der Deutschen Bahn – die stichprobenartige Befragung, Identitätskontrolle sowie die Durchsuchung von Personen erlaubt, die die Waffenverbotszone betreten möchten oder sich darin befinden. Diese Befugnis hat die Bundespolizei nun nicht.

„Nichts ist mehr übrig von der angeblichen Kooperationsbereitschaft bei wichtigen Sicherheitsfragen“, so SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese zum Unterschied zwischen Worten und Taten bei CDU und CSU. „Die Union hat damit weitere wertvolle Wochen ins Land gehen lassen, die man für gesetzgeberische Anpassungen so dringend benötigen würde“, kritisiert er. Der SPD-Innenexperte kommt zu dem Schluss, dass CDU und CSU „statt an die Menschen und ihre Sicherheit in unserem Land zu denken, lieber verantwortungsbefreit die Hände in den Schoß“ legen.

Im Bundestag muss die Union nun Farbe bekennen

Die Fraktionen von SPD und Grünen wollen nun in der laufenden Sitzungswoche einen Teil des ursprünglichen Gesetzentwurfes, der im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig wäre, erneut in den Bundestag einbringen. Die Unionsfraktion hätte damit eine weitere Chance, wichtige neue Befugnisse für die Sicherheitsbehörden mit den Koalitionsfraktionen zu schaffen. Oder erneut zu blockieren.

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