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SPD-Experte über Haushaltsstreit: „Das finde ich einen befremdlichen Politikstil“

Wochenlang hat die Ampel-Koalition um den Haushalt gestritten. Noch immer klafft ein zweistelliges Milliarden-Loch. Der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Dennis Rohde, erklärt, warum das unproblematisch ist - und was rückblickend falsch lief.

von Lea Hensen · 21. August 2024
Dennis Rohde ist der haushaltspolitische Sprecher der SPD.

Dennis Rohde ist der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion.

Nach langem Ringen hat die Bundesregierung nun endlich den Haushaltsentwurf für 2025 beschlossen. Frühere Haushaltsverhandlungen scheinen unkomplizierter abgelaufen zu sein. Woran liegt das?

Wir müssen seit dem letzten Jahr nach langer Zeit, erstmals nach der Finanzmarktkrise 2007 und 2008, wieder einen Haushalt konsolidieren, also Ausgaben begrenzen. Gleichzeitig kamen neue Aufgaben dazu. Wir nehmen deutlich mehr Geld für die Bundeswehr in die Hand als früher, gleichzeitig müssen wir die innere Sicherheit gegen den organisierten Terrorismus stärken. Wir haben auch viele soziale Themen, die nicht hinten runterfallen dürfen. Alles zusammen hat für Druck im Haushalt gesorgt, denn das Geld ist unterm Strich nicht mehr geworden. 

Rechnen Sie jetzt damit, dass alles weitere reibungslos abläuft? Der haushaltspolitische Sprecher der Unions-Fraktion hat auch den aktuellen Entwurf verfassungsrechtlich in Frage gestellt.

Die parlamentarischen Beratungen im Bundestag beginnen jetzt. Wir werden am Ende einen verfassungskonformen Haushalt verabschieden und wir werden auch die Aufgaben, die uns die Regierung übergeben hat, lösen. Aber wir machen das im parlamentarischen Verfahren in der Regel nicht öffentlich, sondern ruhig und geordnet miteinander. Ich bin optimistisch. 

War es denn sinnvoll, die letzten Debatten zum Haushalt öffentlich auszutragen? Ist das üblich, so schnell mit Ergebnissen und Zahlen nach draußen zu gehen?

Nein, ich hätte mir gewünscht, dass Finanzminister Christian Lindner seine rechtlichen Bedenken mit dem Kanzler und dem Vize-Kanzler besprochen hätte, bevor er damit in die Öffentlichkeit ging. Das finde ich einen befremdlichen Politikstil. Aber das musste ich jetzt zur Kenntnis nehmen. Und wir werden das bestimmt anders machen. 

Was sind die wichtigsten Änderungen im neuen Entwurf? 

Am Ende ging es nur um technische Änderungen. Es gab Zweifel daran, ob die Autobahn GmbH mit Zuschüssen unterstützt werden kann, ohne dass sich das auf die Schuldenbremse auswirkt und ob man nicht verwendete Mittel aus der KfW im Haushalt zu anderen Zwecken einsetzen kann. Das kann man nicht. Entsprechend muss das Parlament nun daran arbeiten, die globale Minderausgabe zu reduzieren. Aber große inhaltliche Veränderungen gab es nicht mehr. 

Globale Minderausgaben sind ein sperriger Begriff. Können Sie ihn noch mal erklären?

Eine Regierung weiß aus Erfahrung, dass sie nicht alle Projekte, die sie sich vorgenommen hat, umsetzen wird. Es wird also von vornherein ein Betrag einkalkuliert, der am Ende eh nicht abfließt. 

Mit zwölf Milliarden Euro ist dieser Betrag aber so hoch wie in den vergangenen Jahrzehnten nicht. Ist da nicht das Risiko hoch, dass der Plan nicht aufgeht?

Die Höhe des Betrags hängt auch mit dem besonders hohen Haushaltsvolumen zusammen. Wir versuchen die Minderausgaben jetzt auf einen einstelligen Milliardenbetrag zu reduzieren. Unser Ziel ist es, auf zwei Prozent des Haushaltsvolumens zu kommen, also irgendwas zwischen acht und zehn Milliarden, das ist eine realistische Größenordnung an Geldern, die ohnehin nicht abfließen.

Dennis Rohde,
Haushaltsexperte

Acht und zehn Milliarden, das ist eine realistische Größenordnung an Geldern, die ohnehin nicht abfließen.

Mit dem Haushaltsentwurf kam der Verdacht auf, die Ukraine-Hilfe der Bundesregierung würde wackeln. Die Bundesregierung bestreitet das. Sind denn Mittel im Haushalt eingeplant, mit denen sie auch kurzfristig auf neue Entwicklungen in der Ukraine reagieren kann? 

Die G7-Staaten wollen die nationalen Haushalte entlasten und der Ukraine die Zinsen aus dem eingefrorenen russischen Vermögen zur Verfügung stellen. Da laufen gerade die Verhandlungen. Sollten wir feststellen, dass es dabei Probleme gibt, können wir in unseren laufenden Haushaltsverhandlungen darauf reagieren. Unsere Solidarität mit der Ukraine ist ungebrochen, es geht einzig und allein um die Art und Weise der Finanzierung. Mit dem Plan der G7 würde mit 50 Milliarden Euro ein Riesenpaket für die Ukraine auf den Weg gebracht. 

Und wenn Donald Trump wieder US-Präsident wird?

Das Ziel ist es, die Verhandlungen vor der US-Wahl abzuschließen – passend zu unseren Haushaltsverhandlungen, die Mitte November enden. 

Boris Pistorius ist mit der Höhe des Verteidigungsetats nicht zufrieden. In welchen Bereichen fehlt Ihrer Meinung nach im Haushaltsentwurf am meisten Geld? 

Wir haben immer die Aufgabe mit den verfügbaren Mitteln, die innere, äußere und soziale Sicherheit zu garantieren. Wir geben jetzt viel Geld in die äußere Sicherheit und erreichen das Zwei-Prozent-Ziel der NATO. Das haben wir uns politisch vorgenommen. Gleichzeitig müssen wir innenpolitisch die Sicherheitsdienste stärken. Uns war besonders wichtig, dass diese beiden Sachen nicht auf Kosten eines sozialen Kahlschlags finanziert werden. Ich persönlich hätte mir für die Entwicklungshilfe mehr gewünscht, die Kürzungen waren in dem Bereich schon sehr deutlich. 

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2 Kommentare

Gespeichert von max freitag (nicht überprüft) am Fr., 23.08.2024 - 13:03

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nicht. Wir haben ja sinkende lasten im Sozialbereich, insbesondere beim Bürgergeld. Sinkende Lasten dort gehen zwangsläufig einher mit steigenden Steuereinnahmen und Beiträgen in die SV Systeme. Der Haushalt ist faktisch ausgeglichen, wenn nicht mehr als das, allen Unkenrufen zum Trotz