Parteileben

Maria Harutyunyan: In Rheinland-Pfalz daheim, in Europa zuhause

Im Ausschuss der Regionen in Brüssel ist sie regelmäßig das jüngste Mitglied. Demnächst geht für die rheinland-pfälzische SPD-Kommunalpolitikerin Maria Harutyunyan mit der Reise in die armenische Hauptstadt Jerewan ein Lebenstraum in Erfüllung.

von Jonas Jordan · 3. September 2025
Maria Harutyunyan im Ausschuss der Regionen in Brüssel

Maria Harutyunyan im Ausschuss der Regionen in Brüssel

Der 24. April hat für Maria Harutyunyan eine doppelte Bedeutung. Denn an diesem Tag verhafteten die türkischen Behörden im Jahr 1915 mehr als 2.000 Mitglieder der armenischen Elite in Istanbul. Dieser Tag gilt als Gedenktag an den Völkermord an den Armenier*innen in den Jahren 1915 und 1916, dem schätzungsweise mehr als eine Million Menschen zum Opfer fielen. Einige Jahrzehnte später wird an eben jenem Tag in Mainz Harutyunyan geboren. Sie sehe darin eine späte Genugtuung, sagt die armenischstämmige SPD-Kommunalpolitikerin im Gespräch mit dem „vorwärts“. Denn sie stehe mit ihrer Person und ihrem Engagement für Völkerverständigung statt für Kulturkampf, sagt sie.

Eine Reise zu den Wurzeln

Im Oktober wird die 28-Jährige als Teil einer Delegation der Konferenz der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften der Östlichen Partnerschaft (CORLEAP) in die armenische Hauptstadt Jerewan reisen und dort den Bürgermeister treffen. „Damit geht für mich ein Kindheitstraum in Erfüllung“, sagt die Rheinland-Pfälzerin. Die Möglichkeit, ihr Land dort zu repräsentieren, wo ihre Wurzeln liegen, sei etwas ganz Besonderes, sagt sie, ein „unbeschreibliches Gefühl“. Die Möglichkeit erhält sie, weil sie das jüngste Mitglied im Europäischen Ausschuss der Regionen (AdR) ist. Das Gremium ist die Versammlung von Regional- und Kommunalvertreter*innen der Europäischen Union.

In den AdR wurde sie in diesem Jahr für fünf Jahre als stellvertretendes Mitglied gewählt. Als solches vertritt sie regelmäßig den rheinland-pfälzischen Landtagsabgeordneten und kürzlich neu gewählten SPD-Generalsekretär Gregory Scholz, beispielsweise bei den monatlichen Plenartagungen in Brüssel. Ähnlich wie das Europaparlament bildet auch der AdR sowohl die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union als auch ihre politischen Kräfte in ihrer gesamten Breite ab, nur eben mit Fokus auf die kommunale Ebene. Bei Harutyunyan ist es der Rat der rheinhessischen Verbandsgemeinde Rhein-Selz, dem sie seit der Kommunalwahl im vergangenen Jahr angehört.

2024 fürs Europaparlament kandidiert

Doch auch Europapolitik ist für die Rheinland-Pfälzerin kein ganz neues Gebiet. Parallel zur Kommunalwahl kandidierte sie 2024 auch für das Europaparlament. „Ich kandiere für das Europäische Parlament, weil ich der Meinung bin, dass die Perspektiven junger Menschen mit Migrationshintergrund und Armutserfahrung nicht ausreichend repräsentiert sind im Europaparlament“, sagte sie damals im Interview mit dem „vorwärts“ zu ihrer Motivation. Ihr Listenplatz 23 hätte zehn Jahre zuvor noch für den Einzug ins Europaparlament gereicht, 2024 aufgrund des historisch schlechten SPD-Ergebnisses von 13,9 Prozent jedoch nicht.

Harutyunyan blieb der Europapolitik dennoch treu und engagiert sich nun eben im AdR. Auch weil sie sagt: „Gerade in Zeiten der vielen Krisen und der sozialen Spaltung, die wir im Moment erleben, bin ich der Meinung, dass es umso wichtiger ist, über Europa zu reden und vor allem über die Errungenschaften, die Europa mitgebracht hat.“ Zwar räumt sie ein, dass die Europäische Union nicht immer ein Vorbild sei, beispielsweise wenn es um die rigide Abschottungsrhetorik in der Asyl- und Migrationspolitik gehe. Doch Europa könne inmitten der Vielzahl an Krisen und insbesondere gegenüber China, Russland und den von Donald Trump geführten Vereinigten Staaten von Amerika nur gemeinsam bestehen.

Rechtsruck kraftvoll entgegentreten

Ob sie 2029 noch einmal für das Europaparlament kandidieren wird, kann Harutyunyan noch nicht sagen. Erst einmal liege ihre Priorität in der Arbeit im AdR darin, die Brandmauer gegen rechts stabil zu halten und insbesondere zu verhindern, dass es europaweit zu einer Aushöhlung von Frauenrechten komme. „Emanzipation ist kein Geschenk, sondern ein Recht für alle Frauen“, macht Harutyunyan deutlich. Von ihrer SPD fordert sie daher, „in dieser polarisierten Zeit“ die Hoffnung nicht aufzugeben, sondern dem Rechtsruck kraftvoll entgegenzutreten und ihn zu bekämpfen.

 

Zur Serie

In unserer Serie „Rising Stars“ stellen wir in loser Reihenfolge Menschen aus der Sozialdemokratie vor, die auf unterschiedlichen Ebenen der Partei mit ihren Ideen oder ihrem Handeln beispielhaft für die Erneuerung der Partei stehen.

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

Weitere interessante Rubriken entdecken

Noch keine Kommentare
Schreibe einen Kommentar

Klartext

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
  • Website- und E-Mail-Adressen werden automatisch in Links umgewandelt.