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Ausschuss-Vorsitzende im Bundestag: „Enorme Bedenken gegen AfD-Abgeordnete“

Die AfD darf im Bundestag künftig in sechs Ausschüssen den Vorsitz führen. Ob ihre Abgeordneten aber auch gewählt werden, bezweifelt der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Dirk Wiese. Und den Rechtsextremen droht wohl noch eine weitere Niederlage.

von Kai Doering · 19. Mai 2025
Gesamtansicht des Europaausschusses des Bundestags von oben

Ausschuss im Bundestag: Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Dirk Wiese, glaubt nicht, dass AfD-Abgeordnete zu Vorsitzenden gewählt werden.

In der vergangenen Woche hat der Bundestag die 24 Ausschüsse für die kommende Legislatur festgelegt. Wobei haben Sie sich dabei leiten lassen?

Ausschlaggebend bei der Einsetzung der Ausschüsse ist immer das sogenannte Spiegelbildlichkeitsprinzip. Die Ausschüsse richten sich nach den Ministerien und ihren jeweiligen Zuschnitten. Da es dort einige Änderungen gab – beispielsweise gibt es ja jetzt ein Ministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung – haben wir das auch bei der Einrichtung der Ausschüsse nachvollzogen. Darüber hinaus gibt es auch noch einige Ausschüsse, die vom Grundgesetz vorgeschrieben sind, den Petitionsausschuss etwa.

Dirk
Wiese

Gerade mit Saskia Esken als Vorsitzende für den Ausschuss Familie und Bildung, aber auch mit dem Forschungsausschuss für Karl Lauterbach, werden wir eine deutliche Sichtbarkeit der SPD erleben.

Die SPD hatte ein Vorschlagsrecht für fünf Ausschüsse und hat sich für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung entschieden, den Ausschuss für Sport und Ehrenamt, den Bildungs- und Familienausschuss, den Gesundheitsausschuss sowie den Ausschuss für Forschung, Technologie, Raumfahrt und Technikfolgenabschätzung. Warum gerade diese Ausschüsse?

Das Zugriffsrecht bei der Ziehung der Ausschüsse richtet sich nach der Stärke der Fraktionen. Das heißt, die CDU hatte das erste Zugriffsrecht und konnte als erstes entscheiden, welchen Ausschuss sie nimmt. Danach war die AfD an der Reihe und dann wir. Uns war wichtig, dass wir in den Bereichen Ausschussvorsitzende haben, in denen wir nicht die Ministerinnen und Minister stellen. Gerade mit Saskia Esken als Vorsitzende für den Ausschuss Familie und Bildung, aber auch mit dem Forschungsausschuss für Karl Lauterbach, werden wir eine deutliche Sichtbarkeit der SPD erleben.

Dirk Wiese

ist Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion und Mitglied des Ältestenrats des Bundestags. In der vergangenen Legislatur war er stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion.

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Die CDU stellt den Außenminister und hat sich trotzdem auch für den Auswärtigen Ausschuss entschieden, obwohl hier unter anderem der frühere SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich Interesse angemeldet hatte. Wie kam es dazu?

Die Union hatte, wie gesagt, als stärkste Fraktion das Erstzugriffsrecht bei der Ziehung der Ausschüsse. Und sie hatte für sich als Priorität festgelegt, dass sie den Auswärtigen Ausschuss zieht. Vorsitzender soll der frühere Kanzlerkandidat und nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet werden. Wir hatten da durchaus andere Gedanken innerhalb der SPD-Bundestagsfraktion und ich hätte mir auch eine andere Lösung gewünscht. Aber wir waren nun mal erst an dritter Stelle dran mit der Ziehung.

Die AfD-Fraktion hatte das Vorschlagsrecht für sechs Ausschüsse und hat sich unter anderem für den Vorsitz des Innenausschusses entschieden und auch für den für Recht und Verbraucherschutz. Sehen Sie da Konflikte, nachdem die AfD gerade vom Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft worden ist?

Die AfD-Fraktion hat diese Ausschüsse gezogen, aber wir haben auch sehr deutlich gemacht, dass wir enorme Bedenken gegen AfD-Abgeordnete in dieser Position haben. Dass die AfD Ausschussvorsitzende zieht, ist ihr demokratisches Recht. Das bedeutet jedoch nicht automatisch, dass die vorgeschlagenen Abgeordneten auch gewählt werden. Die Kolleginnen und Kollegen, die sich bewerben, müssen in einem demokratischen Verfahren eine Mehrheit des Ausschusses hinter sich bringen. Und das sehe ich bei der AfD nicht. In der Vergangenheit hat es auch bereits Vorsitzende der AfD von Ausschüssen gegeben, die nachträglich wieder abgewählt worden sind, um Schaden von der Funktion als Ausschussvorsitzender abzuwenden, weil sie sich in dieser verantwortlichen Position unqualifiziert und hetzerisch geäußert haben.

Dirk
Wiese

Es gibt sehr gute Gründe, dass die SPD ihren Otto-Wels-Saal behält.

Wer führt in einem solchen Fall den entsprechenden Ausschuss?

Jeder Ausschussvorsitzende hat einen Stellvertreter. Und wenn der Ausschussvorsitz nicht besetzt ist, der Ausschussvorsitzende krank oder anderweitig verhindert ist, dann wird die Sitzung durch den stellvertretenden Vorsitzenden beziehungsweise die stellvertretende Vorsitzende geleitet. Das ist auch über einen längeren Zeitraum problemlos möglich. Sollte auch der Stellvertreter verhindert sein, so übernimmt der oder die Dienstälteste Kollege oder Kollegin. 

Der Ältestenrat des Bundestags, in dem Sie für die SPD-Fraktion Mitglied sind, entscheidet auch über die Raumvergabe im Parlament. Ist schon klar, ob die SPD ihren Otto-Wels-Saal behalten kann, auf den die AfD-Fraktion ja Ansprüche angemeldet hat?

Die Raumvergabe wird final in dieser Woche geklärt. Es gibt sehr gute Gründe, dass die SPD ihren Otto-Wels-Saal behält. Wir sind nach der Bundestagswahl zwar weniger Kolleginnen und Kollegen geworden. Aber auf der anderen Seite sind wir Regierungsfraktion. Und als solche ist es für den kurzen Draht wichtig, dass unser Fraktionssaal ganz in der Nähe von dem der CDU/CSU-Fraktion ist. Hinzu kommt, dass auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus den Ministerien an unseren Fraktionssitzungen teilnehmen. Deshalb haben wir auch nicht weniger Raumbedarf als in früheren Legislaturperioden. Der AfD-Abgeordnete Stephan Brandner hat ja bereits ein sehr fragwürdiges Video aufgenommen, in dem er in den Otto-Wels-Saal einzieht. Ich hoffe, er wird nicht auf den Kosten sitzen bleiben, wenn er das Umzugsunternehmen wieder abbestellen muss.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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