Neues Staatsangehörigkeitsrecht: Endlich ein modernes Deutschland
Am Freitag beschließt die Ampel-Regierung ein neues Staatsangehörigkeitsrecht. Die Reform kommt zum richtigen Zeitpunkt und sorgt endlich für ein modernes Land, kommentiert vorwärts-Redakteur Jonas Jordan.
IMAGO / Sven Simon
Mit dem neuen Staatsangehörigkeitsrecht können Menschen künftig schon nach fünf Jahren Aufenthalt im Land den deutschen Pass erhalten.
Viele Menschen erinnern sich noch mit Schrecken an die unsägliche CDU-Kampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft, die Roland Koch 1999 ins Amt des hessischen Ministerpräsidenten hievte. Damals kamen Menschen an die Infostände der Union und fragten: „Wo kann ich denn hier gegen Ausländer unterschreiben?“ Erinnerungen an dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte wurden wach.
Es könnte keinen besseren Zeitpunkt geben
25 Jahre später sorgt die Ampel Regierung aus SPD, Grünen und FDP nun endlich für ein modernes Staatsangehörigkeitsrecht. Und es könnte keinen besseren Zeitpunkt dafür geben. Schließlich gehen seit den Enthüllungen des Recherchenetzwerks Correctiv in der vergangenen Woche bundesweit Hunderttausende Menschen auf die Straßen, demonstrieren für Weltoffenheit, gegen Rechtsextremismus und Deportationspläne von AfD und neuen Rechten. Mit dem Beschluss des modernen Staatsbürgerschaftsrechtes setzt die Ampel den richtigen inhaltlichen Kontrapunkt.
1999 lautete ein Argument von rechtskonservativen CDU-Anhängern gegen die doppelte Staatsbürgerschaft: „Der Mensch hat doch auch nur ein Herz.“ Dass das offensichtlicher Quatsch ist und Menschen sehr wohl mehrere nationalstaatliche Identitäten in sich vereinen können, war schon damals klar.
Seit dieser Woche wird auch rechtlich endlich ein Strich darunter gezogen. Schon bislang durften 60 Prozent der Menschen bei ihrer Einbürgerung neben ihrer deutschen Staatsbürgerschaft auch ihren bisherigen Pass behalten, zum Beispiel alle EU-Bürger*innen. Künftig ist die doppelte Staatsbürgerschaft ganz grundsätzlich erlaubt.
Auch viele Deutsche profitieren
Davon profitieren wiederum auch viele Deutsche, die im EU-Ausland leben. Bislang mussten sie oftmals, wenn sie die Staatsbürgerschaft eines anderen Landes beantragt haben, entweder den deutschen Pass abgeben oder zumindest mühevoll begründen, warum sie diesen beibehalten möchten. Auch das fällt mit der Reform weg.
Die vielfach vorgebrachte Kritik der Union, der deutsche Pass werde „verramscht“, weil die Einbürgerung künftig nach fünf statt acht Jahren Aufenthalt in Deutschland möglich wird, bei besonderen Integrationsleistungen sogar schon nach drei Jahren, greift zu kurz. Denn es gelten weiterhin sehr strenge Anforderungen in Bezug auf das Einkommen und die Sprachkenntnisse der betreffenden Personen. Ausnahmen davon gibt es vor allem für Angehörige der Gastarbeiter-/Vertragsarbeitergeneration. Und das zu Recht, da sie in den Nachkriegsjahrzehnten einen entscheidenden Beitrag geleistet haben, um Deutschland wiederaufzubauen.
Castellucci: „Es dürfen gerne mehr werden“
Der SPD-Innenpolitiker Lars Castellucci schreibt auf der Plattform X zur Reform: „Wir freuen uns, wenn sich Menschen, die sich in unserem Land einbringen, voll zu uns bekennen und Deutsche werden wollen. Es dürfen gerne mehr werden.“ Das ist doch mal eine Aussage. Endlich ein modernes Deutschland!
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo