SPD-Spitzenkandidatin: Barley sagt rechten Kräften den Kampf an
Mit einem Traumergebnis wählt die SPD Katarina Barley zur Spitzenkandidatin für die Europawahl. In ihrer Rede warnt sie vor einer Schwächung der Europäischen Union – und wendet sich direkt an mögliche AfD-Wähler*innen.
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Starker Rückenwind für Katarina Barley: Mit 98,7 Prozent wurde sie zur SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl gewählt.
Vor ein paar Tagen hat Katarina Barley ein Video geschickt bekommen. Eine Freundin hat es aufgenommen, als sie in Köln mit zehntausenden anderen gegen die AfD und für die Demokratie demonstrierte. „Mir ging das total nah“, erzählt Barley bei der Europadelegiertenkonferenz der SPD. Ihre Freundin habe Gesicht gezeigt, obwohl sie kein durch und durch politischer Mensch sei. Ähnlich verhielten sich gerade hunderttausende Menschen, die überall im Land auf die Straße gingen. „Ein riesengroßes Dankeschön an alle, die das für die Demokratie tun“, ruft Katarina Barley deshalb den Delegierten im Berliner bcc zu.
98,7 Prozent für Barley als Spitzenkandidatin
Am Sonntag trifft sich die SPD hier zu ihrer Europadelegiertenkonferenz. Neben dem Beschluss des Wahlprogramms für die Europawahl steht die Wahl der 96 Kandidat*innen auf dem Programm – allen voran Katarina Barley, die mit 98,7 Prozent als Spitzenkandidatin ins Rennen geschickt wird. „Die Europäische Union ist ein Ort, den es sonst nirgendwo auf der Welt gibt“, betont Barley in ihrer Rede. Vollkommen unterschiedliche Staaten hätten sich zusammengetan, um Souveränität zum Nutzen aller abzugeben. „Ob das so bleiben wird, ist eine Richtungsentscheidung“, sagt Barley.
Denn die Bedrohungen der EU seien so groß wie nie – von innen wie von außen. Wenn eine Partei wie die AfD den Austritt Deutschlands aus der Europäischen Union vorschlage, sei das „Wahnsinn“, findet Barley. Großbritannien, das Heimatland ihres Vaters, sei hierfür das abschreckende Beispiel. Nach dem Brexit habe ein Haushalt in Großbritannien 10.000 Euro weniger zur Verfügung als einer in Deutschland oder Frankreich. „Das ist es, was die arbeitende Mitte bekommt, wenn sich das Konzept des Europas der Vaterländer durchsetzt“, warnt Barley.
Sie SPD will die EU erneuern
Und dann richtet sich die SPD-Politikerin direkt an diejenigen, die mit dem Gedanken spielen, der AfD bei der Europawahl ihre Stimme zu geben. „Schauen Sie sich genau an, was das Programm der AfD für Sie bedeuten würde“, appelliert Katarina Barley an sie. Doch die „neuen Nazis“ seien nicht nur eine Gefahr für Arbeitsplätze und Wohlstand, sondern auch für die Demokratie in Deutschland. Deshalb betont Barley: „Parteien, die Menschen in Deutsche und Nichtdeutsche einteilen, hat sich die SPD immer entschlossen entgegengestellt. Auf uns ist Verlass.“
Die SPD wolle ein anderes Europa als die Parteien der extremen Rechten. „Wir wollen eine Europäische Union, die eine Gemeinschaft ist und das Leben aller verbessert“, betont Katarina Barley. Anspruch der SPD sei deshalb etwa, eine Energiewende durchzusetzen, die zu mehr Klimaschutz führe und gleichzeitig für geringere Energiepreise sorge. Dazu gehörten auch institutionelle Reformen wie die Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzip und eine gezielte Erweiterungspolitik. „Eine erneuerte EU wird eine stärkere EU sein“, zeigt sich Barley überzeugt.
„Deutschlands stärkste Stimmen für Europa“
„Wenn wir unseren Wohlstand sichern wollen, können wir das nur gemeinsam als Europäische Union“, sagt auch Olaf Scholz. Der Bundeskanzler setzt sich schon lange für Reformen innerhalb der Staatengemeinschaft ein. Besonders wichtig ist ihm eine Erweiterung der EU um die Staaten des westlichen Balkans. Vieles, was er auf nationaler Ebene vorantreibt, vertritt Katarina Barley auf europäischer. „Deutschlands stärkste Stimmen für Europa“ lautet deshalb nicht zufällig das Motto der Europadelegiertenkonferenz.
„Das wird eine ganz zentrale Wahl“, betont Scholz vor den 150 Delegierten. „Das stärkste nationale Interesse ist eine starke Europäisch Union“, sagt der Kanzler. Das sei jedoch etwas, das rechtspopulistische und rechtsradikale Kräfte nicht verstehen wollten. „Die Nationallisten handeln gegen das nationale Interesse“, ruft Scholz. „Die Europawahl ist eine Chance, ein klares Votum gegen rechts abzugeben.“
Esken und Klingbeil stimmen SPD auf harten Wahlkampf ein
„Die Feinde der Europäischen Union haben sich aufgemacht“, hatte zuvor schon SPD-Chef Lars Klingbeil gewarnt und versprochen: „Wir sind die Partei, die Europa und seine Werte verteidigen wird.“ Dafür komme es auf jedes Mitglied an. „Das wird ein harter Wahlkampf, bei dem uns der Wind ins Gesicht blasen wird“, so Klingbeil. „Aber es geht nicht um uns. Es ist unsere verdammte Pflicht, für die Europäische Union zu kämpfen.“
Die Demonstrationen nach den Enthüllungen der Rechercheplattform „Correctiv“ überall im Land könnten dabei helfen. „Das war ein schwerer, aber offenbar auch ein heilsamer Schock“, ist SPD-Chefin Saskia Esken überzeugt. Bei aller Sorge um die Demokratie gebe es Hoffnung, dass die Menschen nun aufgewacht seien. „Der anstehende Wahlkampf wird nicht einfach“, so Esken, „aber er bietet eine Chance, die Menschen zu begeistern“.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.
