Inland

„Join Politics“: Wie die Organisation Kandidaten für den Bundestag fördert

Mehr als 4.000 Menschen kandidieren in diesem Jahr bei der Bundestagswahl. Die Initiative „Join Politics“ unterstützt 21 von ihnen, darunter sechs Sozialdemokrat*innen. Dafür müssen sie aber bestimmte Bedingungen erfüllen.

von Jonas Jordan · 20. Februar 2025
Hier wollen sie rein: die von „Join Politics“ unterstützten Kandidat*innen vor dem Bundestag.

Hier wollen sie rein: die von „Join Politics“ unterstützten Kandidat*innen vor dem Bundestag.

„Lernen von den Profis: Besser geht’s nicht“, schreibt Franziska Blessing Anfang Januar und postet ein gemeinsames Selfie mit Helena Wolf und dem Kampagnenberater Julius van de Laar auf Instagram. Blessing kandidiert für die SPD bei der Bundestagswahl im baden-württembergischen Wahlkreis Göppingen, Wolf im hessischen Offenbach. Das Selfie entstand im Zuge eines „Bootcamps“ der Organisation „Join Politics“. Denn Blessing und Wolf sind Teil der 21-köpfigen „Talentkohorte“, die die Organisation bei der Bundestagswahl fördert.

Doch was bedeutet das? Und wie sieht die Unterstützung konkret aus? Laut Homepage hat sich die Organisation zum Ziel gesetzt, politische Talente zu finden, ZU fördern und zu verbinden, „die gerade in Krisenzeiten neue Impulse setzen: Wirkungsorientiert, kooperativ, innovativ, geleitet von Werten, die den politischen Raum mit Leben füllen“. Was dahinter steckt, erklärt Lennart Heickmann, Scouting Manager bei „Join Politics“, im Gespräch mit dem „vorwärts“. Alle 21 Personen, die ausgewählt wurden, eine, „dass sie für eine Modernisierung des Politikbetriebs stehen“.

Der Gesprächspartner

Lennart Heickmann arbeitet als Scouting Manager für „Join Politics“.

Lennart Heickmann arbeitet als Scouting Manager für „Join Politics“.

Wie viele andere politische Akteure auch stand „Join Politics“ nach dem Bruch der Ampel-Koalition vor dem Problem, den ursprünglich konzipierten Zeitplan bis zur Bundestagswahl im Herbst dieses Jahres über den Haufen werfen zu müssen. Doch schnell stand fest: „Jetzt erst recht. Wir müssen auf jeden Fall ein Angebot machen und dürfen die Talente nicht im Regen stehen lassen“, berichtet Lennart Heickmann. 

Zur Auswahl der Talente habe man schließlich mehr als 120 Gespräche mit Kandidierenden geführt, von Volt bis zur CSU. Das Besondere dabei: „Join Politics“ fördert im Gegensatz zu Organisationen wie beispielsweise „Brand New Bundestag“ nur Personen, die zum ersten Mal für den Bundestag kandidieren. „Es wird spannender, wenn alle von der gleichen Stufe kommen und noch keine Bundestagserfahrungen haben“, sagt Heickmann. Pro Wahlkreis fördert die Organisation außerdem immer nur eine Person, was manchmal zu Härtefällen geführt habe. 

SPD-Bundestagskandidatinnen

Zwei sozialdemokratische Bundestagskandidatinnen unter sich: Helena Wolf (l.) aus Offenbach und Christina Schubert aus Kiel

Sozialdemokratische Bundestagskandidatinnen unter sich: Helena Wolf (l.) aus Offenbach und Christina Schubert aus Kiel

