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Was das Ehegattensplitting mit dem Fachkräftemangel zu tun hat

Was hat das Ehegattensplitting mit Fachkräftemangel zu tun? Einiges, sagt nicht nur DGB-Chefin Yasmin Fahimi. Sie plädiert für die Abschaffung und steht damit nicht alleine.
von Vera Rosigkeit · 12. Oktober 2022
Gegen den zunehmenden Fachkräftemangel hilft auch die Erwerbstätigkeit von Frauen zu erhöhen
Gegen den zunehmenden Fachkräftemangel hilft auch die Erwerbstätigkeit von Frauen zu erhöhen

Eine Ausbildungsgarantie schaffen, Weiterbildung stärken, ein Qualifizierungsgeld und Bildungszeit einführen: all das sind Maßnahmen, um dem Fachkräftemangel in Deutschland zu begegnen. „Wir brauchen jede helfende Hand und jeden klugen Kopf“, hatte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) im September beim Fachkräftegipfel der Bundesregierung erklärt. Als ein Teil der Lösung wird die Zuwanderung von Fachkärften aus dem Ausland gesehen, weshalb Heil das Einwanderungsrecht modernisieren will. Wie ein gezieltes Anwerben aus dem Ausland aussehen kann, dafür hatte Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) am Mittwoch ein Beispiel gegeben und ein Pilotprojekt in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bahn AG vorgestellt.

Abschaffung des Ehegattensplittings

Wenn die Bundesregierung am heutigen Mittwoch ihre Fachkräftestrategie verabschiedet, wird es auch darum gehen, Potenziale im eigenen Land zu heben, und das sind neben jungen Menschen ohne Ausbildung auch Frauen, die in Teilzeit oder Minijobs verharren. Deshalb fordert DGB-Chefin Yasmin Fahimi die Abschaffung des Ehegattensplittings: „Der Steuervorteil für Eheleute mit Gehaltsunterschieden ist ein Anreiz für viele Frauen, ihre Erwerbsarbeit nicht auszuweiten und in einem Teilzeitjob zu verharren“, sagte sie der Rheinischen Post. Sie plädiert dafür, Erwerbsarbeit und Weiterbildung für Frauen attraktiver zu machen und sieht „Hemmnisse“ in der „Steuerklasse fünf oder Minijobs“. Der Wegfall des Ehegattensplittings soll dabei allerdings in Anerkennung bestehender Lebensmodelle erfolgen, „also mit Übergangsregelungen“, so Fahimi.

Mit der Abschaffung des Ehegattensplittings greift Fahimi eine Forderung auf, für die sich auch SPD-Frauen stark machen: „Beim Ehegattensplitting und bei der eigenen Existenzsicherung von Frauen werden wir nicht locker lassen“, sagte Co-Chefin Maria Noichl in einem Interview mit dem „vorwärts“ zum internationalen Frauentag. Und ihre Co-Vorsitzende Ulrike Häfner betonte: „Wir haben bei den Frauen immer noch ein Dreieck der Armut durch das Ehegattensplitting, kombiniert mit der kostenlosen Mitversicherung beim Ehepartner und das Locken in die Minijobs. Diese Kombi ist ein Magnet, der die Frauen vom Job wegzieht.“

Steuerrecht begünstigt Teilzeit- und Minijobs

Hintergrund: Die Juristin Ulrike Spangenberg erklärte im vorwärts-Interview, dass sowohl das Ehegattensplitting als auch die Steuerklasse V dazu führen, dass sich die Erwerbstätigkeit von Ehefrauen finanziell weniger lohnt. Denn „viele Ehepaare entscheiden sich für die Steuerklassenkombination III/V, weil so die monatliche Steuerbelastung für den Haushalt am niedrigsten und das Nettohaushaltseinkommen am höchsten ausfällt“, so Spangenberg.

Das gilt aber nur dann, wenn die Ehepartner*innen mit dem niedrigeren Einkommen in Steuerklasse V sind. Davon betroffen sind in erster Linie Frauen. „Gerade bei Paaren, die ein Kind bekommen haben, wählen viele Ehefrauen deshalb erst mal eine geringfügige Beschäftigung, denn die ist steuerfrei und mindert deshalb den Steuervorteil des Ehegattensplittings nicht“, erklärte sie. Zudem kann die beitragsfreie Mitversicherung in der Krankenkasse mitgenutzt werden. „Aus dieser Minijobfalle wieder herauszukommen ist schwierig.“

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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