Inland

Entlastungspaket für die Bauern: „Die Maßnahmen können sich sehen lassen“

Am Freitag berät der Bundestag erstmals über das Entlastungspaket für die Bauern. „Wir stärken jetzt die Stellung des Erzeugers besonders bei Milch, Obst und Gemüse“, sagt SPD-Landwirtschaftsexpertin Susanne Mittag – und wirft den Blick nach Brüssel.

von Kai Doering · 28. Juni 2024
Mit dem Agrar-Paket stärkt die Ampel die Stellung der Bauern in Deutschland, sagt SPD-Landwirtschaftsexperin Susanne Mittag.

Mit dem Agrar-Paket stärkt die Ampel die Stellung der Bauern in Deutschland, sagt SPD-Landwirtschaftsexperin Susanne Mittag.

Am Freitag berät der Bundestag zum ersten Mal über das Entlastungspaket für Landwirt*innen, das die Ampel-Fraktionen nach den Bauern-Protesten Anfang des Jahres erarbeitet haben. Sind Sie mit dem Ergebnis zufrieden?

Ja. Die Verhandlungen waren langwierig und nicht immer ganz einfach. Umso froher bin ich, dass es nun eine Einigung noch vor der Sommerpause gibt. Und auch wenn der Bauernverband das Entlastungspaket schon als „Päckchen“ kritisiert hat, muss ich sagen, dass sich die Maßnahmen wirklich sehen lassen können.

Und doch haben sich die Bauern offenbar mehr erwartet. Sie haben den Bauernverband bereits erwähnt.

Der Bauernverband sagt aber auch, dass er seit mehr als zehn Jahren auf Entlastungen drängt. Da kann man wohl kaum erwarten, dass wir innerhalb weniger Monate alles das umsetzen, was vorher versäumt wurde. Der Streit über den Agrardiesel Anfang des Jahres war ja nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Die eigentlichen Probleme haben sich über Jahre aufgebaut und wurden maßgeblich von denen mit verursacht, die heute die schärfste Kritik üben, CDU und CSU.

Wo sorgen die geplanten Maßnahmen jetzt für Entlastung?

In vielen Bereichen. Die sogenannte Gewinnglättung erlaubt es Landwirtinnen und Landwirten, Einkünfte aus guten und aus schlechten Jahren steuerlich miteinander zu verrechnen. Das mildert Gewinnschwankungen deutlich ab. Es ist allerdings nicht so, dass wir im steuerlichen Bereich nicht schon für Entlastung gesorgt hätten, bei der Stromsteuer etwa, AfA oder Sonderausschreibungsmöglichkeiten. Darüber spricht allerdings kaum jemand.

Mit dem Paket soll auch die Stellung der Bauern gegenüber dem Handel gestärkt werden. Wie soll das konkret aussehen?

Das bezieht sich auf das Agrar-Organisations- und -Lieferkettengesetz, das wir für die Erzeuger verstetigen. Dabei geht es um die Frage, wozu der Handel einen Erzeuger verpflichten kann. Zurzeit können Landwirtinnen und Landwirte auch dazu verpflichtet werden, zum sozusagen Verramschen ihrer eigenen Ware beizutragen. Das werden wir ändern. Bisher gibt es hier nur eine Ombudsstelle, an die sich die Landwirte wenden können. Auch das Rückgabeverbot für landwirtschaftliche Produkte passen wir an. Wir stärken jetzt die Stellung des Erzeugers besonders bei Milch, Obst und Gemüse. Das war auch überfällig.

Viele Vorgaben für die Landwirtschaft kommen von der europäischen Ebene. Was erwarten Sie da mit Blick auf die Landwirte von der künftigen EU-Kommission?

Mit der Gemeinsamen Agrarpolitik haben wir zu Beginn des Jahres ja bereits viele Vorgaben aus Brüssel eins zu eins umgesetzt – zum Nutzen der Landwirte. Einiges wird auch in den kommenden Jahren noch folgen. Sinnvoll und wichtig fände ich klare europäische Regelungen hinsichtlich der Herkunftskennzeichnung landwirtschaftlicher Produkte. Wenn ein Milchkarton mit dem Hinweis „Milch aus Deutschland“ gekennzeichnet ist, dürfen nicht 49 Prozent des Inhalts aus Polen kommen, wie es zurzeit der Fall ist. Das ist nicht nur Verbrauchertäuschung, sondern man nimmt den Erzeugern auch ein Gütekriterium. Hier muss die EU handeln. Viele Länder in Europa haben daran ein großes Interesse. Das Maßnahmenpaket umfasst noch weitere Verbesserungen und ist nicht damit abgeschlossen. Wir erwarten Vorschläge der Zukunftskommission Landwirtschaft und auch die Länder erarbeiten in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe selbst praxisorientierte Vorschläge.

Die Gesprächspartnerin

Susanne Mittag ist Abgeordnete aus Niedersachsen und landwirtschaftspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion.

Susanne Mittag
Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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Gespeichert von Armin Christ (nicht überprüft) am So., 30.06.2024 - 09:02

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Der "Bauerrnverband" kann wohl kaum als der Vertreter der Bauern angesehen werden, denn er ist der Interessenvertreter der Agrarindustrie mitsamt Landmaschinenbau, Agrarchemie etc.
Dieser Komplex, verbandelt mit der "Nahrungsmittel"industrie, erzeugt seine Produkte unter den Bedingungen der Ausbeutung von Mensch, Boden und Tier.
Leider sind die Förderrichtlinien der EU, warum auch immer (?!?), zugunsten dieses agrarindustriellen Komplexes ausgerichtet.
Es wird der Futtermittelimport (Soja, Mais) gefördert um dann Fleisch zu exportieren - da geht dann "Landwirtschaft" auch ohne eigene Landresourcen und wenn man merkt wie Agrarkonzerne sich auf die Flächen der Ukraine stürzen kann man auch Interessen hinter diesem Krieg vermuten - aber ich will ja kein Verschwörungsleugner sein.

Gespeichert von Peter Boettel (nicht überprüft) am Mo., 01.07.2024 - 10:38

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Leider ist es seit jeher eine traurige Tatsache, dass die Bauern eher konservativ wählen, auch wenn sie gerade am meisten von den konservativen Parteien in den Hintern getreten werden. Diese Entwicklung kann man seit Bestehen der Bundesrepublik verfolgen. Vergleicht man die unionsgeführten Regierungen mit den SPD-geführten Regierungen wurden die Bauern eher von den Letzteren unterstützt.
Dazu ist auch festzustellen, dass der Bauernverband eher die Interessen der Agrarkonzerne vertritt als die derjenigen, die er eigentlich zu vertreten hat. Seine Funktionäre sind zumeist Großbauern, die nicht einmal eine Kuh melken können. Leider haben die Konkurrenzverbände wie der AK bäerliche Landwirtschaft weniger Gewicht in der Öffentlichkeit und vor allem in den Medien.

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