Parteileben

Reparaturcafé der SPD in Hamburg: Wenn Parteiarbeit Handarbeit ist

Ob Wasserkocher oder Toaster: In ihrem Reparatur-Café leisten die Mitglieder des Hamburger SPD-Distrikts Harburg-Nord praktische Hilfe, wenn etwas defekt ist. Dafür wurden sie bereits ausgezeichnet.

von Kai Doering · 25. Dezember 2023
Mit Nähmaschine und Schraubenzieher: Zweimal im Jahr öffnet der SPD-Distrikt Harburg-Nord sein Reparaturcafé.

Mit Nähmaschine und Schraubenzieher: Zweimal im Jahr öffnet der SPD-Distrikt Harburg-Nord sein Reparaturcafé.

Das Paar mit dem Staubsauger sitzt schon eine Stunde, bevor es losgeht, vor der Tür. Zwölf Kilometer sind sie aus Finkenwerder nach Heimfeld angereist, weil sie hier auf Hilfe hoffen. Der Staubsauger tut es einfach nicht mehr. Doch bevor das Reparatur-Café des SPD-Distrikts Harburg-Nord an diesem Freitagabend im November öffnet, müssen Claudia Loss und Michael Dose erstmal ein paar Tische aufbauen und Werkzeug zurechtlegen. Loss und Dose sind die Vorsitzenden des Distrikts, wie in Hamburg die Ortsvereine heißen.

Praktische Hilfe bei Kaffee und Kuchen

„Wir leben leider in einer Wegwerfgesellschaft. Viele Geräte lassen sich heute gar nicht mehr öffnen“, sagt Michael Dose. Um dem etwas entgegenzusetzen, haben die Hamburger 2011 das Reparatur-Café ins Leben gerufen. Zweimal im Jahr öffnen sie es in einem Nachbarschaftstreff. Zwei Stunden lang können Menschen mit defekten Geräten, kaputter Kleidung oder reparaturbedürftigen Fahrrädern vorbeikommen. Die Mitglieder des Distrikts schrauben sie auf, geben Tipps und bringen die Geräte im besten Fall wieder zum Laufen.

Auch Dierk Koch kann an diesem Abend weitergeholfen werden. Nach dem Waschen ließen sich die Reißverschlüsse von zwei Kissen nicht mehr öffnen. Koch hat neue gekauft, mit denen er nun vor Jessica Bartels sitzt. Während sie die alten Reißverschlüsse heraustrennt und die neuen einnäht, lässt sich Dierk Koch ein Stück Kirschkuchen schmecken, den Barbara Jörges und Dagmar Welke aus dem Distrikt für das Reparatur-Café gebacken haben. Koch ist begeistert von dem Angebot, von dem er über den Newsletter des Distrikts erfahren hat.

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Vor dem Nachbarschaftstreff hat Björn Loss das Fahrrad von Regine Schuhmacher eingespannt. Das Rücklicht ist kaputt, aber Schuhmacher hat Ersatz mitgebracht. Zwanzig Minuten später ist die neue Lampe angebracht und leuchtet. Bevor er ihr das Rad zurückgibt, ölt Björn Loss noch schnell die Kette. „Beim nächsten Mal bringe ich die Hose meiner Tochter mit“, sagt Regine Schuhmacher als sie erfährt, dass im Reparatur-Café auch genäht wird. Die Idee für das Café geht auf Björn Loss zurück.

Eine Idee aus den Niederlanden

„Vor Jahren habe ich gehört, dass es so etwas in den Niederlanden gibt“, erzählt er. Für ihn sei sofort klar gewesen: „So etwas will ich auch machen.“ Loss sprach mit seiner Frau Claudia darüber, und sie schlug ihm vor, das mit der örtlichen SPD zu machen. „Dafür musste er dann aber erst mal eintreten“, erzählt Claudia Loss und grinst. Im Gegensatz zur Distriktvorsitzenden war Björn Loss damals nämlich noch kein Partei-Mitglied.

Michael
Dröscher

Eine Partei, die 160 Jahre alt ist, sollte nicht lockerlassen, nah bei den Menschen zu sein.

Im Mai standen die beiden gemeinsam auf einer Bühne im Willy-Brandt-Haus und nahmen für das Reparatur-Café den Wilhelm-Dröscher-Preis entgegen. Mit dem Café werde „ein lokales Netzwerk geschaffen über die Partei hinaus“, lobte der Vorsitzende des Preiskuratoriums Michael Dröscher. „Eine Partei, die 160 Jahre alt ist, sollte nicht lockerlassen, nah bei den Menschen zu sein“, betonte er.

„Der Dröscher-Preis ist eine große Ehre für uns“, sagt Claudia Loss. Ein Video von der Preisverleihung wurde auf dem Parteitag der Hamburger SPD gezeigt. „Vom Preisgeld haben wir erst mal alle, die sich am Reparatur-Café beteiligen, zum Essen eingeladen, um uns für die jahrelange Arbeit zu bedanken“, erzählt die Vorsitzende. Darüber hinaus schaffte der Distrikt Mützen und Jacken mit dem eigenen Logo an und stabile Plakatträger, um das Reparatur-Café im Viertel anzukündigen. „Die Menschen merken sich, wenn man so etwas kontinuierlich macht“, ist Claudia Loss überzeugt. Viele, die kämen, könnten sich neue Geräte nur schwer leisten. Bei anderen stehe der Umweltaspekt im Vordergrund.

Eine Möglichkeit, Menschen zu erreichen

„Das Café öffnet uns auch als Partei Türen“, ist ihr Mann Björn überzeugt. Viele, die kämen, würde die SPD sonst vermutlich nicht erreichen. Nicht jeder hätte auch etwas zum Reparieren dabei. „Ein Teil kommt auch einfach nur zum Klönen.“ In den zwei Stunden im November besuchen etwa 50 Personen das Reparatur-Café. Auch wenn nicht alles repariert werden kann, geht niemand traurig nach Hause. „Und vielleicht“, hofft Michael Dose, „erinnert sich auch bei der Wahl der eine oder andere an uns“.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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