Parteitag: Wie sich die SPD zu Seenotrettung und Flucht positioniert
Auf ihrem Bundesparteitag in Berlin hat sich die SPD klar für einen humanen Umgang mit Geflüchteten ausgesprochen. Mit großer Mehrheit beschlossen die Delegierten einen entsprechenden Antrag des Parteivorstands. Die Debatte war zuvor teils hitzig.
Dirk Bleicker | vorwärts
Klare Zustimmung: Der SPD-Parteitag hat die Linie der Partei bei der Migration festgelegt.
Den Ton für die Debatte hatte Olaf Scholz bereits am Vormittag gesetzt. „Deutschland ist ein Land, aus dem Menschen fliehen mussten, deshalb gibt es das Grundrecht auf Asyl und deshalb werden wir es auch nicht aufkündigen“, verspracht der Bundeskanzler in seiner bejubelten Rede am zweiten Tag des SPD-Parteitags. Einige Stunden später kamen die Delegierten dann nochmal auf das Thema zurück. Am Abend ging es um einen Initiativantrag des Parteivorstands, der in den vergangenen Tagen aus diversen Anträgen aus verschiedenen Landesverbänden und Arbeitsgemeinschaften zusammengefügt worden war.
Migration stärker steuern und ordnen
„Uns war wichtig, ein paar Grundsätzlichkeiten klarzuziehen“, sagt Kevin Kühnert als er den Antrag vorstellt. Der SPD-Generalsekretär hatte mit Jusos, der AG Migration und Vielfalt, Innen- und Europa-Politiker*innen sowie der Bundes-SGK verhandelt und einen „sozialdemokratischen Konsens“ – so Kühnert – erzielt.
Dieser sieht vor, „Wege zu suchen, Migration stärker zu steuern und zu ordnen sowie dafür zu sorgen, dass diejenigen, die nach einem rechtsstaatlichen Verfahren nicht schutzbedürftig sind und keine Bleiberecht haben, das Land auch wieder verlassen“. Im Klartext: Wessen Asylantrag abgelehnt wird, muss gehen. Eine Kürzung von Leistungen für Geflüchtete lehnen die Sozialdemokrat*innen dagegen ab, zumindest, wenn den Betroffenen dadurch eine Stigmatisierung droht.
Fluchtursachen bekämpfen, nicht Flüchtlinge
Die Versorgung Geflüchteter betrachtet die SPD als „gesamtstaatliche Aufgabe“. Auf europäischer Ebene soll zudem ein Fonds aufgelegt werden, „für die Aufnahme Geflüchteter sowie notwendige kommunale Infrastruktur“. Eine grundsätzliche Zustimmung gibt es vom SPD-Parteitag für die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS). Die Sozialdemokrat*innen sprechen sich dafür aus, „dass die Verteilung innerhalb Deutschlands und zwischen EU-Mitgliedsstaaten solidarisch geregelt und die Zahl derjenigen, die ohne Schutzgrund über den Asylweg nach Deutschland und Europa kommen, gesenkt werden muss“. Basis für jede Reform müsse jedoch das individuelle Menschenrecht auf Asyl und das internationale Flüchtlingsrecht sein.
Und: Alleinreisende Minderjährige sollen nach dem Willen der SPD von den vorgesehenen Grenzverfahren ausgenommen sein. Zudem drängt sie auf weitere Ausnahmen für „vulnerable Gruppen“, vor allem Familien mit Kindern. „Wir bekämpfen Fluchtursachen und keine Flüchtlinge“, stellt die SPD in ihrem Beschluss klar. Dafür will die SPD entwicklungspolitische Maßnahmen verstärken.
Klare Ablehnung von Pushbacks
Ein klares Bekenntnis gibt die SPD zur Seenotrettung ab. Diese müsse innerhalb der EU staatlich gewährleistet werden. Solange das nicht der Fall sei, dürfe die zivile Seenotrettung nicht kriminalisiert werden. „Die Seenotrettung ist eine Verpflichtung aus dem internationalen Seerecht“, betont die SPD in ihrem Beschluss. Sogenannte Pushbacks, bei denen Grenzschützer*innen Flüchtende an den EU-Außengrenzen abwehren und zurückdrängen, werden darin als „eklatante Verletzung des Völkerrechts“ abgelehnt.
„Unsere Lösung ist nicht, eine Obergrenze als Überschrift in den Raum zu stellen“, betont Kevin Kühnert. So sehe kein Konzept aus. „Wir wollen sichere Fluchtrouten ermöglichen“, stallt der SPD-Generalsekretär klar. „Dabei leiten uns Humanität und Ordnung.“ Für diese Haltung gibt es in der anschließenden und sehr emotional geführten Debatte viel Zustimmung.
Kontroverse Debatte der Delegierten
„Migrations- und Integrationspolitik kann nur gelingen, wenn sie auf Akzeptanz in der Bevölkerung stößt“, hebt Thüringens Innenminister Georg Maier hervor. Diese Akzeptanz sei aber immer weniger gegeben, „weil die Kommunen am Limit sind“. Es gebe kaum noch Wohnraum, um die Geflüchteten unterzubringen. Ähnlich argumentiert auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil. „Die Aufnahmebereitschaft ist eine andere als vor acht Jahren“, sagt Weil und bringt auch den Aufstieg der AfD damit in Verbindung. „Wer schutzbedürftig ist, wird auch in Zukunft Schutz erhalten“, stellt Weil klar, sagt aber auch: „Wer kein Schutzrecht hat, wird auch nicht bleiben können.“
Sarah Mohamed dagegen kritisiert den Antrag deutlich. „Das ist ein Kompromiss, dem wir als Sozialdemokraten nicht zustimmen können“, sagt die stellvertretende Juso-Vorsitzende. Die GEAS-Reform „untergräbt das Grundrecht auf Asyl“. Auch Serpil Midyatli übt deutlich Kritik. „Wenn jemand sich aufregt, es gäbe keine Wohnungen, dann muss man Wohnungen bauen und nicht auf Flüchtlinge schimpfen“, sagt die stellvertretende SPD-Vorsitzende. Bei der GEAS-Reform seien die Grenzverfahren ihr „Schmerzpunkt“. Dennoch wirbt Midyatli für die Annahme des Antrags. So kommt es am Ende auch.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.
Parteitag,mal ein voller Erfolg- endlich wieder in der Spurt, di
e alte SPD. der Familiennachzug ist der Schlüssel zum Erfolg der Integration, deshalb muss sofort umgesetzt werden, was hier beschlossen wurde. Der Frauen und Kinder, die Eltern und Geschwister, Schwager und Schwägerin , Nachbarn und Freunde- die fehlen doch unseren Schutzbefohlenen, deshalb müssen wir alles dafür tun, dass sie ebenfalls zu uns kommen können
Und bitte auch die Zweit-…
Und bitte auch die Zweit- und Drittfrauen mit deren Kindern nicht vergessen. Niemand sollte von seinen Liebsten getrennt werden und alle werden hier gebraucht um unsere Rente zu sichern.
selbstverständlich, an die habe ich auch gedacht, wollte die
im Kommentar genannten Gruppen nur exemplarisch verstanden wissen, sonst wäre die Aufzählung noch länger ausgefallen und es wäre dann der Eindruck von Vollständigkeit (abschliessende Aufzählung) entstanden. Das wollte ich vermeiden