IMAGO / Zoonar
Angriffe auf Kommunalpolitiker*innen gefährden akut die Demokratie.
„Wir sind direkt dran, wenn die Demokratie in Gefahr gerät, weil sie bei uns – in den Gemeinden und in den Stadträten – in Gefahr gerät“, sagt Barbara Lüke, Bürgermeisterin der Stadt Pulsnitz in Sachsen in einem Pressegespräch zur Bedrohungslage in der Kommunalpolitik. Lüke spielt dabei auf eine Entwicklung an, die seit geraumer Zeit für mehr und mehr Schlagzeilen sorgt.
Denn Kommunalpolitiker*innen in ganz Deutschland werden immer häufiger zum Ziel antidemokratischer Attacken. Im Rahmen einer Umfrage der Heinrich-Böll-Stiftung in knapp 80 Städten berichteten bereits 2022 rund 60 Prozent der Befragten von Beleidigungen, Bedrohungen oder Übergriffen. Das hat offenbar auch konkrete Konsequenzen für die Demokratie: Etwa ein Drittel der Befragten gab nämlich an, sich deshalb seltener zu bestimmten Themen in der Öffentlichkeit zu äußern.
Für manche wird die Belastung unerträglich
Auch für Barbara Lüke hatte das Amt der Bürgermeisterin bereits Konsequenzen. So berichtet sie beispielsweise, dass ihre Tochter bedroht wurde, von Fackelzügen vor ihrem Privatgrundstück, und der gezielten, jahrelangen Behinderung der Arbeit im Stadtrat. Mehrere Stadträte hätten ihr Amt irgendwann aus Frust niedergelegt, die Angriffe seien „lähmend“, so Lüke.
Nicht alle hätten die Kraft, dieser Lähmung standzuhalten. „Viele geben dann auf“, erklärt Barbara Lüke. Gerade kürzlich hatte der vorzeitige Rücktritt des mittelsächsischen Landrats Dirk Neubauer für Aufsehen gesorgt. Neubauer hatte seinen Rücktritt neben dem mangelnden Rückhalt aus der Bevölkerung auch mit der Bedrohungslage gegen seine Person begründet.
Auch Torsten Pötzsch, Oberbürgermeister der sächsischen Kreisstadt Weißwasser, zog vor wenigen Monaten seine Kandidatur für die Bürgermeisterwahl im September zurück. Er berichtet von Drohbriefen und Dienstaufsichtsbeschwerden. Von diesen habe er sich jedoch nicht unterkriegen lassen.
Doch dann seien über einen längeren Zeitraum immer wieder falsche Gerüchte über sein Privatleben in Umlauf gebracht worden, die die Lage bis ins Unerträgliche verschlimmert hätten. „Das hat so weit geführt, dass sich meine Freundin letztlich von mir getrennt hat“, erzählt Pötzsch. Auch wegen der beiden gemeinsamen Kinder sei das eine besonders herausfordernde Situation für ihn gewesen. „Nach wenigen Wochen hat sich das auf meine Gesundheit gelegt“, so Pötzsch. Er sei in seiner gesamten Amtszeit immer „kerngesund“ gewesen, habe dann aber „aus dem Nichts“ zwei Bandscheibenvorfälle erlitten und musste operiert werden. Eine weitere Amtszeit erscheine ihm nun wegen all dieser Belastungen nicht mehr möglich.
Bürokratische Mittel sollen demokratische Prozesse erschweren
Drohbriefe, bewusst gestreute, falsche Gerüchte und Anfeindungen betreffen demnach insbesondere das Privatleben von Kommunalpolitiker*innen. Doch antidemokratische Akteure wenden ebenso regelmäßig verwaltungsbürokratische Mittel an, um die demokratischen Prozesse in einer Gemeinde zu erschweren.
Besonders häufig sind dabei Dienstaufsichtsbeschwerden. Regelmäßige Beschwerden dieser Art werden für viele Betroffene zu Hindernissen, gegen die man nur mit erheblichem bürokratischem Mehraufwand ankomme. Die Verwaltung werde regelrecht „lahmgelegt“, berichten Betroffene bei dem Pressegespräch.
Oftmals erstehe dadurch ein Teufelskreis: Durch die Dienstaufsichtsbeschwerden habe man weniger Kapazitäten, um sich um die akuten Belange der Bürger*innen zu kümmern. Dadurch entstehe innerhalb der Gemeinde jedoch nicht selten ein Eindruck von Inkompetenz, der von anderen dafür genutzt werde, das Vertrauen in die Demokratie zu untergraben.
Direkte Auswirkungen auf die Gemeinde
Auch Barbara Lüke beobachtet in ihrer Gemeinde seit geraumer Zeit eine wachsende antidemokratische Stimmung. Immer mehr erlebe sie, dass Menschen Demokratie als „zu anstrengend“ empfänden.
Viele Gemeinden sind mittlerweile stark gespalten. Das sagt auch Thomas Zschornak über das sächsische Nebelschütz, wo er über 20 Jahre lang Bürgermeister war. Viele Kommunalpolitiker*innen berichten zudem, wegen der zunehmenden Polarisierung der Bevölkerung werde ein demokratischer Austausch immer seltener. Der dominierende Eindruck: Die Bürger*innen reden nicht mehr miteinander. Auch das befeuere die aufgeheizte Stimmung vielerorts, die sich dann an den politisch Aktiven entlade.
Bessere Vernetzung
Trotz aller Abwärtstrends und antidemokratischer Tendenzen bleiben viele Kommunalpolitiker*innen motiviert, sich für den Erhalt der Demokratie einzusetzen. Insbesondere der Bedarf an Netzwerken ist hoch. „Die, die uns bedrohen, sind vernetzt – ich versuche seit Jahren, uns zu vernetzen“, sagt Martina Angermann. Die ehemalige Bürgermeisterin von Arnsdorf in Sachsen ist froh, dass das nun auch endlich durch verschiedene Initiativen, Foren und Aktionen passiere. Angesichts antidemokratischer Angriffe müsse man zusammenhalten, nur so bleibe die Demokratie wehrhaft.
Anfeindungen
Viele Kommunalpolitiker, von denen die Meisten wohl auch sehr engagiert für die Belange der Gemeinden und der Bevölkerung eintreten, werden ungerechter Weise für eine Politik verantwortlich gemacht für die sie nichts können. Sich als Sozialdemokrat zu outen ist in Zeiten in denen eine SPD-geführte Regierung das Gegenteil von dem tut was sie vor 3 Jahren versprochen hat.
Zur Verrohung der Sprache: Wer hat denn Teile der Bevölkerung als Covididoten etc. bezeichnet (speziell wenn sich jetzt anhand der RKI Protokolle herausstellt, daß ernsthafte Wissenschaftler viele politisch verordnete Maßnahmen nicht unterstützen wollten).
"Wer hat denn Teile der…
"Wer hat denn Teile der Bevölkerung als Covididoten etc"
Das war die SPD-Parteivorsitzende Saskia Esken, die es bis heute nicht für notwendig erachtet, sich dafür zu entschuldigen. Für mich war diese Beleidigung zusammen mit den "Nazis raus"- Rufen von Linken bei den Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen übrigens der Hauptgrund für meine Abkehr vom linken Spektrum.
"speziell wenn sich jetzt anhand der RKI Protokolle herausstellt, daß ernsthafte Wissenschaftler viele politisch verordnete Maßnahmen nicht unterstützen wollten"
Genau deshalb scheut die Ampel-Regierung ja eine Aufarbeitung wie der Teufel das Weihwasser.