Wenig Kompetenz: Deshalb hat die SPD die Bundestagswahl 2025 verloren
Desaströse Werte für die Bundesregierung und den Kanzler sowie wenig Vertrauen in die Kompetenz der SPD bei wichtigen Themen: Das sind die Hauptgründe für das Wahldebakel der Sozialdemokratie. Doch es gibt auch Grund zur Hoffnung für die SPD.
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Wahlabend im Willy-Brandt-Haus am 23. Februar 2025: Bundeskanzler Olaf Scholz (l.) stellt sich den Fragen der Journalist*innen, neben ihm die Parteivorsitzende Saskia Esken.
Für die Sozialdemokratische Partei Deutschlands mit ihrer langen Geschichte ist das Ergebnis von 16,4 Prozent bei dieser Bundestagswahl ein Tiefschlag von historischem Ausmaß: Ein schwächeres Resultat erreichte die Partei vor 138 Jahren, bei der Reichstagwahl im Jahr 1887, als sie auf 10,1 Prozent der Stimmen kam. Die Wahl 2025 ist für die SPD damit eine Jahrhundertniederlage.
Deshalb stellen sich für die Sozialdemokrat*innen diese Fragen mit besonderer Dringlichkeit: Wie konnte es zu diesem Wahldesaster kommen? Was genau sind die Gründe? Und was kann die SPD tun, damit es beim nächsten Mal wieder besser läuft?
Negativrekord bei Bewertung einer Bundesregierung
Die Wahlforschung hat auf alle diese Fragen klare Antworten. Laut Infratest dimap ist ein zentraler Grund für den Absturz der SPD die desaströse Bewertung der Bundesregierung. Nur 17 Prozent sind mit ihrer Arbeit zufrieden. Das ist ein absoluter Negativrekord.
Zugleich wird der SPD von 24 Prozent der Befragten die größte Verantwortung für die aktuellen Probleme Deutschlands zugeschrieben. 21 Prozent sehen die Union hauptverantwortlich, 20 Prozent die Grünen. Die Verantwortung der Union sieht mit 54 Prozent sogar eine klare Mehrheit dafür, „dass in den letzten Jahren so viele Flüchtlinge und Asylbewerber nach Deutschland gekommen sind“. Zwölf Prozent der Befragten machen dafür die SPD verantwortlich.
Die Asyl- und Flüchtlingspolitik spielt auch eine große Rolle bei der niedrigen Kompetenz der SPD bei wichtigen politischen Themen. Nur 14 Prozent der Befragten trauen ihr „am ehesten zu, eine gute Asyl- und Flüchtlingspolitik zu betreiben“, so infratest dimap. Acht Prozent weniger als noch vor der Wahl 2021.
Der Union trauen das 26 Prozent zu – plus drei Prozent, der AfD 22 Prozent – plus acht Prozent. Der Kompetenzverlust der SPD entspricht also genau dem Kompetenzgewinn der AfD beim Thema Asyl und Geflüchtete.
Massive Kompetenzverluste der SPD
Auch bei anderen wichtigen Themen erleidet die SPD massive Verluste bei der Kompetenzzuschreibung. 26 Prozent der Befragten halten die SPD für kompetent beim Thema soziale Gerechtigkeit – das sind aber 14 Prozent weniger als vor vier Jahren. 24 Prozent sehen eine SPD-Kompetenz beim Thema Altersversorgung – auch hier ein kräftiges Minus von zwölf Prozent.
18 Prozent halten die Partei für kompetent bei den Themen Steuern und Finanzen – das sind 13 Prozent weniger als 2021.
Eine wichtige Rolle für das Debakel der SPD spielt ihr Spitzenkandidat, also Bundeskanzler Olaf Scholz. 2021 trauten ihm noch 66 Prozent grundsätzlich das Amt des Kanzlers zu. Nun, nach dreieinhalb Jahren im Amt, sind es nur 30 Prozent.
27 Prozent glauben, der Kanzler könne das Land gut durch eine Krise führen. 2021 trauten Scholz dies noch 60 Prozent zu. Das hat Folgen: Nur noch 18 Prozent der SPD-Wähler*innen wählten die Partei 2025 wegen Scholz. Vor vier Jahren waren es laut infratest dimap mit 36 Prozent doppelt so viele.
Kein Kanzler wurde jemals schlechter bewertet
Auch die Forschungsgruppe Wahlen kommt zu ausgesprochen schlechten Werten für Scholz. Auf die Frage, welchen Kanzlerkandidat*innen sie bevorzugen, sagen nur 19 Prozent Olaf Scholz. 34 Prozent votieren für Friedrich Merz, je 18 Prozent für Robert Habeck und für Alice Weidel. Bei der Frage nach dem Ansehen auf einer Skala von plus fünf bis minus fünf erreicht Scholz mit minus 0,5 einen so schlechten Wert, wie kein Kanzler vor ihm. 2021 kam er noch auf einen Positivwert von 1,4.
Die Befragten gaben als wichtigste Themen dieser Wahl an: Frieden und Sicherheit (51 Prozent), Wirtschaft (40 Prozent), soziale Gerechtigkeit (34 Prozent), Flucht/Asyl (28 Prozent) und Rente/ Alterssicherung (22 Prozent).
Bei den wichtigen Themen Wirtschaft und Flucht/Migration schneidet die SPD besonders schlecht ab. 41 Prozent halten die Union in der Wirtschaftspolitik für kompetent, aber nur zehn Prozent die SPD. Sogar die AfD kommt hier mit 15 Prozent auf einen besseren Wert. In der Asyl- und Flüchtlingspolitik halten nur 17 Prozent die SPD für kompetent, 26 Prozent die Union und 21 Prozent die AfD. In ihrer Domäne soziale Gerechtigkeit verliert die SPD dagegen stark an Vertrauen, während die Linke deutlich zulegt.
Doch es gibt Grund zur Hoffnung
Bei allen schlechten Nachrichten, die die Demoskopie für die SPD nach dieser Wahl hat, es gibt auch eine gute. So sieht infratest dimap einen Grund zur Hoffnung für die SPD: Denn trotz der sehr starken Verluste von 9,3 Prozentpunkten bleibt das Wählerpotenzial der Sozialdemokratie hoch. 40 Prozent der Wähler*innen können sich nämlich auch weiterhin vorstellen, künftig die SPD zu wählen.
Damit hat sie auch weiterhin das Potential, Volkspartei zu sein. Vorausgesetzt, sie lernt aus ihren Fehlern bei der Bundestagswahl 2025.