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Kanzler Scholz auf SPD-Parteitag: „Kein Abbau des Sozialstaates“

Minutenlanger Applaus und Jubel für Olaf Scholz auf dem SPD-Parteitag. Der Kanzler reißt mit seiner Rede die Delegierten mit – und gibt ein Versprechen ab.

von Lars Haferkamp · 9. Dezember 2023
SPD-Bundesparteitag Saskia Esken, Olaf Scholz und Lars Klingbeil

Der SPD-Parteitag bejubelt den Kanzler: die Parteivorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil mit Olaf Scholz

Einen unangenehmen Auftritt des Kanzlers auf dem SPD-Parteitag – das hatten zahlreiche Medien erwartet und angekündigt. Doch das, was sich am Samstag im Plenum der Berliner Messe ereignet, ist das absolute Gegenteil davon. Das ist bereits zu spüren, als Olaf Scholz noch gar nicht am Rednerpult steht. „Unser Bundeskanzler Olaf Scholz wird zu uns sprechen“, kündigt Sitzungsleiterin Katja Pähle bei der Eröffnung des Parteitags an und bereits für diese Ankündigung gibt es kräftigen Applaus der Delegierten. Die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger, die nachfolgende Sitzungsleiterin, wendet sich direkt an Scholz und betont, „dass wir hinter dir stehen“ und „dass wir dir alle Kraft der Welt wünschen“ für die schwierigen Verhandlungen in der Koalition über den Haushalt für das kommende Jahr.

Olaf Scholz dankt der SPD für Unterstützung

Und dann ist es endlich so weit: Der Kanzler geht zum Rednerpult und schon dabei erhält er stehende Ovationen und langanhaltenden Applaus. „Ich danke euch für dieses Zeichen der Solidarität und Unterstützung“, beginnt Olaf Scholz seine Rede. Die Wiederwahl der Parteiführung am Vortag mit sehr starken Ergebnissen ist für ihn „ein gutes Zeichen einer starken sozialdemokratischen Partei“. Wenn man sich die Geschichte der SPD anschaue, werde klar: „Eine so gute, abgestimmte, solidarische Kooperation“ von Partei, Fraktion und Regierung „das haben wir selten so gut geschafft. Danke dafür!“.

Scholz erinnert seine SPD an den Erfolg bei der Bundestagswahl 2021. Das „hat uns niemand zugetraut“. Für diesen Erfolg gebe es einen Grund: die Geschlossenheit der Partei. „Geschlossenheit, die es bis heute gibt. Niemand hat damit gerechnet, dass wir das so lange durchhalten. Danke dafür!“ Manche Medien hätten ja gedacht, auf diesem Parteitag sei Schluss mit der Geschlossenheit. Aber Scholz lässt keinen Zweifel: „Es wird so bleiben. Diese sozialdemokratische Partei wird auch die nächsten Jahre gemeinsam zusammen arbeiten.“ Gerade in schwierigen Zeiten werde klar: „Es braucht uns.“

Haushaltskrise keine unlösbare Aufgabe

Als „neue Herausforderung“ bezeichnet der Kanzler die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zur Schuldenbremse und zur Haushaltspolitik. Letztere sei durch das Urteil „nicht einfacher geworden“. Scholz spricht von einer „sehr schweren Aufgabe“. Zugleich ist es ihm wichtig, „Zuversicht (zu) vermitteln, dass uns das gelingen wird“. Denn bei allen Schwierigkeiten: „Wir stehen nicht vor einer unlösbaren Aufgabe.“ Gemeinsam mit den Koalitionspartnern treibe man die Verständigung voran. 

Und dann wird der Kanzler sehr deutlich: „Für mich ist ganz klar: Es wird in einer solchen Situation keinen Abbau des Sozialstaats in Deutschland geben“, sagt Scholz unter großem Applaus der Delegierten. Kritik an einem angeblich „zu üppigen Sozialstaat“ weist er klar zurück: „Das sehe ich nicht so!“ Helmut Schmidt habe einmal zu Recht den Sozialstaat als „eine der größten Errungenschaften“ Deutschlands bezeichnet. Die SPD habe seit dem Kaiserreich dafür gekämpft. Er gehöre zur DNA des Landes und sei „Grundlage unseres Wohlstandes“.

Scholz: Zuversicht statt Hass und Ressentiments

Scholz kommt dann zu einem „Thema, das mich sehr umtreibt“: den Rechtspopulismus. „Überall“ in Europa wachse er. „Warum?“ Für den Kanzler sind „Unzufriedenheit und Unsicherheit“ gerade in den Ländern des Nordens ein entscheidender Grund für den Höhenflug der Rechtsradikalen. „Was tun wir gegen den rechten Populismus?“ Scholz gibt die Antwort: Es gehe darum, Zuversicht zu vermitteln und einen Plan für die Zukunft aufzuzeigen. Es gehe darum, auf „Zusammenhalt zu setzen“. Das müsse „den rechten Populisten entgegengesetzt“ werden, gegen ihren Hass und ihre Ressentiments. 

Die SPD habe das Erbe armer Menschen angetreten, die eine Partei der Solidarität gegründet hätten und die trotz Armut und Not, „nicht schlecht über die Nachbarn geredet haben“. Daraus folgert Scholz: Deshalb „dürfen wir niemanden damit durchkommen lassen, weil es ihm schlecht geht, darf er rechtsradikale Ideen haben“. Das eine habe mit dem anderen nichts zu tun. Die Delegierten antworten mit kräftigem Applaus, sie erheben sich. 

Kanzler kritisiert Ampel-Koalition

Der Kanzler erinnert an die Geschichte der SPD und ihre Verantwortung für die Demokratie. Im jüngsten Bundestagswahlkampf habe die Partei auf „Respekt“ für alle gesetzt. Man habe mit Erfolg Zuversicht transportiert. „Zuversicht, um die wir kämpfen müssen in schwierigen Zeiten“. Wenn man in die Nachbarländer blicke, sehe man nahezu überall Streit. „Nicht nur bei uns – das macht es nicht besser“, räumt er ein in Anspielung auf die Ampel. Und dann ein offenes Wort zur Koalition: „Manches von dem, was da so passiert ist, hätte ich echt nicht gebraucht.“ 

Aber was Deutschland „nicht braucht sind Leute, die dann nicht weiter ihre Arbeit machen“. Deshalb komme es jetzt auf die SPD an. Sie müsse weiter „zusammenhalten und einen klaren Kurs haben“. Scholz scherzt: „Wenn wir jetzt auch noch das mit dem Haushalt hinkriegen…“ Dann könne man „optimistisch in die Zukunft schauen“. Die SPD habe „am allermeisten in dieser Legislaturperiode getan für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit kleinem Einkommen“. An sie sendet der Kanzler eine Botschaft: „Wir sind für euch da. Wir machen Politik euretwegen.“ Und er verspricht: „Wir sorgen dafür, dass es besser wird und gerecht.“

Saskia Esken: Scholz ist in der SPD zuhause

Mit dieser Rede hat Olaf Scholz seine Partei erreicht. Das zeigen die Reaktionen der Delegierten. Stehende Ovationen, starker Beifall, Jubelrufe – minutenlang. Die Parteivorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil gehen zu Scholz aufs Podium, sie umarmen den Kanzler und haken ihn unter. Die Saskia Esken bringt es auf den Punkt: „Jeder und jede hier im Raum konnte spüren, dass du hier zuhause bist. Wir sind stolz darauf, dass du einer von uns bist.“ 

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