Schließlich standen 21 Personen fest, jeweils sechs von SPD und Grünen, fünf von der CDU/CSU sowie jeweils zwei von FDP und Volt. „Uns ist es nicht so wichtig, nur Leute ins Parlament zu bringen, sondern wir wollen die richtigen Leute ins Parlament bringen und unterstützen. Leute, die moderne und innovative Ideen vertreten“, sagt Heickmann. Aus der Sozialdemokratie sind dies neben Blessing und Wolf auch Eric Eigendorf aus Halle in Sachsen-Anhalt, Lukas Hornung aus Mittelbaden in Baden-Württemberg, Christina Schubert aus Kiel und Daniel Iliev aus Nordhessen. Über ihn sagt Heickmann: „Er hat ein sehr spannendes Profil, weil er ein richtiger Anpacker und schon kommunalpolitisch erfahren ist als Bürgermeister.“

SPD-Bürgermeister: „ein richtiger Anpacker“

Seit 2016 ist er das in Heringen an der Werra, einer Kleinstadt mit knapp 7.000 Einwohner*innen in Nordhessen. Seit der letzten Kommunalwahl im Jahr 2021 hat die SPD dort im Stadtparlament die absolute Mehrheit. An diesen Erfolg will Iliev bei der Bundestagswahl anknüpfen und im Wahlkreis Werra-Meißner – Hersfeld-Rotenburg die Nachfolge von Michael Roth antreten, der diesen bislang immer direkt gewonnen hat. „Ich möchte mich dafür einsetzen, dass die Kommunen in Zukunft nicht noch mehr finanzielle Spielräume verlieren. Denn sonst schafft dies Frust und stärkt die extremen Parteien“, sagt er im Interview mit dem „vorwärts“ zu seinem Antrieb, für den Bundestag zu kandidieren.

Für die Förderung durch „Join Politics“ war die Teilnahme am angesprochenen „Bootcamp“ am ersten Januarwochenende ein K.O.-Kriterium. Was erst mal nach Überlebenstraining in der Wildnis klingt, war nach Heickmanns Beschreibung deutlich angenehmer. Freitagabend Kennenlernen in einer Pizzeria, Samstag dann ein Input der Diplom-Psychologin Carolin von Richthofen zum Thema Haltung und Zusammenhalt unter Demokrat*innen, anschließend  van de Laars eingangs angesprochener Workshop zu Storytelling, dazwischen viel Teambuilding. „Wir haben immer wieder bewusst an diesem Wochenende versucht, die Gruppe weiter zu stärken und auch zusammenzubringen“, sagt Heickmann.

Unterstützung auch nach der Wahl

Für Impulse von außen sorgten die sogenannten Fellows der Organisation wie die CDU-Bundestagsabgeordnete Nadine Schön (CDU), Nicolas Schwendemann, früherer Kampagnenleiter der Grünen und der frühere SPD-Bundesgeschäftsführer Thorben Albrecht. Am Sonntag erhielten die Kandidat*innen als ganz praktischen Mehrwert ein Fotoshooting und Filmaufnahmen, die sie im Wahlkampf für ihre Social-Media-Kanäle nutzen können.

Auch über das „Bootcamp“ hinaus bietet „Join Politics“ im Wahlkampf Unterstützung an. So brauchte SPD-Kandidat Lukas Hornung kurzfristig Unterstützung für ein anstehendes Fernseh-Interview. Die bekam er durch eine Fellow der Organisation, die eine Kommunikationsagentur betreibt. Auch nach der Wahl ist die Unterstützung nicht vorbei. So hilft „Join Politics“ zum Beispiel beim möglichen Start im Bundestag bei praktischen Fragen zur Büroorganisation. Und wer den Einzug ins Parlament verpasst hat, kann auch mentale Unterstützung in Anspruch nehmen.

Ab dem 10. März nimmt „Join Politics“ wieder Bewerbungen entgegen – auch mit Blick auf die Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt im kommenden Jahr.

Aktuelle Entwicklungen zur Bundestagswahl 2025 gibt es zum Nachlesen in unserem Newsticker.

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

Weitere interessante Rubriken entdecken

Noch keine Kommentare
Schreibe einen Kommentar

Klartext

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
  • Website- und E-Mail-Adressen werden automatisch in Links umgewandelt.