Ländergipfel berät über Migration: SPD hält CDU Wahlkampftaktik vor
Die Migration ist das Top-Thema bei der Jahrestagung der Ministerpräsidentenkonferenz. Die SPD dämpft Erwartungen auf eine Einigung mit CDU und CSU. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil wirft der Union vor, das Thema für Wahlkampfzwecke zu missbrauchen.
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Immer wieder Forderungen nach Zurückweisungen: Aus Sicht von Stephan Weil missachten die Unionsparteien europäisches Recht.
Bei der Jahreskonferenz der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) beraten die Länderchef*innen über eine Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, die Lage in den Kommunen und die Zuwanderung. Gerade letzteres Thema wird derzeit besonders heftig diskutiert. Die SPD wirft den Unionsparteien vor, durch immer neue Forderungen eine Einigung über konkrete Reformschritte zu blockieren. In den 16 Bundesländern stellt die Union derzeit sieben Ministerpräsident*innen.
Kurz vor dem Ländergipfel in Leipzig meldete sich Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil zu Wort. Er sei unsicher, „ob es tatsächlich diesmal wieder gelingen wird, zwischen den 16 Ländern zu einem Konsens zu gelangen“, sagte er laut einem am Mittwoch veröffentlichten Interview mit der Süddeutschen Zeitung.
Bei der vergangenen MPK hätten sich Bund und Länder nach monatelangem Streit auf eine Aufteilung der Flüchtlingskosten geeinigt, so der Sozialdemokrat. Nun aber befinde sich die Union viel zu früh in einem Wahlkampfmodus. Es sei außerordentlich schwer, „in diesen Vorwahlzeiten über konkrete Sacharbeit auch gemeinsam Fortschritte zu erzielen“, kritisierte er. So fordert die CDU etwa Zurückweisungen an den deutschen Grenzen. Dabei sei sehr klar, dass diese Forderungen nicht dem europäischen Recht entsprächen.
Zudem sei es nicht gut, den Bürgerinnen und Bürgern vorzugaukeln, es gebe einen Hebel, wenn man gleichzeitig wisse, dass man damit vor Gerichten nicht durchkommen werde. „Das trägt nicht zur Glaubwürdigkeit von Politik bei“, so Weil.
Matthias Miersch: Union nennt beim Thema Zuwanderung nur Probleme
Zuvor war SPD-Generalsekretär Matthias Miersch die Union scharf angegangen. CDU und CSU würden von Migration immer nur im Zusammenhang mit Problemen sprechen. „Was für ein Signal sendet das an die Menschen, die hier leben, hart arbeiten und eine Migrationsgeschichte haben?“, schrieb Miersch unter anderem auf Facebook.
„Gut organisierte Migration ist eine Chance für unser Land – keine Gefahr“, betonte er und formulierte einen Wunsch: „Ich wünsche mir, dass die Merz-CDU endlich aufhört, Migration ständig als Bedrohung darzustellen. Stattdessen sollten die Parteien der Mitte daran arbeiten, Menschen, die hier leben und arbeiten wollen, eine Perspektive zu bieten.“ Wer die Zukunft gestalten wolle, brauche mehr als Angstmache – sonst profitierten nur die Populist*innen „ganz rechts außen“.
Mierschs Kritik richtet sich besonders an CDU-Chef Friedrich Merz und CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann. Beide gehen seit Monaten mit ständigen Forderungen nach Einschränkungen des Grundrechts auf Asyl und andere Verschärfungen bei der Migrationspolitik an die Öffentlichkeit.
CDU will neues Staatsbürgerschaftsrecht kippen
Linnemann hatte am vergangenen Wochenende angekündigt, das reformierte Staatsbürgerschaftsrecht der Ampel-Koalition zu kippen, wenn die Union die Bundestagswahl im kommenden Jahr gewinnen sollte. „Mit der Union wird es keine Turboeinbürgerungen geben“, so Linnemann gegenüber der „Welt am Sonntag“. Er verlange, dass die Staatsbürgerschaft nur in Verbindung mit einer „erkennbaren Integrationsleistung“ vergeben werde.
Dass Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer als Gastgeber des Ländergipfels das Thema Migration befrieden wird, ist kaum zu erwarten. In der Sache ist er ganz bei Merz und Linnemann. Anfang der Woche bekräftigte der CDU-Politiker Forderungen nach weitreichenden Änderungen des Asylrechts. Dieses müsse an die veränderte Weltlage angepasst werden. „Wir müssen handeln und können uns den Asylkompromiss aus den Neunzigern zum Vorbild nehmen, mit umfassenden Zurückweisungen an den Grenzen“, so der CDU-Politiker.
Außerdem solle bei dem Treffen in Leipzig über eine „deutliche Reduzierung der Zuzugszahlen“ gesprochen werden. „Für die kommenden Jahre geht es darum, dass die Anzahl der Asylbewerber eher in der Größenordnung von 30.000 Personen pro Jahr liegt als bei den aktuell 200.000“, so Kretschmer.
Anke Rehlinger kritisiert CDU-Forderungen nach Obergrenze für Zuzug
Anke Rehlinger, die Ministerpräsidentin des Saarlands, kritisierte die Fixierung der Union auf eine „Migrationsobergrenze“. Sie sei froh, dass sich die MPK mit ernsthaften Vorschlägen befassen kann, wie mehr Klarheit und Ordnung in die Migrationspolitik kommt. „Das Handeln der Bundesregierung ist eine Grundlage, die Zahlen gehen runter", sagte die SPD-Politikerin dem „stern“. Und weiter: „Die CDU-Kollegen sollten besser mal erklären, warum die B-Länder mehr Sicherheit in Deutschland im Bundesrat blockiert haben.“
Die von der Union geführten Länder (auch B-Länder genannt) hatten in der Länderkammer gegen einen Teil des Sicherheitspakets der Ampel-Koalition gestimmt und die Pläne als unzureichend kritisiert. In dem Gesetz geht es um mehr Befugnisse der Sicherheitsbehörden. Bundestag und Bundesregierung können dazu den Vermittlungsausschuss von Parlament und Bundesrat anrufen.
Der Ländergipfel findet bis Freitag statt. Sachsen hatte Anfang Oktober den Vorsitz der MPK von Hessen übernommen.
verwerflich, was hier vom politischen Gegner ins feld
geführt wird. Wir müssen zurück zu den offenen Grenzen, damit die Schutzbedürftigen ihren Weg zu uns ohne Risiko finden können. Wir schaffen das, da ist immer noch Luft nach oben- wenn wir die Dritt- und Viertwohnungen in Beschlag nehmen, die die Reichen an den gesuchten Orten unterhalten, aber kaum nutzen. Sylt ist hier nur die Spitze des Eisbergs