Inland

Angriff auf SPD-Mitglieder: Junge Rechtsextreme zu Haftstrafen verurteilt

Im vergangenen Dezember hatten vier junge Rechtsextreme zwei SPD-Mitglieder in Berlin angegriffen und krankenhausreif geprügelt. Am Donnerstag wurden sie zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Zumindest bei zweien ist aber offen, ob sie die Haft tatsächlich antreten müssen.

von Oliver Kreuzfeld · 19. Juni 2025
Angeklagte Rechtsextremisten vor Gericht in Berlin

Angeklagte Rechtsextremisten vor Gericht in Berlin: Im vergangenen Jahr hatten sie zwei SPD-Wahlkämpfer*innen attackiert.

Die vier jungen Rechtsextremen, die im vergangenen Dezember in Berlin zwei SPD-Mitglieder und dann Polizisten angegriffen hatten, sind nach Jugendstrafrecht zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Bei zwei Männern wurde die Vollstreckung jedoch zurückgestellt. Der Richter sprach von einer „erheblichen Straftat“.

Die Staatsanwaltschaft hatte höhere Strafen gefordert

Verurteilt wurden die vier jungen Männer wegen gefährlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung. Bei drei der Angeklagten kam es noch zu weiteren Straftaten: Sie wurden zusätzlich wegen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte verurteilt, zwei von ihnen wegen Beleidigung der herbeieilenden Polizisten.

Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft noch höhere Strafen für die jungen Rechtsextremen im Alter zwischen 17 und 20 Jahren gefordert: zwischen zwei Jahren und sechs Monaten bzw. drei Jahren und vier Monaten. Es habe sich bei dem Angriff im Dezember 2024 klar um eine „politische motivierte Tat“ gehandelt, so die Staatsanwältin, sie seien zudem mit „äußerster Brutalität“ vorgegangen.

Gekommen, um sich zu prügeln

Sie suchten „Stress“ sowie klar die „körperliche Auseinandersetzung“, hieß es in dem Plädoyer der Strafverfolgungsbehörde. Sie seien mit Gewaltbereitschaft nach Berlin gereist. Elias U., einer der Männer, der am brutalsten vorging, schrieb einer Freundin, dass er jetzt so richtig bei den Rechten angekommen sei und sicherlich eine Nacht im Gefängnis verbringen werde. Die Nachricht verschickte er wohlgemerkt vor der Fahrt nach Berlin.

Dass die Rechtsextremen klar auf Gewalt aus waren, wurde im Zuge der viertägigen Verhandlung mehrfach deutlich. Am zweiten Verhandlungstag wurden die beiden Polizeibeamten, die zufällig vor Ort waren, als Zeugen vernommen – sie ließen keinen Zweifel an der Aggressivität der vier Männer aus Sachsen-Anhalt. „Wir sind hier hergekommen, um uns zu prügeln“, hatte einer der Angeklagten der Polizistin entgegen gebrüllt. Dass das keine hohle Phrase war, ist sie sich sicher: „Die waren ziemlich kampfbereit.“

Rote SPD-Mützen waren Auslöser

Im Dezember vergangenen Jahres waren die Angeklagten auf dem Weg zu einer rechtsextremen Demonstration in Berlin, organisiert vom früheren AfD-Politiker Ferhat Sentürk. Doch Elias U. hatte im Zug geraucht und nachdem der Schaffner während der Fahrt bereits einmal mit der Gruppe aneinandergeraten war, schmiss er sie diesmal aus dem Zug.

Allerdings am Bahnhof Lichterfelde Ost im Südwesten Berlins und somit einige Kilometer vor ihrem eigentlichen Ziel. Dort trafen die Angeklagten dann recht schnell auf die beiden SPD-Mitglieder, die gerade einen Infostand der SPD abgebaut hatten. Sie wollten nach Hause, trugen noch ihre roten SPD-Wollmützen und waren somit gut zu erkennen. Das Ehepaar wollte mit dem Bus weiter, als die Gruppe Rechtsextremer – die zu dem Zeitpunkt aus mehr Personen bestand als den vier Angeklagten – sich ihnen näherte. Dann ging es offenbar sehr schnell.

Körperliche Auseinandersetzung mit Polizei gesucht

„Ich dachte, mein Mann stirbt gleich“, so die Berliner SPD-Kommunalpolitikerin Carolyn Macmillan, die gleich am ersten Verhandlungstag als Zeugin auftrat. Ihr Ehemann wurde als erster attackiert und zu Boden geworfen, auch dort wurde weiter auf ihn eingetreten. Florian K., der mit seinem jüngeren Bruder Pascal K. unterwegs war, soll an jenem Tag Springerstiefel getragen und damit zugetreten haben. Auch Carolyn Macmillan wurde zu Boden geschubst und beleidigt, kam aber mit Blessuren und Prellungen davon.

Auch nachdem deutlich mehr Polizisten vor Ort waren, ließen die deutlich aggressiv auftretenden Heranwachsenden nicht nach. Das verdeutlichen auch Videoaufnahmen der Bodycam eines Polizisten, die im Gerichtssaal abgespielt wurden. Phillipp B., der im Zuge des Prozesses über seinen Anwalt zum Ausdruck brachte, dass er all das bedauere, adressierte an jenem Dezembertag einen Polizisten mit unmissverständlichen Worten: Er solle seine Weste sowie Pfefferspray ablegen, denn er betreibe Kampfsport. Auch mit rassistischen Parolen wurde nicht gespart: Ein Polizeibeamter mit Migrationshintergrund wurde als „Polizei-Ali“ diffamiert.

Als der Mann davon berichtete, entglitt den beiden Brüdern Pascal und Florian K. ein Schmunzeln, nicht das letzte Mal während des Prozesses. Auch zwei Mitarbeitern der Jugendgerichtshilfe, die für ihre Einschätzung sowie Informationen zum familiären Hintergrund der vier Angeklagten zugegen waren, fiel auf, dass die Brüder keinerlei Reue oder Mitleid gezeigt hätten. 

Crystal Meth & Alkohol

Vor allem den beiden Brüdern sowie Elias U., die seit dem Angriff in U-Haft saßen, attestierten die Mitarbeiter teils deutlich zerrüttete familiäre Verhältnisse und eine Reifeverzögerung. Sowohl Florian K. als auch Elias U. hätten sowohl Cannabis als auch Crystal Meth konsumiert, auch Alkohol floss regelmäßig. Alle drei weisen trotz ihres jungen Alters mehrere Einträge im Bundeszentralregister auf.

Allen vier Angeklagten bescheinigte das Gericht eine relativ hohe Chance, wieder Straftaten zu begehen und sprach von negativen Neigungen. Phillipp B. und Pascal K. stehen nach dem Urteil vom Donnerstag zudem unter Vorbewährung. Nach Rechtskraft des Urteils kommt das Gericht nach sechs Monaten erneut zusammen. Sollten die Angeklagten vom Gericht verhängte Auflagen erfüllt haben, wird die Freiheitsstrafe nicht vollstreckt. Kommen sie dem nicht nach, müssten sie wie Elias U. und Florian K. die Haftstrafe antreten.

Der Text erschien zuerst bei „Endstation Rechts“.

Autor*in
Oliver Kreuzfeld

ist Redakteur bei „Endstation Rechts“.

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