Politischer Aperitif: Wie die SPD Weinheim ins Gespräch kommt
An jedem vierten Freitag im Monat lädt die SPD Weinheim zum „Politischen Aperitif“ ein. Ziel ist ein lockerer Austausch von „Menschen mit und ohne Parteibuch“. Das eine oder andere Neumitglied konnte so auch bereits gewonnen werden.
Claudia Jordan | vorwärts
Politik bei einem Gläschen: Rudolf Large und Stella Kirgiane-Efremidou von der SPD Weinheim freuen sich über viel Zuspruch zum Politischen Aperitif des Ortsvereins.
Wer an diesem Abend unweit des Weinheimer Marktplatzes in die mondbeschienene Gasse einbiegt, braucht kein Hinweisschild. Ein Blick in den Kalender genügt: Der vierte Freitag im Monat, 18.30 Uhr, die SPD lädt zum Politischen Aperitif ein. Spätestens das SPD-Banner vor dem Eingang zum Parteibüro verrät den Gästen, dass sie richtig sind. Dann öffnet sich die Tür und direkt dahinter begrüßen die SPD-Stadtratsmitglieder Stella Kirgiane-Efremidou und Rudolf Large die Neuankömmlinge. „Was wollt ihr trinken?“ – die erste und an diesem Abend entscheidende Frage. Wein, Bier oder doch etwas Nichtalkoholisches? Schnell entspinnt sich ein Gespräch.
Ein lockerer Austausch bei einem guten Glas
Large, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Universität Stuttgart, sitzt seit 2019 für die SPD im Stadtrat. Im selben Jahr hatte er die Idee für den Politischen Aperitif. Ein lockerer Austausch, der sich laut Ankündigung an „Menschen mit und ohne Parteibuch, die das offene und überparteiliche Gespräch bei einem guten Glas schätzen“, richtet. An diesem Abend Ende Januar ist es die 54. Auflage. Nur einmal, im März 2020 haben sie wegen Corona pausiert, erläutert Large. Zwischendurch trafen sie sich online via Zoom. Im Sommer touren sie mit dem Format durch die Weinheimer Stadtteile. Dann kommen teilweise mehr als 50 Personen. „Die Idee ist, etwas Niedrigschwelliges anzubieten, bei dem jeder kommen kann“, ergänzt Kirgiane-Efremidou. Auch einige Neumitglieder habe die Weinheimer SPD dadurch bereits gewonnen, erzählt sie stolz.
Eines kommt gerade durch die Tür: Regina Ketelsen-Ross. Kirgiane-Efremidou und Large stecken die Köpfe zusammen: „Dann können wir ihr doch heute das Parteibuch überreichen!“ Schnell ist ein Kugelschreiber für eine persönliche Widmung besorgt. So beginnt der Abend für Ketelsen-Ross mit einer schönen Überraschung. Sie lächelt. Auch Luca Panizzo hat durch den Politischen Aperitif seinen Weg zur SPD gefunden. Vor fünf Jahren zog er aus Italien nach Weinheim, war dort vorher bereits im PD, der italienischen SPD-Schwesterpartei, aktiv. „Der Politische Aperitif ist auch ein Auffangbecken für Leute, die zuziehen. Luca ist dafür das beste Beispiel. Er hat in der Zeitung davon gelesen. Jetzt ist er da“, sagt Large.
Wobei „da“ fast schon untertrieben ist, denn Panizzo ist nicht nur anwesend, sondern hat sich gleich mal als Kandidat für die Kommunalwahl am 9. Juni aufstellen lassen. Parallel zur Kommunalwahl in Baden-Württemberg steht dann auch die Europawahl an. Entsprechend europäisch soll auch der Wahlkampf ausgerichtet sein. „Weinheim ist wirklich bunt. Es gibt hier sehr viele Initiativen, die sich für Europa einsetzen“, sagt die in Griechenland geborene Kirgiane-Efremidou.
Schon halb in Italien
Sie ist bereits seit 1999 Stadträtin, zudem seit zehn Jahren Fraktionsvorsitzende, darüber hinaus Vorsitzende des griechisch-deutschen Freundeskreises und Vorsitzende des Stadtteilvereins „Pro Weststadt“. Dort, im größten Weinheimer Stadtteil, betreibt sie mit ihrem Mann seit mehr als 40 Jahren ein griechisches Restaurant. „Man kennt sich in der Weststadt“, sagt Kirgiane-Efremidou, außerdem Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Migration und Vielfalt in der SPD. Entschuldigend läuft sie Richtung Tür: „Fasching!“ Die Fünfte Jahreszeit ruft, in der Weststadt wartet noch eine Sitzung an diesem Abend.
Doch auch im Parteibüro ist die Stimmung weiterhin gut. Etwa 20 Personen stehen oder sitzen zusammen, plaudern bei Wein, Salzbrezeln und französischen Macarons über lokale Themen wie ein mögliches Hotel in der Nähe des örtlichen Erlebnisbades. Eine Bürgerinitiative will das verhindern und mobilisiert in Verbindung mit der Kommunalwahl dagegen. Dann darf auch Luca Gump zum ersten Mal kandidieren. Der 20-jährige Rettungssanitäter ist der jüngste Kandidat auf der SPD-Liste, auch wenn er noch kein Parteibuch besitzt. Large kennt ihn von gemeinsamen Aktivitäten beim Roten Kreuz und hat ihn angesprochen. „Ich finde das total spannend. Das wollte ich schon immer machen. Insofern hat Rudolf mir einen Lebenstraum erfüllt“, sagt Gump und verspricht, in seinem Freundeskreis für mehr politisches Engagement zu werben.
Die Werbung für den Politischen Aperitif hat dazu geführt, dass an diesem Abend sogar zwei Genossen aus dem 20 Kilometer entfernten Fürth im hessischen Odenwald extra vorbeigekommen sind. Weinheim hat es ihnen angetan. „Weinheim gibt sich das Image, schon halb in Italien zu liegen. Da springen wir mit dem Aperitif gerne mit auf“, sagt Large.
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo