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Erbschaften und Spitzeneinkommen: Was über die SPD-Steuerpläne bekannt ist

Die von der SPD geplante Steuerreform sorgt für Aufsehen. Rund ein Prozent der höchsten Einkommen soll mehr abgeben, um 95 Prozent der Bürger*innen zu entlasten. Geplant ist allerdings mehr.

von Vera Rosigkeit · 17. Oktober 2024
Ein Notizbuch mit Aufschrift: Vermögensteuer

Die SPD möchte sehr hohe Einkommen und Vermögen höher besteuern, um notwendige Investitionen in die Zukunft zu finanzieren

Die SPD will 95 Prozent aller Steuerzahler*innen entlasten. Soweit der Plan, den die Partei bei ihrer Vorstandsklausur am vergangenen Wochenende beschlossen hat. Als Gegenfinanzierung schlagen die Sozialdemokrat*innen höhere Abgaben für Spitzenverdiener*innen vor. Betreffen soll das ein Prozent der Steuerzahler*innen.

Wie diese Rechnung aufgehen soll, dazu äußerte sich die SPD-Vorsitzende Saskia Esken am Montag bei der Vorstellung des Strategiepapiers nicht, sondern verwies auf das Regierungsprogramm, das in den kommenden Monaten erarbeitet werden soll. Einiges ist jedoch bereits bekannt.

Spitzensteuer

Aktuell zahlen Singles den Spitzensteuersatz in Höhe von 42 Prozent bei einem Jahreseinkommen zwischen 66.760 Euro und 277.825 Euro. Der Steuersatz wird jedoch nicht auf das gesamte Einkommen berechnet, sondern nur auf jeden Euro, der über 66.760 Euro liegt. Für die SPD greift dieser Spitzensteuersatz zu früh. Der Seeheimer-Kreis, ein Zusammenschluss von Bundestagsabgeordneten der SPD, hatte kürzlich in ihrem Strategiepapier zur Stärkung der „arbeitenden Mitte“ folgenden Vorschlag unterbreitet:
Danach soll der Spitzensteuersatz bei der Einkommensteuer von 42 Prozent später greifen: bei Singles ab einem Jahresbruttoeinkommen oberhalb von 80.000 Euro, bei Verheirateten oberhalb von 175.000 Euro. Gleichzeitig soll er für Topverdiener*innen auf 45 Prozent steigen

Höchst- oder Reichensteuer

Liegt ein zu versteuerndes Einkommen über 277.825 Euro (Ledige) bzw. 555.652 Euro (Partner*innen), wird es aktuell mit dem Höchststeuersatz, auch Reichensteuer genannt, von 45 Prozent besteuert. Auch hierzu haben die Abgeordneten des Seeheimer Kreises einen Vorschlag gemacht. Der sieht vor, den Höchststeuersatz, der ab knapp 278.000 Euro greift, auf 48 Prozent anzuheben. Die Einnahmen aus der Einkommen- und Höchststeuer fließen zu jeweils 42,5 Prozent in die Kassen von Bund und Ländern, die restlichen 15 Prozent stehen den Gemeinden zu.

Erbschafts- und Schenkungsteuer 

Bei ihrer Vorstellung der Steuerpläne verwies die SPD-Chefin auf Nachfrage, ob auch Vermögen und Erbschaften herangezogen werden sollen, auf den Parteitagsbeschluss vom Dezember 2023. Dieser Beschluss, so die SPD-Vorsitzende, „steht in jedem Fall über dem Beschluss eines Parteivorstands und gilt auch weiterhin“.

Danach plant die SPD neben einer Reform bei der Einkommenssteuer auch Veränderungen bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Kritisiert wird, dass viele Bürger*innen heute auf vergleichsweise kleine Erbschaften deutlich höhere Steuern zahlen als Erb*innen von Multimillionen- und Milliardenvermögen, die oftmals in Unternehmen gebunden sind. Sie sollen mehr zum Gemeinwohl beitragen, während das selbstgenutzte Familienheim auch in Zukunft unangetastet bleiben soll. Die Einnahmen fließen in die Haushalte der Länder.

Vermögensteuer

Im Programm für die Bundestagswahl 2021 hatte sich die SPD für die Wiedereinführung der Vermögensteuer stark gemacht: Dort  war von einem maßvollen, einheitlichen Steuersatz von einem Prozent für sehr hohe Vermögen die Rede. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Achim Post hatte die Forderung nach einer Wiedereinführung der Vermögensteuer Anfang der Woche gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) bekräftigt. Die Vermögensteuer galt bis 1996 und wurde 1997 vom Bundesverfassungsgericht ausgesetzt, weil die Richter*innen die damalige Ausgestaltung der Steuer als verfassungswidrig beurteilten. Die Einnahmen kämen ebenfalls den Bundesländern zugute.  

