Wie die Ampel die Wirtschaft wieder ankurbeln will
Die Wirtschaft in Deutschland schwächelt, obwohl die Rahmenbedingungen eigentlich gut sind. Was das mit dem Auftreten der Ampel zu tun hat und welche Rolle die Schuldenbremse spielt, war Thema bei der Wirtschaftskonferenz des SPD-Wirtschaftsforums.
SPD-Wirtschaftsforum
Will mehr in die Demokratie investieren: SPD-Chef Lars Klingbeil bei der Wirtschaftskonferenz des SPD-Wirtschaftsforums
Eigentlich hätte die Ampel ziemlich viele Gründe, zufrieden mit sich zu sein. In Rekordzeit gelang es, die ausbleibenden Gaslieferungen aus Russland zu ersetzen – und das ohne, dass Betriebe ihre Produktion in nennenswertem Umfang zurückfahren mussten oder Wohnungen kalt blieben. Auch der Ausstieg aus der Atomenergie wurde nur mit einer kleinen Verzögerung vollzogen. Dass die Kosten für die Verbraucher*innen nicht explodierten, lag vor allem an den Energiepreisbremsen der Bundesregierung. Inzwischen sinken die Preise auch ohne Unterstützung deutlich – und das, obwohl seit Jahresanfang ein höherer CO2-Preis gilt.
Die Rahmenbedingungen sind schlecht
Doch von Zufriedenheit ist wenig zu spüren am Dienstagnachmittag in Berlin-Mitte. Das SPD-Wirtschaftsforum, ein parteiunabhängiger Verein, hat zu seiner Jahreskonferenz eingeladen. Die Stimmung unter den Mitgliedern ist gedrückt. Das Bruttoinlandsprodukt verharrt auf dem Niveau von vor der Corona-Pandemie. Nahezu alle Wirtschaftsprognosen gehen davon aus, dass die deutsche Wirtschaft auch in diesem Jahr kaum wachsen wird. Unter den 30 größten Volkswirtschaften der Welt wird nur in Argentinien mit einer noch schlechteren Entwicklung gerechnet. Hier baut der selbst ernannte „Anarchokapitalist“ Javier Milei das Wirtschaftssystem gerade „mit der Kettensäge“ um.
Woran liegt es, dass Deutschlands Wirtschaft nicht in die Spur kommt? „Die Rahmenbedingungen sind schlecht“, nennt der Hauptredner der Konferenz, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) einen Grund. Die günstige Energie aus Russland, auf die Deutschland jahrzehntelang sein Wachstum aufbauen konnte, gehört der Vergangenheit an. Durch den Krieg in der Ukraine müsse die Bundesrepublik zudem deutlich mehr Geld in sein Militär investieren als in den vergangenen Jahren – Geld, das für andere Investitionen fehlt.
Pragmatisch aufstellen, statt religiöse Debatten zu führen
Doch es sind nicht nur die äußeren Faktoren, die der deutschen Wirtschaft zu schaffen machen. „Der ewige Streit zwischen den Regierenden belastet die Wirtschaft“, gibt Habeck unumwunden zu. Eine Aussage, die auch Zahlen des SPD-Wirtschaftsforums bestätigen. In einer Umfrage, die der Verein im Vorfeld seiner Konferenz durchgeführt hat, gaben 86,9 Prozent der befragten Wirtschaftsvertreter*innen an, dass die Uneinigkeit innerhalb der Koalition den Wirtschaftsstandort Deutschland belastet, mehr noch als zu viel Bürokratie (53 Prozent) und hohe Energiekosten (42,6 Prozent).
„Wir sollten uns pragmatisch aufstellen, statt religiöse Debatten zu führen“, gibt Robert Habeck deshalb am Dienstag die Losung aus. Der Wirtschaftsminister spielt dabei auf die Schuldenbremse an. SPD und Grüne würden sie gerne mindestens aufweichen, um mehr Investitionen zu ermöglichen, die FDP jedoch hält eisern daran fest. „Die fiskalpolitischen Regeln der Vergangenheit sind nur möglich gewesen, weil wir nicht zum Beispiel zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in unsere Verteidigung investiert haben“, sagt Habeck und appelliert: „Wir müssen Spielregeln hinterfragen, wenn sich die Zeiten geändert haben.“
Investitionen in eine stabile Demokratie
Ähnlich argumentiert auch Lars Klingbeil beim SPD-Wirtschaftsforum. „In den nächsten zwei Jahren geht es für diese Koalition um die Frage der wirtschaftlichen Stabilisierung unseres Landes“, sagt der SPD-Vorsitzende. Dabei müsse „die arbeitende Mitte“ im Fokus stehen. Beim Ausbau der Erneuerbaren Energien habe die Koalition dabei schon viel erreicht, ebenso bei der Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland. „Wir dürfen uns aber nicht ausruhen, uns nicht zurücklehnen“, fordert Klingbeil. „Wir müssen richtig ackern, damit der wirtschaftliche Erfolg zurückkommt.“
Konkret nennt der SPD-Vorsitzende den Abbau von Bürokratie, die weitere Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland, Energiekosten sowie massive Investitionen in die Infrastruktur. Letzteres sei auch eine Investition „in eine stabile Demokratie“, da wirtschaftliche Unsicherheit auch Unzufriedenheit schaffe. Es gehe darum, wirtschaftliche Stärke mit sozialer Verantwortung zu verbinden. „All das“, so Klingbeil, „kriegen wir aber mit der Schuldenbremse nicht hin“. Bei ihrer Vorstandsklausur am Wochenende will die SPD Vorschläge für einen Wirtschaftsaufbruch vorlegen.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.
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