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Trump will mit Putin verhandeln: So reagieren die Menschen in der Ukraine

Noch im Februar will Donald Trump mit Wladimir Putin über ein Ende des Kriegs in der Ukraine verhandeln. Die Europäische Union soll dabei keine Rolle spielen. Felix Hett, Büroleiter der Friedrich-Ebert-Stiftung in Kiew, sagt, was die Menschen in der Ukraine davon halten.

von Nikolaos Gavalakis · 14. Februar 2025
US-Präsident Donald Trump startet einen Verhandlungsvorstoß mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin.

US-Präsident Donald Trump startet einen Verhandlungsvorstoß mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Der amerikanische Präsident Donald Trump hat mit seiner Ankündigung, „sofortige Verhandlungen“ mit Wladimir Putin aufzunehmen, für Wirbel gesorgt. Wie wurde diese Nachricht in der Ukraine aufgenommen?

Die Reaktionen in der Ukraine schwanken zwischen Resignation, Frustration und vorsichtiger Hoffnung. Dass Trump Gespräche mit Putin anstreben würde, war erwartet worden – dennoch sorgt die offizielle Ankündigung für einen Schock. Das Gewitter war zwar vorhergesagt, aber man ist dann doch überrascht, wenn der erste Donner kommt. Einige in der Ukraine fühlen sich schon jetzt durch den Westen insgesamt verraten – die unvermeidlichen München-1938-Vergleiche dürfen natürlich nicht fehlen. Andere mahnen zur Gelassenheit: Die Initiative der US-Regierung könnte schließlich auch scheitern. Neben Durchhalteparolen ist auch Kritik an der Selenskyj-Regierung und ihren vermeintlichen Illusionen in Bezug auf eine NATO-Mitgliedschaft zu hören. Die Schwäche der Ukraine wird nun deutlicher denn je – das Land scheint sich dem von Trump vorgegebenen Kurs fügen zu müssen. Hoffnung richtet sich hingegen auf ein Ende des Krieges, ein Ende des Sterbens und eine Normalisierung des Alltags.

Welche konkreten Auswirkungen könnte eine solche Initiative auf den Kriegsverlauf und die Verhandlungsposition der Ukraine haben?

Die Aussicht auf Verhandlungen und ein mögliches Ende der Kämpfe könnte die Moral der ukrainischen Truppen weiter schwächen. Bereits jetzt gibt es eine beträchtliche Zahl an Desertionen, und die Mobilisierung neuer Soldaten stößt auf zunehmenden Widerstand. Der Ukraine läuft die Zeit davon, und sie wird eben nicht aus einer Position der Stärke heraus verhandeln können. Ein wie auch immer geartetes Ende des Krieges würde zudem einhergehen mit einer Wiederbelebung der ukrainischen Innenpolitik. Nach dem Auslaufen des Kriegsrechts müssen Präsident und Parlament neu gewählt werden. Schon jetzt bereiten sich die politischen Akteure darauf vor. Die über weite Strecken des Krieges demonstrierte Einheit bekommt deutliche Risse.

Könnte Trumps Vorgehen die Geschlossenheit des Westens bezüglich der Unterstützung der Ukraine gefährden? Welche Möglichkeiten bleiben der deutschen und der europäischen Außenpolitik nun?

Mit Trumps offensichtlichem Alleingang ist der Westen bereits gespalten. Deutschland und die EU haben das Heft des Handelns nicht in der Hand. 2014/15 hatten Deutschland und Frankreich im Minsk-Prozess noch die Initiative übernommen, die USA hielten sich damals im Hintergrund. Nun stehen wir an der Seitenlinie – und das, bei einem Konflikt, der sich auf unserem Kontinent abspielt.

Allerdings plant Trump offenbar, die Kosten für den Wiederaufbau und die Friedenssicherung weitgehend den Europäer*innen zu überlassen. Das könnte die Möglichkeit bieten, Einfluss auf den Verlauf und das Ergebnis der Verhandlungen zu nehmen. Entscheidend ist, dass die finanzielle und militärische Unterstützung der Ukraine nicht abreißt: Europa muss ihr weiter den Rücken stärken, damit grundlegende Prinzipien wie die Achtung der territorialen Integrität und das völkerrechtliche Gewaltverbot nicht auf dem Verhandlungstisch geopfert werden. Gleichzeitig betont Trump, dass es ihm vor allem darum geht, das Sterben so schnell wie möglich zu beenden. Diese Rhetorik könnte auch aus europäischer Perspektive anschlussfähig sein.  