Worum es der SPD geht

Die Reformpläne der SPD verfolgen das Ziel, dass sich soziale Ungleichheiten nicht weiter verschärfen. Laut Saskia Esken sollen Einkommen, Vermögen und Chancen „nicht immer weiter auseinanderlaufen“. Es geht aber auch um die Finanzierung von „Generationenaufgaben“, die die SPD im klimaneutralen Umbau der Wirtschaft und der Digitalisierung sieht. Allem voran sollen finanzielle Spielräume für zusätzliche Investitionen in die Bildung geschaffen werden. So ist es im Beschluss des SPD-Parteitags vom Dezember 2023 nachzulesen.

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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6 Kommentare

Gespeichert von Peter Boettel (nicht überprüft) am Fr., 18.10.2024 - 10:47

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Die Realisierung einer gerechten Steuerpolitik wurde von Wahlperiode zu Wahlperiode hinausgeschoben und war immer wieder Opfer widersinniger Koalitionsvereinbarungen entweder mit der Union oder mit der FDP.
Wenn die SPD bei Wahlen wieder besser abschneiden will, ist es allerhöchste Zeit, diese schreiende Ungerechtigkeit, bei der die Vermögenden reicher und die Armen ärmer werden, durch eine umfassende Steuerreform mit Reaktivierung der Vermögenssteuer, einer Anhebung der Erbschaftssteuer sowie des Höchstsatzes der Einkommensteuer, endlich zu beseitigen.

Sollte sich die SPD weiterhin in diesem Punkt von den anderen Parteien kleinkriegen lassen, wird sie weiterhin ihren Anspruch, Partei der Lohnabhängigen, der Rentner und Benachteiligten zu sein sowie Stimmen und Mitglieder verlieren.

Unsere Gründer würden sich im Grabe herumdrehen, wenn sie erleben müssten, wie sich unsere Partei im Laufe mehrerer Jahrzehnte ständig den Forderungen der Konservativen und Neoliberalen unterworfen hat statt ihre eigenen programmatischen Ziele konsequent zu vertreten!

Wenn die Blockadepartei sich nicht an die Koalitionsvereinbarungen bezüglich Tariftreuegesetz oder Lieferkettengesetz halten will, sollte die SPD endlich Punkte durchsetzen, die nicht im Koalitionsvertrag vorgesehen sind.

Gespeichert von Martin Holzer (nicht überprüft) am Fr., 18.10.2024 - 19:41

Antwort auf von Peter Boettel (nicht überprüft)

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"Unsere Gründer würden sich im Grabe herumdrehen, wenn sie erleben müssten, wie sich unsere Partei im Laufe mehrerer Jahrzehnte ständig den Forderungen der Konservativen und Neoliberalen unterworfen hat statt ihre eigenen programmatischen Ziele konsequent zu vertreten!"

Wer hat Schröder damals zur neoliberalen Agenda 2010 gezwungen? Das war doch eine rot-grüne Koalition oder irre ich mich?

Leider muss ich Ihnen zustimmen; denn gerade Schröder hat damals den Spitzensteuersatz bei der Einkommensteuer gesenkt und diese unsinnige Agenda 2010 eingeführt. Dies ändert aber nichts an dem, was ich ausgeführt habe.

Gespeichert von max freitag (nicht überprüft) am Fr., 18.10.2024 - 13:23

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nachhaltig lösen, und das erben generell abschaffen. Beim Tod vorhandenes Vermögen muss an den Staat fallen, der ja auch die Vermögensbildung erst durch seine Leistungen möglich gemacht hat. Gegenstände ohne wirtschaftlichen Wert, Fotos der Familie (keine von künstlerischem Wert) usw. verbleiben natürlich bei den Hinterbliebenen.
Die Partei bewegt sich zwar in diese Richtung, aber aus meiner Sicht viel zu zögerlich

"Gegenstände ohne wirtschaftlichen Wert, Fotos der Familie (keine von künstlerischem Wert) usw. verbleiben natürlich bei den Hinterbliebenen."

Besser nicht. Sonst erinnern sie sich durch die Fotos noch an bessere Zeiten und biegen dann "falsch ab".