Scholz' Showdown: So läuft die Vertrauensfrage ab – und das sind die Folgen
Olaf Scholz hat den Antrag auf die Vertrauensfrage gestellt. Am Montag entscheidet der Bundestag darüber. Es gibt zwei Möglichkeiten, wie die Sache ausgeht – mit unterschiedlichen Folgen.
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Showdown im Bundestag: In namentlicher Abstimmung werden die Abgeordneten über die Vertrauensfrage von Olaf Scholz entscheiden.
Mit dem Vertrauen ist das so eine Sache. Man braucht es eigentlich in jeder Art von Beziehung, aber frühzeitig darüber sprechen fällt trotzdem schwer. Olaf Scholz jedenfalls, eigentlich kein Mann öffentlicher Emotionen, war sichtlich angefasst, als er am späten Abend des 6. November vor die Kameras trat, um die politische Beziehung zu seinem Finanzminister zu beenden: „Zu oft hat er mein Vertrauen gebrochen“, sagte er über FDP-Chef Christian Lindner. Das Ampel-Aus war damit besiegelt.
Ein Schritt, der nicht ohne Risiken ist
Am 16. Dezember nun kommt es im Bundestag zur finalen Entscheidung: Der Bundeskanzler stellt 733 Abgeordneten die Vertrauensfrage – auf Drängen der Opposition hin rund einen Monat früher als geplant. Ein Schritt, der nicht ohne Risiken ist. Aber Scholz stellt die Frage in der Erwartung, dass das Parlament ihm das Vertrauen verweigert. Denn SPD und Grüne haben nach dem Ausstieg der FDP keine Mehrheit mehr. Neuwahlen am 23. Februar, so die Hoffnung, sollen der SPD neue Stimmen bescheren und die Mehrheitsverhältnisse im Parlament zugunsten von Bundeskanzler Olaf Scholz verbessern.
Die Vertrauensfrage ist für ihn der einzige Weg zu Neuwahlen. Die Verfassung gestattet es dem Bundestag nicht, sich selbst aufzulösen, auch der Bundespräsident kann das nicht – das sind Lehren aus der Weimarer Republik, als der Reichspräsident dem Nationalsozialismus den Weg ebnete. Das Parlament kann den Kanzler nur entlassen, indem es ihm ein konstruktives Misstrauensvotum ausspricht – dazu müsste sich die Mehrheit der Abgeordneten aber auf einen neuen Kanzler einigen. Für den Kanzlerkandidaten der Union Friedrich Merz reichen die Stimmen nur seiner Fraktion bei Weitem nicht aus.
Es gibt zwei Möglichkeiten, wie die Vertrauensfrage ausgeht
Wie genau es zu Neuwahlen kommt, ist im Grundgesetz geregelt: Mindestens 48 Stunden vor der Abstimmung stellt Scholz einen Antrag. Die Abstimmung im Bundestag kann er an eine Sachfrage knüpfen – so wie Gerhard Schröder (SPD) 2001 mit der Abstimmung über den Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan. Dann gibt es zwei Möglichkeiten.
Erstens: Scholz bekommt, wie gewünscht, keine Mehrheit. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat dann maximal 21 Tage Zeit, den Bundestag aufzulösen. Artikel 39 Absatz 1 Satz 4 gibt vor, dass die Neuwahl innerhalb von 60 Tagen nach Auflösung des Bundestages stattfinden muss. Die Fraktionen haben sich vorab auf den 23. Februar geeinigt. Bis sich ein neuer Bundestag konstituiert hat, regiert Rot-Grün mit einer Minderheitsregierung und braucht für jedes Gesetzesvorhaben Stimmen aus der Opposition. Der Bundestag ist weiterhin beschlussfähig. Auch wenn Rot-Grün keinen Haushalt für 2025 aufgestellt hat, werden beschlossene Projekte finanziert.
Zweitens: Scholz könnte die Vertrauensfrage gewinnen. Dazu müssten zusätzlich zur rot-grünen Koalition 42 Abgeordnete für ihn stimmen. Aus den Reihen der AfD wurde so eine Absicht geäußert,– aus rein taktischen Gründen, um Chaos zu stiften. Um das zu umgehen, könnten sich Sozialdemokraten in der Abstimmung enthalten. So haben sie 1972 bei Willy Brandt und 2005 Gerhard Schröder den Weg zu Neuwahlen geebnet.
Würde Scholz gegen seinen Willen die Vertrauensfrage gewinnen, müsste er sie wohl ein zweites Mal stellen – schließlich will er ja Neuwahlen herbeiführen. Dass ein Kanzler die Vertrauensfrage in der Absicht stellt, sie zu verlieren, war in der Vergangenheit nicht unumstritten.