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Wie die SPD mit Olaf Scholz die Bundestagswahl gewinnen will

Olaf Scholz ist SPD-Kanzlerkandidat. Der Parteivorstand hat ihn am Montag einstimmig nominiert. Anschließend sprach der Kanzler darüber, mit welchen Zielen er in den kurzen Wahlkampf zieht.

von Jonas Jordan · 25. November 2024
Olaf Scholz ist einstimmig als SPD-Kanzlerkandidat nominiert worden.

Olaf Scholz ist einstimmig als SPD-Kanzlerkandidat nominiert worden.

Wenn es noch eines Zeichens der Geschlossenheit innerhalb der SPD bedurft hätte, dann war es das Gedränge, das während der Pressekonferenz mit den Parteivorsitzenden Lars Klingbeil und Saskia Esken sowie Bundeskanzler Olaf Scholz rund um die Bühne herrschte. Dort versammelte sich der komplette Parteivorstand, nachdem er Scholz zuvor einstimmig als Kanzlerkandidaten nominiert hatte. 

„Olaf Scholz ist gerade in der Situation, in der sich Deutschland und die Welt befinden, der richtige Kanzler für Deutschland. Mit seiner prinzipienfesten, entschlossenen Art ist er der richtige Mann fürs Kanzleramt“, sagte Esken. Klingbeil fügte an: „Wir haben mit Olaf Scholz einen Bundeskanzler, der uns durch schwere Krisen geführt hat, der Nervenstärke, Besonnenheit und Standhaftigkeit bewiesen hat.“ Auf der anderen Seite stehe mit Friedrich Merz jemand zur Wahl, der nie Bürgermeister, Landrat oder Teil einer Regierung auf Landes- oder Bundesebene war. Deswegen machte Klingbeil klar: „Er hat noch nie in einem Regierungsamt Verantwortung für die Menschen in diesem Land übernommen. Das Experiment wäre doch sehr groß, so jemanden an die Spitze des Landes zu wählen, erst recht in diesen Zeiten.“

Olaf Scholz hingegen verfügt bereits über rund drei Jahre Erfahrung als Bundeskanzler. Nach dem Willen der SPD sollen mindestens vier weitere dazukommen. Der alte und neue Kanzlerkandidat äußerte sich auf der Pressekonferenz ausführlich

...zur Nominierung durch den SPD-Parteivorstand:

„Es ist ein sehr klares und einvernehmliches Votum. Wir wollen gemeinsam kämpfen, uns dafür einsetzen, dass es weitergeht in unserem Land mit einer Politik, die dafür sorgt, dass wir gut zurechtkommen können in schwierigen Zeiten. Die Bürgerinnen und Bürger haben jetzt das Wort. Wir werben um ihre Stimme.“

...zur Debatte über die SPD-Kanzlerkandidatur in den vergangenen Wochen:

„Wir haben eine solidarische Kultur, in der man immer mal diskutieren kann, wie es richtig ist, die Dinge zu tun. Diejenigen, die sich öffentlich geäußert haben, stehen hinter mir und hinter dieser Entscheidung. Ich habe mit allen diskutiert und sie haben es mir von sich aus gesagt. Ich fand es in Ordnung, dass darüber diskutiert wurde. Das ist doch etwas, über das man nachdenken muss. 

Es war schwer, diese Regierung zu bilden und es war schwer, sie zusammenhalten. Die SPD war es zu keiner Zeit, die es kompliziert gemacht hat, zu regieren in Deutschland. Die SPD hat das Heizungsgesetz nicht erfunden und die SPD war auch nicht der Meinung, die Unterstützung für die Ukraine auf Kosten der Kommunen und der Rentnerinnen und Rentner zu finanzieren, wie es Christian Lindner vorgeschlagen hat. Wir haben uns immer dafür eingesetzt, dass es ein gutes Miteinander gibt, aber am Ende war es richtig und notwendig, die Regierung zu beenden. 

