Bei ARD und ZDF droht ein Kahlschlag: Das kommt auf die Zuschauer zu
Eigentlich sollten zum Ende des Jahres die Rundfunkgebühren steigen, aber die Länder haben dem bislang nicht zugestimmt. Stattdessen wollen sie den den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland reformieren. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
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Bunter Auftritt von ARD, ZDF, 3Sat und Arte auf der Leipziger Buchmesse 2024: Ab 2025 dürfte es im öffentlich-rechtlichen Rundfunk Deutschlands wesentlich weniger Vielfalt geben.
Warum wollen die Ministerpräsident*innen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland reformieren?
Für die Medien sind laut Grundgesetz weitgehend die Bundesländer zuständig und nicht der Bund. Deshalb haben sich die Regierungschef*innen der Länder auf ein gemeinsames Reformpapier verständigt. Ihr Ziel: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk (ÖRR) soll schlanker, effektiver und kostengünstiger werden. Auf 112 Seiten haben sie ihre Vorschläge zusammengefasst. Diese betreffen die Strukturen des ÖRR, nicht seine Inhalte. Die sind durch die Rundfunkfreiheit des Grundgesetzes ausdrücklich geschützt vor Eingriffen der Politik.
Zahlreiche TV-Sender sollen laut Reformpapier wegfallen. Welche?
Betroffen sind vor allem so genannte Spartensender. Sie haben kein Vollprogramm, wie etwa ARD und ZDF, sondern beschränken sich auf ein Thema oder eine Zielgruppe. Das sind zum Beispiel Informations- und Nachrichtensender oder Kinderkanäle. So sollen die Inhalte des deutsch-österreichisch-schweizerischen Kultursenders 3Sat „teilweise oder vollständig“ in das Programm des deutsch-französischen Kanals Arte „überführt werden“, so das Reformpapier. Das könnte kompliziert werden, weil bei 3Sat und Arte auch ausländische Partnersender betroffen sind, die bereits Widerstand signalisiert haben. Darüber hinaus sollen auch Info- und Dokumentationssender zusammengelegt werden, wie etwa Phoenix, tagesschau24, ARD-alpha und ZDFinfo. Noch ist unklar, ob zu zwei oder nur noch zu einem einzigen Sender.
Was soll mit den Radioprogrammen geschehen?
Die Zahl der Hörfunkprogramme soll von derzeit 70 auf 53 reduziert werden. Welche Programme genau wegfallen, sollen die einzelnen ÖRR-Sender selbst entscheiden. Grundsätzlich soll jede Rundfunkanstalt vier Hörfunkprogramme haben können.
Sind auch Verbesserungen des Angebotes der ÖRR geplant?
Ja. Die Politik sieht ein Problem darin, dass der ÖRR zu wenig junge Menschen erreicht. Deshalb soll es für eine neue gemeinsame Online-Plattform von ARD und ZDF künftig mehr Geld geben. „Wenn etwas Neues geschaffen wird, muss man auch manchmal alte Zöpfe abschneiden“, argumentiert die Koordinatorin der Rundfunkkommission der Länder, Heike Raab (SPD).
Wie soll es generell mit den Internetangeboten weitergehen?
Seit Jahren kritisieren die Verleger*innen in Deutschland, die Online-Angebote der ÖRR seien zu umfangreich und wären mittlerweile „presseähnlich“. Dieser Kritik folgen die Ministerpräsident*innen in ihrem Reformpapier: Künftig sollen die Texte in den Online-Angeboten des ÖRR deutlich kürzer werden. Auch müssen sie einen engeren Bezug haben zu vorher im Fernsehen oder Radio des ÖRR gesendeten Beiträgen. Heike Raab begründet dies damit, dass der Sendungsbezug von den öffentlich-rechtlichen Sendern gegenwärtig „sehr extensiv ausgelegt“ werde. Man habe sich bewusst für „sehr scharfe Formulierungen" entschieden. Denn: „Manchmal muss man eine scharfe Formulierung finden, damit sich an anderer Stelle etwas bewegt."
Welche Folgen hätte das in der Praxis?
Viele Redakteur*innen des ÖRR befürchten eine starke Beschneidung ihrer Arbeit, etwa bei aktuellen Nachrichten. Danach könnte künftig bei wichtigen Eilmeldungen nur noch eine einzige Schlagzeile veröffentlicht werden, ohne weitere Informationen. Diese könnte es erst dann geben, wenn Fernseh- oder Radiosendungen bereits über den Inhalt der Eilmeldung berichtet haben. Das würde die Versorgung mit aktuellen Informationen deutlich einschränken.
Wo gibt es keine Veränderungen?
Bei den nationalen Vollprogrammen soll alles bleiben, wie es ist: Das gilt im Fernsehen für ARD und ZDF und im Radio für „Deutschlandfunk“, „Deutschlandfunk Kultur“ und „Deutschlandfunk Nova“.
Was soll mit den Rundfunkbeiträgen der Gebührenzahler*innen geschehen?