Ihre Rede voon heute
Hallo Frau Barley, Sie haben der AfD den Kampf angesagt - okay - wohl ist es doch so, daß auch Sie sich über das, was die AfD vorhat mit Flüchtlingen und den Migrationsproblemen nicht wahrheitsgemäß geäußert haben, es war m. E. die Unwahrheit - das, was die AfD hierzu vorhat, ist alles gesetzeskonform - Ihre Partei will das alles ja jetzt auch so machen - sogar noch schärfer, da Frau Faeser auch nicht straffällig gewordene Familienmitglieder von straffällig gewordenen Clan-Mitgliedern zusammen abschieben will.
Katarina Barley
Nancy Faeser wurde von der SPD Hessen mit 94,4% als Spitzenkandidatin gewählt. Bei der Landtagswahl letztes Jahr fuhr die SPD mit 15,1% ihr schlechtestes Ergebnis seit 1946 ein. Bei den Umfragen zur Europawahl liegt die SPD aktuell bei 9,0%. Wenn die Interessen der arbeitenden Bevölkerung und der Rentner weiter so negiert werden, wird das Europawahlergebnis einstimmig sein. Traumergebnisse auf Parteitagen haben keinerlei Aussagekraft.
grossartig , mit der Genossin Barley
steht genau die Richtige an der Spitze, und der Kampf gegen Rechts ist auch der einzig maßgebliche Schwerpunkt. Man muss nur die Nachrichtensendungen aufmerksam verfolgen, dann wird man feststellen, dass die Probleme mit der Migration herbeigeredet worden sind. Kein Wort mehr dazu. Warum? Weil es die Probleme, die zuvor vielzitiert wurden, gar nicht gibt. Die wirklichen Probleme liegen allein Rechts, das sagt die Tagesschau, und das stimmt dann auch. Daher setzen wir genau das richtige Thema, und der Erfolg ist abzusehen- kein Zweifel. Herrliche Zeiten erwarten uns, mit Genossin Barley an der Spitze in Europa.
„Die Europäische Union ist ein Ort,
den es sonst nirgendwo auf der Welt gibt“, denn „Demokratie und Frieden (, man könnte noch Wohlstand hinzusetzen,) - das ist das große Versprechen von Europa, auch für die Ukraine“, für das Frau Barley am 25.9.23 noch „richtig Lust“ zu kämpfen hatte. Jetzt dagegen geht es ihr, wenn ich dem Text folge, um „die Bedrohungen der EU – von innen wie von außen“.
Die inneren Bedrohungen sind die „neuen Nazis, ... die Menschen in Deutsche und Nichtdeutsche einteilen“ (- klingt das sehr bedrohlich?). Dem setzt Frau Barley entgegen „eine Europäische Union, die eine Gemeinschaft ist und das Leben aller verbessert“, etwa durch „eine Energiewende, ... mehr Klimaschutz ... (und) geringere Energiepreise“. Das „Einstimmigkeitsprinzip“ will sie auch abschaffen. Gegen die Bedrohung durch die „neuen Nazis“ kämpft sie zusammen mit den „hunderttausenden Menschen, die überall im Land auf die Straße gingen“. Stehen die Demonstranten, denen sie „ein riesengroßes Dankeschön“ zuruft, auch an ihrer Seite, vielleicht sogar bei der Europa-Wahl – oder begeht sie hier eine Art kulturelle Aneignung?
Die „Bedrohungen der EU – ... von außen“ hat Frau Barley vergessen - ich kenne nur den hier kommentierten Text; bestenfalls lässt „eine gezielte Erweiterungspolitik“ erahnen, woran sie da denken mag. Vielleicht ist das auch gut so, denn die schon vor 20 Jahren formulierten und seither verfolgten strategischen Konzepte der EU - Osterweiterung (auch der Nato) und Zweistaatenlösung für Israel/Palästina - befinden sich derzeit in kriegerischer Auflösung, hinterlassen aber eine Hypothek, die Pistorius mit der Forderung nach „Kriegsfähigkeit“ von Bundeswehr und Bundesgesellschaft prägnant fokussiert und unter die Erwartung gestellt hat, dass „Wladimir Putin eines Tages sogar ein Nato-Land angreift“. Müssten angesichts der Zusagen der EU an die Ukraine und Israel die „Bedrohungen der EU – ... von außen“ nicht doch eine wenn auch nur kleine Rolle im Wahlkampf spielen, auch wenn die Russische Föderation bis heute noch kein EU-/Nato-Land angegriffen hat? Und da ist ja auch noch die Frage, „muss Europa eine Atommacht werden?“ (WAZ, 12.12.23), die auf eine Antwort wartet.
Was ihre Mitstreiterin, „die Allergeilste“ (Strack über Zimmermann), die „Eurofighterin“ (Lindner über seine Parteifreundin) Strack-Zimmermann zu den „Bedrohungen der EU“ sagt, ist ja hinlänglich bekannt – ich wüsste gern, was Frau Barley darüber denkt: Dem „großen Versprechen“ von „Demokratie und Frieden“ scheint auch für Frau Barley (wie der gesamten SPD) der „Frieden“ abhandengekommen zu sein.
Schade, tragisch, gefährlich.