Natürlich muss sich ein Kanzler dann fragen, was zu tun ist. Man würde mich falsch kennen, wenn man glaubte, ich würde mir diese Frage, ganz unabhängig von der öffentlichen Debatte und auch lange davor, nicht längst gestellt habe. Es ist ein gutes Gefühl, zu wissen, dass wir gemeinsam innegehalten, uns aber jetzt entschlossen haben und geschlossen das erreichen wollen, was uns auch beim letzten Mal gelungen ist, nämlich dass die SPD von den Bürgerinnen und Bürgern ein Votum erhält, stärkste Partei zu werden.“

Olaf Scholz und Boris Pistorius

Viel wurde in den vergangenen Wochen darüber diskutiert, wer von beiden SPD-Kanzlerkandidat werden soll. Nun zeigten sich Olaf Scholz und Boris Pistorius demonstrativ geschlossen und gut gelaunt.

Gemeinsam für den Wahlsieg der SPD: Olaf Scholz und Boris Pistorius

...über sein Verhältnis zu Boris Pistorius:

„Natürlich ist es wichtig und gut, dass wir einen sehr guten und sehr starken Verteidigungsminister haben. Wir sind beide seit sehr, sehr langer Zeit befreundet. Aufgrund seiner Kompetenz und unserer Freundschaft habe ich ihn gebeten, Bundesminister der Verteidigung zu werden. Wir wollen jetzt gemeinsam den Wahlkampf führen und gewinnen. 

Alle Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten kämpfen jetzt gemeinsam, und natürlich die Ministerinnen und Minister vorneweg. Das tun sie durch ihre Arbeit. Die Arbeit von Boris Pistorius ist sehr gut. Er ist der Richtige im Bundesverteidigungsministerium in dieser Zeit. Es ist schon etwas Besonderes, dass das Ansehen des Verteidigungsministers bei den Soldatinnen und Soldaten so hoch ist, wie es lange bei vielen anderen, die ein anderes Parteibuch hatten, nicht der Fall war. Das ist auch sein ganz persönliches Verdienst. Ich bin darüber sehr, sehr glücklich. Wir setzen unser gemeinsames Gewicht ein als SPD, um bei dieser Wahl erfolgreich zu sein.“

...zum Potenzial der SPD bei der kommenden Bundestagswahl:

„Für viele ist die SPD immer eine mögliche Regierungspartei, eine Partei, die Deutschland führen kann. Das, was wir erreichen wollen, ist ziemlich offensichtlich. So wie beim letzten Mal, auch mit der zeitlichen Perspektive zur Wahl wie beim letzten Mal, wollen wir vorne liegen, stärkste Partei werden. Wie der nächste Bundestag zusammengesetzt sein wird, weiß niemand. Klar ist: Es wird nicht viel einfacher und die Parteienlandschaft ändert sich.“

...über das Rennen ums Kanzleramt:

„Es wird eine Auseinandersetzung darüber geben, wer Deutschland als Kanzler führen soll. Das ist für alle offensichtlich die Auseinandersetzung: der Bundeskanzler Olaf Scholz oder Friedrich Merz? Ich bin nicht bange, was diese Frage und was das Urteil der Bürgerinnen und Bürger betrifft.“

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...zur Lage der Wirtschaft in Deutschland:

„Dinge sind in Schwierigkeiten geraten und wir sehen, dass sie auch noch komplizierter werden könnten. Wir müssen kämpfen, dass die Industrie die Modernisierung hinkriegt. Deshalb dürfen wir nicht nachlassen. Die Zusagen, die wir gemacht haben für die Modernisierung von Stahlunternehmen, dürfen wir nicht in Frage stellen. Sie sind wichtig. Gleichzeitig brauchen wir Pragmatismus und müssen europaweit darum kämpfen, dass ganz viele der bürokratischen Regeln verschwinden, die dort jetzt in den letzten Jahren entstanden sind. Viele Dinge machen Genehmigungen und Entscheidungen schwierig und langwierig. Das muss sich ändern und darum kämpfen wir auch.“

Olaf
Scholz

Ich bekenne mich dazu. Ich und die sozialdemokratische Partei, ja, wir waren das. Wir waren dafür, dass es in Deutschland überhaupt einen Mindestlohn gibt und wir haben das durchgesetzt.

