Gewalt an Frauen: SPD fordert Union zur Mitarbeit beim Gewaltschutz auf
Aggressionen gegen Frauen nehmen weiter zu: Fast jeden Tag stirbt in Deutschland eine Frau, meistens durch Männerhand. Die SPD hat am Internationalen Aktionstag ein Zeichen gesetzt – und einen Appell an die Union gerichtet.
Florian Gaertner/Photothek
SPD-Generalsekretär Matthias Miersch (links) und SPD-Parteichefin Saskia Esken hissen die Flagge gegen Gewalt gegen Frauen vor dem Willy-Brandt-Haus in Berlin.
Anlässlich des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen forderten Vertreter*innen aus Politik und Gesellschaft am Mittwoch stärkeren Gewaltschutz für Frauen. Vor dem Willy-Brandt-Haus haben der SPD-Generalsekretär Matthias Miersch und die SPD-Parteivorsitzende die Flagge gegen Gewalt gegen Frauen gehisst.
Hintergrund sind die neuesten Zahlen zu häuslicher Gewalt: Demnach wurde im Jahr 2023 fast jeden Tag eine Frau ermordet, weil sie eine Frau ist. In jedem zweiten Fall war der Partner oder Ex-Partner Täter. Insgesamt gab es fast 1000 versuchte und 360 vollendete Femizide. Statistisch gesehen erlebt in Deutschland alle drei Minuten eine Frau häusliche Gewalt.
Die SPD-Bundestagsfraktion nahm den Tag zum Anlass, die Union dazu aufzufordern, noch vor der Neuwahl dem Gewalthilfegesetz zuzustimmen. „Es ist ein Skandal, dass es Frauen in Deutschland gibt, die sich in ihren eigenen vier Wänden nicht sicher fühlen können“, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD, Katja Mast, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Diese Verbrechen treffen Frauen besonders hart. Und wo sie passieren, muss unser Rechtsstaat hart und sehr klar durchgreifen.“
Kommt das Gewalthilfegesetz noch?
Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) hatte den Gesetzesentwurf kurz vor Ende der Ampel-Koalition vorgelegt. Das Gewalthilfegesetz will Frauenhäuser mit Bundesgeldern von mehr als zwei Milliarden Euro unterstützen und einen Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung bei häuslicher Gewalt einführen. Paus will die Bundesländer verpflichten, das Netz an Frauenhäusern und Beratungsstellen auszubauen. Bundesweit fehlen derzeit über 14.000 Frauenhausplätze.
Die FDP hatte das Gesetz blockiert, weil es zu teuer sei. Der neue Bundesfinanzminister Jörg Kukies (SPD) stimmte dem Vorhaben aber zu. Das Bundeskabinett will es noch an diesem Mittwoch beschließen und in den Bundestag weiterleiten. Dort braucht sie die Zustimmung der Union.
Mast betonte die „politische Dimension“ von Gewalt gegen Frauen. Es sei nötig, noch stärker hinzuschauen und „in einem bundesweiten Konsens dafür zu sorgen, dass die Rechte von Frauen gestärkt und Schutzräume, beispielweise Frauenhäuser, ausreichend finanziert werden“. Dass immer wieder neu um Geld gerungen werden müsse, sei ein „Armutszeugnis“. „An alle Frauen in CDU und CSU sage ich: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“, sagte Mast.
„Die Scham muss die Seite wechseln"
Leni Breymaier sagte, die SPD-Fraktion spreche mit den anderen Fraktionen, um eine Mehrheit für Gewalthilfegesetz zu finden. „Parteipolitische Machtspiele sind hier nicht angebracht. Das Gesetz muss jetzt kommen." Die frauenpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion erinnerte an einen besonders erschreckenden Missbrauchsfall der jüngsten Geschichte. Die Französin Gisèle Pélicot war über Jahre von ihrem Ehemann betäubt und anderen Männern zur Vergewaltigung angeboten worden. „‚Die Scham muss die Seite wechseln‘“, zitierte Breymaier eine Aussage der Französin. Der Satz könne einen anderen Blick auf von Männern ausgehende Gewalt öffnen. „Darum ist es so wichtig, das Schweigen zu brechen. Wenn nicht geschwiegen und weggeschaut wird, dann kann sich für die Betroffenen viel ändern.“
Am Mittwoch kamen zahlreiche Bundestagsabgeordnete sowie Vertreter*innen aus der Zivilgesellschaft vor dem Bundestag zusammen. Dort übergaben der Deutsche Frauenrat und die „UN Women Deutschland“ einen Brandbrief an Bundesfrauenministerin Paus. Darin fordern 80.000 Menschen, unter ihnen zahlreiche Prominente, das Gewalthilfegesetz schnell auf den Weg zu bringen. „Die Gesellschaft ist nicht länger bereit das hohe Ausmaß an Gewalt gegen Frauen zu akzeptieren“, sagte Sylvia Haller, Vorstandsmitglied im Deutschen Frauenrat. Jede weitere Verzögerung koste Frauenleben. Der Bundestag müsse den Weg für das Gewalthilfegesetz freimachen – ohne parteipolitische Manöver. „Die beste Wahlwerbung ist, vom Reden endlich ins Handeln zu kommen."