Der neue US-Verteidigungsminister Pete Hegseth hat eine mögliche NATO-Mitgliedschaft der Ukraine so gut wie ausgeschlossen. Welche Sicherheitsgarantien könnte Kiew sonst bekommen?

Präsident Selenskyj hat noch Anfang dieser Woche gegenüber dem „Guardian" erklärt, dass Sicherheitsgarantien ohne Beteiligung der USA wertlos seien. Diese Aussage hat in der aufziehenden „Wolfswelt“ des internationalen Systems wohl einen wahren Kern: Eine garantierte Sicherheit wird es aller Voraussicht nach für Kiew nicht geben. Ziel der europäischen Politik wird es sein müssen, die Ukraine militärisch, aber auch wirtschaftlich und gesellschaftlich so zu stärken, dass die Kosten eines erneuten russischen Angriffs kontinuierlich steigen. Absolute Sicherheit bleibt unerreichbar – doch durch langfristige Unterstützung kann zumindest ein höheres Maß an Stabilität und Abschreckung geschaffen werden.

Die EU-Außenbeauftragte Kallas forderte, dass Europa in den Verhandlungen eine zentrale Rolle haben sollte. Wie groß ist in Kiew das Vertrauen in die Stärke der Europäer*innen?

Fast drei Jahre nach der russischen Vollinvasion hat Kiew einen realistischen Blick auf die Möglichkeiten und Grenzen europäischer Macht sowie auf die oft fragile Geschlossenheit der EU. Wenn Brüssel verspricht, innerhalb eines Jahres eine Million Granaten zu liefern, dauert es am Ende ein halbes Jahr länger. Kiews Konflikte mit den direkten EU-Nachbarn um Agrar- oder Energiefragen und um die Deutungshoheit über die gemeinsame Geschichte werden in Zukunft wahrscheinlich eher zu- als abnehmen. Gleichzeitig bedeutet die EU-Integration für viele Ukrainer*innen das Versprechen auf eine bessere Zukunft, die für das Ende des derzeitigen Leidensweges ersehnt wird. Sollte der Krieg enden, steht aus meiner Sicht als Erstes eine soziale und politische Stabilisierung der Ukraine an. Die EU hat hier ein großes Potenzial, der Ukraine zu helfen. Im Interesse der eigenen Sicherheit und Zukunftsfähigkeit sollte sie es auch voll ausschöpfen.

Dieser Beitrag erschien zuerst im IPG-Journal.

Autor*in
Nikolaos Gavalakis

leitet die Redaktion des IPG-Journals. Zuvor war er Leiter des Regionalbüros „Dialog Osteuropa“ der Friedrich-Ebert-Stiftung in Kiew. Er hat in Mainz und Kalifornien Politikwissenschaft, Jura und Amerikanistik studiert.

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7 Kommentare

Gespeichert von Peter Boettel (nicht überprüft) am Fr., 14.02.2025 - 14:04

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Ich schlage vor, dass Musk wieder einen Weltraumflug, dieses Mal zum Mond oder auf einen anderen Planeten, mit Einwegticket unternimmt und dabei Trump, Putin, Erdogan, Orban, Milei, Meloni, Weidel, Höcke, Chrupalla mitnimmt.

Gespeichert von Rudolf Isfort (nicht überprüft) am So., 16.02.2025 - 18:56

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Auf der Münchener Sicherheitskonferenz 2025 war exemplarisch alles versammelt, was sich einen Namen gemacht hatte als Vertreter der „militärisch starken Hand“, der Abschreckung, der (nahezu) grenzenlosen Aufrüstung, der Austragung des Ukraine-Krieges bis zum Sieg über Russland, der Wortgewaltigen, der Bellizisten. Wie hochkarätig die Besetzung war, erkennt man daran, dass „die Allergeilste“ (Strack über Zimmermann) nur als Fragestellerin auftreten durfte. Die größte Angst bezüglich des Ukraine-Krieges war nicht, dass er noch lange dauern, sondern dass Trump ihn schnell beenden könnte. Eine „Friedenstaube“ war auf der Sicherheitskonferenz nicht einmal versteckt zu sehen.
Nikolaos Gavalakis weist auf „Kritik an der Selenskyj-Regierung und ihren vermeintlichen Illusionen in Bezug auf eine NATO-Mitgliedschaft“ hin, eine Befürchtung, die die Konferenz nicht nur teilte, sondern gegen die sie (verbalen) Widerstand organisierte. Nur einer, US-Senator Graham, fand eine spannende Variante