...über den Mindestlohn in Deutschland:

„Ich bekenne mich dazu. Ich und die sozialdemokratische Partei, ja, wir waren das. Wir waren dafür, dass es in Deutschland überhaupt einen Mindestlohn gibt und wir haben das durchgesetzt. Wir waren dafür, dass der Mindestlohn steigt und haben ihn auf 12 Euro angehoben. Ja, wir sind unverändert der Meinung, dass diejenigen, die jeden Tag fleißig arbeiten, aber ganz wenig verdienen, besser zurechtkommen müssen. Die Mindestlöhne haben keine Arbeitsplätze gekostet. Sie haben eher Konsum und Nachfrage gestärkt und sie sind eine Frage von Anstand, Moral und Respekt.“

...zu Frieden und Sicherheit:

„Krieg, Frieden und Sicherheit sind zu ernsthafte Angelegenheiten, um sie nach opportunistischen Gesichtspunkten zu entscheiden. Gerade weil das so ist, habe ich mit großer Standfestigkeit meine Haltung in Deutschland und in der Regierung durchgesetzt. Wir sind unter meiner Führung der stärkste Unterstützer der Ukraine in Europa geworden, der verlässlichste Lieferant, was zugesagte Unterstützung betrifft. Zugleich haben wir besonnen und bedacht gehandelt. 

Jetzt haben die Bürgerinnen und Bürger es in der Hand, wie es weitergehen soll, ob man sich darauf verlassen kann, dass da im Kanzleramt wieder jemand sitzt, der sich nicht unter Druck setzen lässt, der in dieser Frage die Nerven behält, der weiß, worauf es wirklich ankommt bei einer so ernsten Angelegenheit. Das ist das Versprechen, das die SPD und ich den Bürgerinnen und Bürgern geben.“

...zu Gesetzesvorhaben bis zur Bundestagswahl:

„Ich habe sehr dafür geworben, dass sich die Parteien im Deutschen Bundestag gemeinsam zusammensetzen und festlegen, was sie noch beschließen wollen. Da ist ja noch Zeit bis zum Wahltag. Das ist etwas, was sehr verantwortungsvoll gemacht werden muss. Schön fände ich, wenn die steuerlichen Entlastungen kommen würden, die wir für die Bürgerinnen und Bürger vorgesehen haben, damit in der breiten Mitte die Inflation nicht Einkommenssteigerungen verschlingt. Schön wäre, wenn wir alles tun könnten für Kinder, was möglich wäre. Schön wäre, wenn wir zum Beispiel hinbekommen, dass das Bundesverfassungsgericht gestärkt wird.“

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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2 Kommentare

Gespeichert von Tom Kaperborg (nicht überprüft) am Di., 26.11.2024 - 09:10

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... und trotzdem ist es gut nach der panischen Schuldenbremsung der untreuen Tomate FDP, mit BK Scholz UND Verteidigungsminister Pistorius Ruhe auszustrahlen. Geld schaffen alle in "Euro"-pa - das ist ja nicht besser geworden in den letzten Jahren - also warum sollen wir für die anderen mitsparen. Wenn gemeinsame Herausforderungen nicht mehr auf die lange Bank geschoben werden können. Da wären: Verteidigung eines immer mehr auf sich gestelltes Europa, gemeinsames Stromnetz mit harmonisierten Preisen, Migration, Migration, Migration (das wird sich eher noch verstärken durch Druck in Mittelost u. Afrika), Inflation, Wohnungsbau. Diese Themen sind, ähnlich den USA vor kurzem, die vermutlich attraktivsten für uns deutsche Michels. Merz ist populistisch und die CDU bleibt ein Kanzlerwahlverein - einmal an der Macht sitzt es sich bequem in den Sesseln der Macht. Cannabis wollen die uns auch wieder verbieten: kleinere aber nicht unbedeutende Minderheit bei hoher Akzeptanz des Themas im Volk.