Hohe Dunkelziffer
Auch der dbb Beamtenbund forderte eine schnelle Umsetzung des Gesetzes. „Wenn das Gesetz scheitert, ist das ein Schlag ins Gesicht für Millionen Frauen, die von Gewalt betroffen sind“, sagte Milanie Kreutz, stellvertretende Vorsitzende sowie Vorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung. „Ich appelliere an alle demokratischen Fraktionen im Bundestag, ihrer Verantwortung im Sinne der Frauen gerecht zu werden, damit wir das Gesetz durch den Bundestag bekommen.“ Mit einem Ausbau der Frauenhaus-Plätze würde Deutschland die Bedingungen der Istanbul-Konvention erfüllen, die es 2017 ratifiziert, aber bisher nicht umgesetzt habe. In dem Übereinkommen zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen sichern die unterzeichnenden Staaten zu, umfangreiche Maßnahmen zur Prävention und Sanktionierung von Gewalt zu treffen. Expert*innen hatte Deutschland große Defizite beim Schutz von Frauen bescheinigt. Zahlreiche Anforderungen der Istanbul-Konvention sind laut Bericht nicht erfüllt.
Nicola Böcker-Giannini sprach die Dunkelziffer von Gewaltfällen an – diese sei deutlich höher als die bekannten Zahlen und müsse systematisch aufgehellt werden, so die Landesvorsitzende der SPD Berlin. Ihr Amtskollege Martin Hikel forderte eine stärkere Bildungs- und Aufklärungsarbeit, um die Ursachen von geschlechterspezifischen Gewaltbereitschaft zu verhindern. „Besonders Männer und Jungen müssen hier auf Ihre besondere Verantwortung sensibilisiert werden.“ Die Landesvorsitzende der SPD-Frauen in Berlin, Ana-Maria Trăsnea, sagte: „Der November enthüllt den Horror, der sich in den Wohnzimmern sowie auf den Straßen in Deutschland abspielt. Wir können diese Gewalt gegen Mädchen und Frauen nicht länger tolerieren.“ Sie forderte, die Sicht der Betroffene durch Betroffenenräte sichtbarer zu machen.
Frauen, die von Gewalt betroffen sind, können sich rund um die Uhr kostenlos und anonym beim Hilfetelefon unter der Nummer 116 016 melden.
Dringender Handlungsbedarf: Schutz vor Catcalling und Gewalt!
Der Schutz von Frauen vor Gewalt ist ein dringendes Anliegen, das umfassende Maßnahmen erfordert. Trotz Fortschritten gibt es in Deutschland noch erhebliche Defizite bei der Umsetzung der Istanbul-Konvention und der EU-Richtlinie 2006/54/EG. Insbesondere fehlt es an klaren gesetzlichen Regelungen gegen Catcalling, obwohl dies ein wichtiger Schritt zur gesellschaftlichen Anerkennung der Schwere des Delikts wäre. Z. B. umfasst das hessische Frauensicherheitspaket wichtige Maßnahmen, aber ersetzt nicht ein bundesweites Gewalthilfegesetz. Dieses muss spezifische Regelungen zur Kriminalisierung von Catcalling schaffen. Also muss es klar nachgebessert werden. Eine klare gesetzliche Regelung soll die Rechtslage eindeutiger machen und den Schutz der Betroffenen verbessern. Es ist daher notwendig, dass die Politik entschlossen handelt und bestehende Lücken schließt, um den Schutz von Frauen umfassend zu gewährleisten. Das Selbstbestimmungsrecht darf nicht auf dem Wahlkampfaltar geopfert werden.
"Hintergrund sind die…
"Hintergrund sind die neuesten Zahlen zu häuslicher Gewalt: Demnach wurde im Jahr 2023 fast jeden Tag eine Frau ermordet, weil sie eine Frau ist."
Ich verstehe die Logik nicht so ganz. Die Männer stört es also das ihre Frau eine Frau ist? Wenn die Männer hingegen Männer geheiratet hätten, gäbe es keine häusliche Gewalt? Das ist doch Unsinn. Tatsächlich gibt es auch in LGBTQ-Beziehungen genauso oft oder sogar noch öfter häusliche Gewalt.
https://www.proutatwork.de/haeusliche-gewalt-in-lgbtiq-beziehungen/
Todesopfer sind nicht mit Gewaltopfer gleichzusetzen!
Die Aussage "fast jeden Tag wurde im Jahr 2023 eine Frau ermordet, weil sie eine Frau ist" bezieht sich auf Femizide, also Morde an Frauen aufgrund ihres Geschlechts. Dies bedeutet nicht, dass Männer ihre Frauen ermorden, weil sie Frauen sind, sondern dass die Gewalt oft geschlechtsspezifische Ursachen hat, wie Macht- und Kontrollverlust oder patriarchale Strukturen. Es ist wichtig zu verstehen, dass häusliche Gewalt auch in LGBTQ-Beziehungen vorkommt und teilweise sogar häufiger als in heterosexuellen Beziehungen. Opfergruppen sollten jedoch nicht mathematisch und politisch leichtfertig gegeneinander ausgespielt werden. Die Bekämpfung häuslicher Gewalt muss alle Betroffenen einbeziehen, unabhängig von Geschlecht oder sexueller Orientierung. Todesopfer wiegen jedoch, bei allem Verständnis für die Betroffenen, schwerer als Gewaltopfer.
" sondern dass die Gewalt…
" sondern dass die Gewalt oft geschlechtsspezifische Ursachen hat"
Das ist aber durch die Biologie begründet. Männchen sind bei fast allen Tieren stärker und aggressiver als Weibchen. Das ist bereits am unterschiedlichen Körperbau ersichtlich. Dieser biologische Fakt zeigt sich auch darin, das vor allem Männer als Soldaten eingezogen werden, weil im Krieg deren höhere Aggressivität vorteilhaft ist. Diese höhere Gewaltbereitschaft ist bei Männer aber immer vorhanden, auch wenn sie nicht angebracht ist, wie im häuslichen Umfeld. Man kann diesen biologischen Unterschied beklagen, aber genauso gut könnte man auch beklagen, dass Frauen in der Regel kleiner als Männer sind, denn auch die unterschiedliche Körpergröße hat "geschlechstspezifische Ursachen".