Inland

Sondierung in Thüringen: Worauf sich SPD, CDU und BSW geeinigt haben

In Thüringen rückt die Bildung einer neuen Landesregierung näher. CDU, BSW und SPD haben am Freitag die Ergebnisse ihrer Sondierungsgespräche vorgestellt. In Sachsen hat die SPD den Weg für solche Gespräche nun geebnet.

von Nils Michaelis · 18. Oktober 2024
Die Ergebnisse der Sondierungsgespräche in Thüringen werden vorgestellt

Komplizierte Regierungsbildung in Thüringen: Tilo Kummer (BSW), Andreas Bühl (CDU), und Katharina Schenk (SPD) stellen die Ergebnisse der Sondierungsgespräche vor.

Die Bildung einer Regierung in Thüringen rückt näher. Nach dem Ende ihrer Sondierungsgespräche haben CDU, BSW und SPD am Freitag ein gemeinsames Positionspapier präsentiert. Es trägt den Titel „Mut zur Verantwortung. Thüringen nach vorne bringen“. 

Die SPD-Landtagsfraktion sieht darin eine „Thüringer Gerechtigkeitsoffensive für alle Generationen“. Auf der Plattform X nannte sie folgende Eckpunkte: Einstieg in ein kostenfreies Mittagessen in Kitas und Schulen, Respekt für pflegende Angehörige, Stärkung der Tarifbindung von Betrieben und Rentengerechtigkeit zwischen Ost- und Westdeutschland „als Landesaufgabe“.

In dem Papier findet sich aber auch ein Konzept, das Entscheidungen im Landtag mit wechselnden Mehrheiten erleichtern soll. Geplant ist ein Konsultationsverfahren mit allen fünf Fraktionen im Landtag, also auch mit der Linken und AfD. 

Entscheidungen mit wechselnden Mehrheiten

Bei dem Verfahren sollen alle Landtagsfraktionen zu Eckpunkten geplanter Gesetze oder Anträge der möglichen Dreierkoalition innerhalb einer Frist ihre Meinung sagen können, so der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Andreas Bühl. Je nachdem, wie das Ergebnis ausfällt, entscheide die Regierung, ob sie das Vorhaben im Landtag weiterverfolgt.

Die Sondierungsgespräche hätten in einer vertrauensvollen und konstruktiven Atmosphäre stattgefunden, bilanzierte Bühl am Freitag. Tilo Kummer, parlamentarischer Geschäftsführer der BSW-Fraktion, sprach von einem „fairen Umgang“ miteinander.

Ein wichtiger Streitpunkt, der mit Landespolitik eigentlich wenig bis gar nichts zu tun hat, wurde bislang allerdings ausgeklammert. Um das Thema Frieden in Europa werde erst in den kommenden Verhandlungen gehen, heißt es in dem Papier. 

Der Brombeer-Koalition fehlt eine Stimme

Die BSW-Bundesvorsitzende Sahra Wagenknecht macht eine Beteiligung an Koalitionen bislang davon abhängig, dass es Festlegungen gegen eine Stationierung von US-Mittelstrecken-Raketen in Deutschland sowie gegen weitere Militärhilfen für die von Russland angegriffene Ukraine geben müsse.

Die mögliche „Brombeer-Koalition“ aus CDU, BSW und SPD, die das bisherige rot-rot-grüne Bündnis unter Führung von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) ablösen könnte, hat keine eigene Mehrheit im Thüringer Landtag. Sie würde über 44 von 88 Sitzen verfügen. Der Patt kann also nur mit mindestens einer Stimme der Opposition aufgelöst werden. Bei der Landtagswahl war die AfD erstmals stärkste Fraktion geworden. Allerdings schließen die anderen Parteien eine Zusammenarbeit mit dem als gesichert rechtsextrem eingestuften AfD-Landesverband aus.

SPD Sachsen: Bedenken gegenüber dem BSW

In Sachsen hat unterdessen die SPD den Weg für Sondierungsgespräche mit CDU und BSW freigemacht. Mit 15 Ja- und zwei Nein-Stimmen sowie zwei Enthaltungen entschied sich der Landesvorstand am Donnerstagabend für diesen Schritt. 

„Wir wollen eine stabile Mehrheitsregierung für Sachsen“, erklärte der Co-Landesvorsitzende Henning Homann. „Mit einer klaren Zukunftsstrategie statt dem politischen Stückwerk einer Minderheitsregierung.“ Der Landesvorstand habe nun ein klares Verhandlungsmandat ausgestellt. 

„Natürliche Bedenken“ seien in den großen inhaltlichen Differenzen sowohl zum BSW als auch zur CDU begründet. „Hier werden jetzt die Sondierungen zeigen, ob eine belastbare Koalition und kluge Kompromisse möglich sind“, so Homann. Jedoch könne die gemeinsame Verantwortung für Sachsen eine Basis fürs gemeinsame und stabile Regieren geben.

Die SPD habe in den bisherigen „Kennenlerngesprächen“ mit CDU und BSW inhaltliche Punkte gesetzt, so Homann. Er nennt einige Beispiele: „Wir wollen Zukunftsinvestitionen ermöglichen, um neue wirtschaftliche Dynamik zu entfachen und die Arbeitsplätze der Zukunft zu sichern. Wir wollen, dass wieder vor jeder Klasse ein Lehrer steht und dass die frühkindliche Bildung qualitativ verbessert wird. Wir wollen alle Krankenhausstandorte in Sachsen halten und die medizinische Versorgung gerade im ländlichen Raum stärken.“ Dies gelte auch für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Sachsen. 

Kompliziertes Wahlergebnis in Sachsen

Für all diese Themen sei das Ergebnispapier der bisherigen Gespräche eine gute Grundlage. „Jetzt gilt es, sachlich und zügig zu sondieren“, so Homann.

Auch in Sachsen ist die Regierungsbildung kompliziert. Die bisherige Koalition von CDU, SPD und Grünen steht seit der Landtagswahl ohne Mehrheit da. Stärkste Kraft wurde die CDU von Ministerpräsident Michael Kretschmer mit 31,9 Prozent. Die SPD kam auf 7,3 Prozent. Die Grünen erreichten 5,1 Prozent. Die rechtsextreme AfD holte 30,6 Prozent, verfügt aber über keine Koalitionsoption. Das erstmalig bei der Landtagswahl angetretene BSW erhielt 11,8 Prozent. 

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2 Kommentare

Der Kommentar von Max Freitag hat es in sich, denn die SPD hat in beiden Bundesländern nicht mal 10% der Wählerstimmen und in diesem Artikel wird sie so dargestellt als ob sie die größte und bestimmende Kraft der zukünftigen Regierungen sein wird. Ich würde mir eine realistischer Einschätzung wünschen, denn es gilt auch endlich mal aus den Fehlern die gemacht wurden zu lernen.