In dem bis jetzt veröffentlichten Reformpapier gibt es dazu keine konkreten Angaben. Vermutlich, weil man sich im Vorfeld nicht einigen konnte. Besonders in Ostdeutschland gibt es große Vorbehalte gegen eine Erhöhung der Rundfunkgebühr. Bayern hat bereits angekündigt, einer Erhöhung nicht zuzustimmen. Damit sie in Kraft tritt, ist bisher Einstimmigkeit der 16 Bundesländer nötig. Diese Veto-Macht könnte aber in Zukunft reduziert werden. Ein Einspruch der Länder gegen eine Erhöhung des Beitrags solle zwar weiterhin möglich sein, so Heike Raab (SPD), das Veto eines einzelnen Landes würde aber nicht mehr für eine Komplettblockade ausreichen. Die Bundesländer überlegten, stattdessen eine „moderate Beitragserhöhung“ per Verordnung umzusetzen. Das Ganze dürfte ein wichtiges Thema auf der Ministerpräsidentenkonferenz am 24. und 25. Oktober in Leipzig werden.
Was passiert, wenn die Rundfunkbeiträge nicht angepasst werden?
Dann hätten die öffentlich-rechtlichen Sender die Möglichkeit, eine Erhöhung vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe einzuklagen, so wie es ihnen bereits 2021 gelungen ist. Der ÖRR hat laut Verfassungsurteil nämlich nicht nur eine Pflicht zur medialen Grundversorgung der Bevölkerung, sondern auch einen Anspruch auf eine auskömmliche Finanzierung als Folge der höchstrichterlichen Bestands- und Entwicklungsgarantie.
Wie reagiert der ÖRR auf die Vorschläge der Ministerpräsident*innen?
Im ÖRR sieht man die Notwendigkeit für Reformen, kritisiert aber die geplante deutliche Einschränkung des Angebotes für die Gebührenzahler*innen. Für sie sei die Reform ein Verlust und oft auch eine Zumutung, so der ARD-Vorsitzende Kai Gniffke. ZDF-Intendant Norbert Himmler kritisiert, dass ausgerechnet in so politisch unruhigen Zeiten gesellschaftlich wichtige und erfolgreiche Sender gestrichen werden sollen. Er befürchtet einen Verlust an Vielfalt. Die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Redaktionsausschüsse warnt, die Schwächung des ÖRR werde nur den Gegnern der Meinungsfreiheit und den Populisten helfen.
Wie geht es weiter mit der Reform?
Die Ministerpräsident*innen Länder wollen sich am 24. und 25. Oktober auf ihrer Jahreskonferenz in Leipzig auf einen gemeinsamen Reformstaatsvertrag für den ÖRR einigen.
Wann kann die Reform in Kraft treten?
Damit sie gültig wird, müssen ihr alle 16 Landtage zustimmen. Das soll im Laufe des Jahres 2025 erfolgen.
"Die Politik sieht ein…
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weniger könnte mehr sein, wichtig ist dann zu entscheiden, welch
e Sender verzichtbar sind. § sat und ARTE nebeneinander, das ist des guten zuviel. Wichtig sind auch die Spartensender One, z.B. zu und zu schön, hier beispielsweise die Serien der Kinderhit in Endlosschleife sehen zu können. MIT SCHIRM, CHARME UND MELONE, ein Gassenhauer seinerzeit und auch heute noch in jeder Beziehung hervorragende Unterhaltung.
Kahlschlag beim ÖRR
Wenn das so kommt, dann sehe ich keinen Grund mehr, überhaupt noch den Fernseher anzumachen. Urteil: Thema verfehlt. Es ist bezeichnend, dass genau die Sender (ARTE, 3Sat, Phönix, Tagesschau24, alpha, etc.) zur Debatte stehen, die überhaupt noch Bildungs- und Informationscharakter haben. Dann brauche ich auch keine Gebühren mehr zu bezahlen, was ich bisher (noch) klaglos gemacht habe. Als ob es keine anderen Sparmöglichkeiten gäbe, hier kann ich nachhelfen: Weniger Tatorte und überhaupt die Krimiflut eindampfen (inzwischen gibt es aus jedem Kaff welche), Talk Shows absetzen, auf teure Sportrechte verzichten, seichte und unsägliche Shows streichen etc. etc. Da käme schön was zusammen!
ich bitte doch um etwas Zurückhaltung, denn
Sendungen ROSAMUNDE PILCHER sind doch so erfolgreich, weil sie die Massen so sehr beeindrucken, was PANORAMA , um ein Beispiel zu geben, nicht kann. Wir brauchen aber beides, und müssen darauf achten, dass überhaupt noch Fernsehpublikum nachwächst. Dazu muss vornehmlich auf Massentauglichkeit geachtet werden. Abstriche in Sachen Qualität sind unvermeidbar, und wir müssen darauf achten, den Rundfunk generell am Leben zu halten, denn darauf haben wir Zugriff (Rundfunkrat), auf die privaten Medien oder gar die Onlineangebote via X usw überhaupt nicht. Wenn wir den Rest, also den ÖRR nun auch noch aus der Hand geben, stehen wir sprichwörtlich Blank da
Kahlschlag ?
Der hat doch schon längst stattgefunden. Viele in meinem persönlichen Umfeld halten die "Nachrichten" des ÖRR für unglaubwürdig und maximal einseitig. Das "wir sind die Demokraten" Geplärre wollen die nicht mehr hören. In allen Lebensbereichen wird Vielfalt, oder auf anglersächsisch "Divöörsitie" verlangt - aber auf keinen Fall bei Meinungen.
Es sind UNSERE Gebührengelder von denen der Herr Kniffke und seine Leute bezahlt werden.
Was waren das für Zeiten als man in, auch hitzigen, Diskussionen um die passende Einschätzug rang ?
"Wissen ist Macht"
Seichtes Programm gibt es bei den privaten Sendern mehr als genug. Bleib zu hoffen, dass nicht am falschen Ende gespart wird.