Gespeichert von Rudolf Isfort (nicht überprüft) am So., 16.02.2025 - 19:02

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der Aussagen Trumps, mit der er die Konferenz zu überzeugen versuchte, in jedem Falle aber überraschte: Wir werden Putin sagen, wenn Du die Ukraine noch einmal angreifst, nehmen wir die Ukraine in die Nato auf ((fast) wörtliche Wiedergabe). Tatsächlich ist, soweit man das bei Trump sagen kann, der Natobeitritt der Ukraine keine Option mehr. Gavalakis erkennt an diesem Strategiewechsel, den die USA der Nato vorgibt, „die Schwäche der Ukraine nun deutlicher denn je“ und stellt bedauernd fest, „das Land scheint sich dem von Trump vorgegebenen Kurs fügen zu müssen“. Das ist richtig, ist aber wohl die einzige Lösung des Konflikts, die Nachhaltigkeit verspricht. Trump, ich hätte nicht gedacht, ihn mal loben zu müssen, geht für die Beendigung des Ukraine-Krieges auf seine Entstehung zurück. Ein zentrales Problem des Konfliktfeldes, dem der Krieg entsprang, war die Sicht der Russischen Föderation, ein Nato-Beitritt der Ukraine würde ihre nationale strategische Sicherheit massiv schwächen.

Gespeichert von Rudolf Isfort (nicht überprüft) am So., 16.02.2025 - 19:08

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Ihn auszuschließen, man könnte auch sagen, die Sicherheitsinteressen Russlands durch die Nato anzuerkennen, nimmt darum der Russischen Föderation ihren wichtigsten Kriegsgrund, schafft also ein nachhaltiges Fundament für einen dauerhaften Frieden dort und für eine gemeinsame europäische Friedensordnung.

Wer aber glaubt, der (alleinige) Kriegsgrund sei die „imperiale Besessenheit“ (Steinmeier) Putins gewesen – und das ist das allein zugelassene Narrativ bei uns -, der kann mit dem „Diktatfrieden“ (Scholz) natürlich nicht zufrieden sein, sondern muss auf Wege sinnen, wie die EU den US-Anteil am Krieg ersetzen kann, um Verhandlungen aus einer Position der Stärke zu ermöglichen. Für die Zukunft aber wird „Ziel der europäischen Politik sein müssen, die Ukraine militärisch, aber auch wirtschaftlich und gesellschaftlich so zu stärken, dass die Kosten eines erneuten russischen Angriffs kontinuierlich steigen“. Eine sehr beruhigende Aussicht, die Gavalakis da analysiert. Oder?

Gespeichert von Armin Christ (nicht überprüft) am Mo., 17.02.2025 - 16:00

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Der Putin will verhandeln, wo uns doch jetzt seit Jahren eingetrichtert wurde er würde das nicht wollen. Ich verstehe die Welt nicht mehr.
Die bedrohen uns mit Frieden !!!!

Gespeichert von Alfred Gehring (nicht überprüft) am Mo., 17.02.2025 - 22:23

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Meiner Meinung nach geht es Trump doch gar nicht darum, einen gerechten Frieden für die Ukraine zu finden. Er hat im Wahlkampf versprochen, den Krieg dort so schnell wie möglich zu beenden. Wie es mit der Ukraine weitergeht, ist ihm egal. Er will mit Putin alleine verhandeln, will weder die Ukraine, noch Europa am Verhandlungstisch haben, will aber europäische Soldaten, die dort den "Frieden" sichern, entlang einer Frontlinie, die sich über viele hundert Kilometer hinzieht. Die europäischen Nationen sollten ihm so schnell wie mögliche klarmachen, dass sie nicht bereit sind, den Kopf für seine Hirngespinste hinzuhalten.