Bundesländer unterstützen Scholz-Vorschlag gegen hohe Strompreise
Sinken die Netzentgelte und damit die Preise für Strom, wie von Kanzler Scholz gefordert? Von der Ministerpräsidentenkonferenz erhält er dafür Rückenwind. Selbst CDU-Ministerpräsident Kretschmer lehnt eine Fundamentalopposition im Bundestag ab.
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Der Kanzler appelliert an den Bundestag: „Lassen Sie uns gemeinsam handeln, im Interesse der Bürgerinnen und Bürger.“ Sein Appell kommt an bei der Ministerpräsidentenkonferenz am 12.12.2024 in Berlin.
Als Bundeskanzler Olaf Scholz am Mittwoch die Vertrauensfrage stellte, ließ er keinen Zweifel: Noch vor der Wahl müssten „ganz wichtige Entscheidungen, die aus meiner Sicht keinerlei Aufschub dulden“ getroffen werden. Entscheidungen, um Arbeitsplätze zu sichern und die Bürger*innen zu entlasten. Dazu gehört für den Kanzler die Stabilisierung der Strompreise.
Scholz für „Schulterschluss der demokratischen Mitte“
Er appellierte deshalb an die Bundestagsabgeordneten: „Lassen Sie uns gemeinsam handeln, im Interesse der Bürgerinnen und Bürger.“ Für Scholz wäre „ein Schulterschluss der demokratischen Mitte in diesen wichtigen Fragen ein starkes Zeichen“. Deshalb seine Aufforderung an die Abgeordneten: „Lassen Sie uns dieses Zeichen gemeinsam setzen.“
Sein Appell scheint zumindest bei den Bundesländern anzukommen. Auf der heutigen Ministerpräsidentenkonferenz in Berlin gab es breite Unterstützung für eine Stabilisierung der Strompreise durch eine Reduzierung der Netzentgelte, so wie es der Kanzler vorgeschlagen hatte.
Michael Kretschmer (CDU) warnt vor hohen Strompreisen
„Energie darf kein knappes, teures Gut sein“, betonte Michael Kretschmer (CDU), Ministerpräsident von Sachsen und amtierender Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz am Donnerstag in Berlin. „Wir sind uns einig, dass vor allem für die Industrie, die so viel trägt in diesem Land, es wettbewerbsfähige Strompreise geben muss.“
Das sieht Alexander Schweitzer (SPD), Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, genau so. „Wir haben uns erneut gemeinsam dazu bekannt, dass wir ganz dringend eine Abschwächung der Kostendynamik bei den Netzentgelten brauchen. Das ist ein wesentlicher Faktor für industrielle Wertschöpfung in ganz Deutschland – bis in den Mittelstand hinein.“
Alexander Schweitzer (SPD) appelliert an die Union
Schweitzer warb in diesem Zusammenhang, ähnlich wie gestern Bundeskanzler Scholz, für einen überparteilichen Konsens der demokratischen Kräfte im Bundestag. „Die Handlungsfähigkeit im Deutschen Bundestag“ müsse trotz anstehender Neuwahlen erhalten bleiben. Es gelte, dort Beschlüsse zu fassen. „Ich finde es auch nicht unanständig, wenn man als Opposition und Regierung an dieser Stelle gemeinsame Entscheidungen trifft.“ Schweitzer wünscht sich sehr, dass es zu einem deutlichen Signal für die Industrie und für die Arbeitsplätze noch vor der Wahl kommt. Es blieben dann immer noch genügend Themen für den Wahlkampf übrig.
Auf Nachfrage erklärte Schweitzer, mit seinem Appell spreche er „ausdrücklich auch die Opposition an“. Es wäre „dringend notwendig“, dass Regierung und Opposition vor der Wahl eine Einigung beim Thema Netzentgelte hinbekämen. Die meisten Bürger*innen „fragen mich nicht, wer hat denn da parteipolitisch Schuld“, wenn es zu keiner Einigung komme, sondern sie sagten: „Kümmert euch mal darum, egal in welcher Verantwortung“, dass das Vorhaben nicht scheitere. „Wir können dieses Land nicht einfrieren, auch wenn Bundestagswahl ist“, betonte Schweitzer. „Das ist mein Appell.“
Kretschmer: „Nicht Fundamentalopposition betreiben“
Auf die Rolle der CDU/CSU bei der Suche nach einem Konsens in dieser Frage angesprochen, erklärte Ministerpräsident Kretschmer: „Demokratische Parteien zeichnet unter anderem aus, dass sie staatsbürgerliche Verantwortung ausüben und nicht Fundamentalopposition betreiben.“ Das gelte für CDU wie CSU. So wie aktuell das Gespräch der Union mit Bundeskanzler Scholz laufe, „wird es auch genau so ausgelebt“.
Ein weiteres wichtiges Thema der Ministerpräsidentenkonferenz war die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland. Hierzu hatten die Regierungschef*innen bei ihrem letzten Treffen im Oktober eine grundsätzliche Einigung über einen umfassenden Reformstaatsvertrag für ARD und ZDF erzielt. Offen geblieben waren dagegen die wichtigen Fragen der Finanzierung. Sie sollten heute in Berlin entschieden werden.
Durchbruch bei Finanzierung von ARD und ZDF
Und man einigte sich: auf einen neuen Finanzierungsmechanismus für ARD und ZDF. Ministerpräsident Alexander Schweitzer, der die Rundfunkpolitik der Länder koordiniert, sprach von einem „beachtlichen Ergebnis“ und einem echten „Durchbruch“. Laut Schweitzer soll das Verfahren zur Gebührenanpassung ab dem 1.1.2027 „schlanker und niedrigschwelliger“ werden. Bei geringfügigen Beitragsanpassungen sollen künftig nicht mehr alle 16 Landesregierungen und Landtage zustimmen müssen. Dieses Verfahren solle nur dann nötig werden, wenn aus einem Land ausdrücklicher Widerspruch komme.
Für die kommenden Jahre 2025 und 2026 soll es nach Schweitzer keine Gebührenerhöhung geben. Die Länder wollen damit nicht der Empfehlung folgen, die Gebühren um 58 Cent zu erhöhen. Der Rundfunkbetrag bleibt damit bei 18,36 Euro. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident bezeichnete dies als „vertretbar und verantwortbar“. Er verwies auf die Sonderrücklage von ARD und ZDF in Höhe von über einer Milliarde Euro, die in diesen zwei Jahren herangezogen werden könne.
Klage von ARD und ZDF in Karlsruhe
Ob das Nein der Ministerpräsident*innen zu einer Erhöhung der Rundfunkbeiträge Bestand hat wird das Bundesverfassungsgericht entscheiden. ARD und ZDF hatten bereits im November dagegen geklagt, dass die Länder die Beiträge für 2025 nicht erhöht hatten.