SPD TV: Warum ein Ortsverein jetzt eigenes Fernsehen macht
Ulf Buschmann
Es sind nur noch wenige Minuten und alle sind ein bisschen nervös. Frank Tecklenborg gibt letzte technische Anweisungen: „Die Mobiltelefone bitte entweder in den Flugmodus stellen oder abschalten.“ Während die meisten der Anwesenden zu ihren Smartphones greifen, macht sich Andree Wächter locker. An ihm liegt es gleich als Moderator, die Zuschauer ins Thema einzuführen.
Das Intro läuft und um Punkt 19.30 Uhr begrüßt Wächter die Zuschauer*innen. Die sitzen vor ihrem Tablet, Notebook oder Computer. Andree Wächter ist Moderator von „SPD-TV“. Dieses Format haben sich die Genoss*innen des SPD-Ortsvereins Bruchhausen-Vilsen im niedersächsischen Landkreis Diepholz ausgedacht. Ihr Ziel: Im niedersächsischen Kommunalwahlkampf unter Pandemiebedingungen möglichst viele Menschen zu erreichen.
Fertig bis zur Tagesschau
19.29 Uhr: Martina Claes, 2. Vorsitzendes des Ortsvereins, und Frank Tecklenborg zählen runter. Andree Wächter begrüßt die Zuschauer – und kommt sofort auf den Punkt. Bei den niedersächsischen Genossinnen und Genossen ist es wie im echten Fernsehleben: Die Zeit ist knapp. Das Ziel ist klar: „Bis zur Tagesschau sind wir fertig!“
„Schwimmen ist eine Sportart für Jung und Alt“, sagt Andree Wächter an seinem Moderatorentisch, denn an diesem Tag geht es um die Bäder in der Samtgemeinde Bruchhausen-Vilsen. Nach einem Einspieler, in dem die drei Bäder vorgestellt werden, wechselt der Moderator den Platz. Nun sitzt er zusammen mit Lars Bierfischer, Bürgermeister der Gemeinde Bruchhausen-Vilsen, Reinhard Thöle, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Samtgemeinderat und dem Bürgermeister von Schwarme, Johann-Dieter Oldenburg zusammen.
Wahkampf-Angebot im Internet
Zwei beheizte Freibäder und ein Hallenbad gibt es in der Samtgemeinde, erfahren die Zuschauer*innen an ihren Endgeräten. Im Gegensatz zu anderen Kommunen wollen sich die Mitgliedsgemeinden als Träger diese Sportstätten für alle auch in Zukunft leisten. An Schließung denke niemand, im Gegenteil: Alle Zeichen stehen auf Weiterentwicklung. Für den Unterhalt seien im aktuellen Haushalt der Samtgemeinde sowie der Mitgliedsgemeinden allein in diesem Jahr 500.000 Euro eingeplant. Übrigens gibt es für jedes Bad auch einen eigenen Förderverein. Ihre Mitglieder leisten zusätzlich ehrenamtliche Arbeitseinsätze. „Schwimmen ist Teilhabe“, fasst Andree Wächter die Diskussionsrunde zusammen.
Die Idee zu „SPD-TV“ hatte Lars Bierfischer. Er ist nicht nur Bürgermeister der Gemeinde Bruchhausen-Vilsen, sondern auch Kassenwart des Ortsvereins. Hintergrund der Überlegungen: Zwar steht im September die Kommunalwahl an, doch Wahlkampf im klassischen Sinne ist aufgrund der Beschränkungen durch die Corona-Pandemie in diesem Jahr kaum möglich. Also machen die Sozialdemokrat*innen den Menschen im Internet ein Angebot.
Planungen seit Anfang des Jahres
Anfang des Jahres begannen dann die Planungen: Wo und wie sollte das Fernsehstudio aufgebaut sein? Wie soll das Projekt heißen? Und vor allem: Wie müssen sich die beteiligten Genossinnen und Genossen vor der Kamera präsentieren? Antwort auf letzteres gab Anuschka Bačić. Die selbstständige Videoproduzentin aus Vechta zeigte den Bruchhausen-Vilsenern in einem Workshop die nötigen Kniffe und Tricks.
Derzeit ist „SPD-TV“ nur für den Kommunalwahlkampf geplant. Doch der Wille, das Projekt darüber hinaus fortzusetzen, ist bei allen Beteiligten vorhanden. Schließlich sei der Trend, Politik über soziale Medien wie Youtube zu machen, längst da. OV-Vizechefin Martina Claes sieht für die Sozialdemokrat*innen vor Ort einen großen Vorteil gegenüber den klassischen Lokalmedien: „Hier bestimmen wir die Inhalte.“ Diese könnten in der Perspektive auch ruhig größer sein, sprich: Die Bruchhausen-Vilsener möchten gerne größere Themen anpacken.
Komplizierte Themen einfach rüberbringen
Der Ortsvereinsvorsitzende Michael Albers setzt noch eines drauf: „Ich wünsche mir, dass wir nach der Wahl aktuell sind.“ Und das sollte nach Überzeugung von Samtgemeinderats-Fraktionschef Reinhard Thöle nicht nur „SPD-TV“ gelten. Vielmehr müsse es möglich sein, von öffentlichen Veranstaltungen wie Ausschuss- und Ratssitzungen oder auch Bürgerinformationen live zu berichten. „Es kommen ja kaum noch Leute“, begründet Reinhard Thöle seinen Vorstoß.
„Wichtig ist, dass alles für die breite Masse verständlich ist“, meint Moderator Andree Wächter. „Wir müssen komplizierte Themen einfach rüberbringen.“