Soziale Politik

Equal Pay Day: Warum die Sicherung von Fachkräften nur mit Frauen gelingt

In Deutschland verdienen Frauen weiterhin deutlich weniger als Männer. Das birgt ein verschenktes Potenzial – auch weil Deutschland dringend Fachkräfte braucht. Der Aktionstag „Equal Pay Day“ macht darauf aufmerksam.

von Finn Lyko · 6. März 2024
Der "Equal Pay Day" soll auf die ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern aufmerksam machen.

Der "Equal Pay Day" soll auf die ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern aufmerksam machen.

„Irgendwann, liebe Frauen, stehen wir hoffentlich am ersten Januar hier und können den Equal Pay Day wirklich feiern!“ Darauf hofft die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) Yasmin Fahimi bei der Kundgebung des DGB zum sogenannten Equal Pay Day – dem Tag, bis zu dem Frauen, gemessen am Lohngefälle zwischen den Geschlechtern, im Vergleich zu Männern unbezahlt arbeiten würden. In diesem Jahr fällt er auf den sechsten März – von Feierstimmung könne also nicht die Rede sein, erklärt Fahimi.

Auch wenn sich der Equal Pay Day hierzulande in den letzten zehn Jahren um zwei Wochen nach vorne verschoben hat, verdienen Frauen in Deutschland weiterhin 18 Prozent weniger als Männer. Im europäischen Vergleich liegt Deutschland nach Angaben des Statistischen Bundesamts an viertletzter Stelle sowie unter dem EU-Durchschnitt von 13 Prozent. „Das macht nochmal deutlich, was wir da eigentlich zu tun haben“, betont auch Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen). Mit dem Ziel des Koalitionsvertrags vor Augen, bis 2030 die Gleichstellung der Geschlechter zu erreichen, seien solche Zahlen „nach wie vor ein Rückschlag“.

Lohntransparenz und Tariftreue für mehr finanzielle Gleichstellung

Um dieser Ungleichheit entgegenzuwirken, brauche es gesetzliche Maßnahmen. Die europäische Entgelttransparenzrichtlinie, die die Rechte von Beschäftigten beispielsweise durch einen Auskunftsanspruch über die Entlohnung von Kolleg*innen stärken soll, sei hier ein wichtiger Schritt, so die Familienministerin. Denn im Gegensatz zum bisherigen deutschen Entgelttransparenzgesetz, das nur für Betriebe ab einer bestimmten Größe greift, gelte diese Richtlinie, sobald in nationales Recht umgesetzt, für „jede Frau in jedem Betrieb“.

Doch auch Tarifverträge spielen in der finanziellen Gleichstellung eine große Rolle. Sie seien das Fundament fairer Bezahlung – hebt Leonie Gebers, Staatssekretärin des Bundesarbeitsministeriums, hervor. Der Gender Pay Gap würde durch Tarifverträge deutlich verringert, da Tarifbindung mit Lohngerechtigkeit automatisch einhergehe. Deshalb werde das Bundesarbeitsministerium auch ein Bundestariftreuegesetz vorlegen.

„Gleicher Lohn und gleiche Arbeit“

Dem bekannten Spruch „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ setzt die Antidiskriminierungsbeauftragte Ferda Ataman entgegen, es müsse „gleicher Lohn und gleiche Arbeit“ heißen. Denn bisher sei es so, dass Frauen auch deshalb im Durchschnitt weniger verdienten, da sie überproportional häufig in schlechter bezahlten Jobs arbeiten. Das sei keine Lebensentscheidung, betont Ataman, sondern sei durch konkrete „strukturelle Situationen und Diskriminierungen in Deutschland“ bedingt. Diese Diskriminierung am Arbeitsmarkt abzubauen, sei ein wichtiger Bestandteil im Kampf für gleiche Bezahlung.

Fairness und Geschlechtergerechtigkeit gegen den Fachkräftemangel

Die Höhe des Gender Pay Gaps lasse sich zudem dadurch erklären, dass Frauen häufig in Teilzeit arbeiten, da sie einen hohen Anteil der unbezahlten Sorgearbeit leisten. „Dass Frauen nach wie vor den großen Teil der Care-Arbeit übernehmen, ist nicht nur ungerecht, sondern schadet auch unserer Wirtschaft“, so Leonie Gebers. Denn gerade mit Blick auf den Fachkräftemangel liege hier ein unausgeschöpftes Potenzial – würden die derzeit in Teilzeit angestellten Frauen im Schnitt 10 Prozent mehr arbeiten, entspräche das 500.000 Vollzeitstellen. Voraussetzung dafür sei jedoch eine geschlechtergerechte und faire Arbeitswelt. Gebers betont: „Fachkräftesicherung gelingt nur mit Frauen“.

Letztendlich gehe es auch am Equal Pay Day um die Frage der Selbstbestimmung der Frauen in Deutschland, so fasst es Yasmin Fahimi zusammen. Es gehöre zur ganzen Wahrheit, dass „wir beim Thema Gleichberechtigung in diesem Land viel zu tun haben.“ Sie hoffe nun auf starke politische Signale in diesem Jahr, damit sich die Lohnlücke vielleicht schon zum nächsten Jahr ein bisschen weiter schließe.

Autor*in
FL
Finn Lyko

ist Volontärin in der vorwärts-Redaktion.

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