Meinung

Veteranentag: Ein überfälliges Zeichen, bei dem es nicht bleiben darf

Am 15. Juni werden erstmals die Soldat*innen der Bundeswehr mit einem Veteranentag gewürdigt. Das ist sehr gut, um ihre Bedeutung für uns alle herauszustellen. Als Symbol allein reicht das aber nicht aus.

von Kai Doering · 25. April 2024
Soldat*innen sind in Deutschland meistens unsichtbar, selbst wenn sie, wie hier, im Inland helfen. Ein Veteranentag soll das nun ändern.

Soldat*innen sind in Deutschland meistens unsichtbar, selbst wenn sie, wie hier, im Inland helfen. Ein Veteranentag soll das nun ändern.

Als Ende Juni 2021 die letzten deutschen Soldat*innen aus Afghanistan zurückkehrten, bekam es kaum jemand mit. Kein*e Politiker*in empfing die Frauen und Männer am Flughafen, die zum Teil mehrere Jahre am Hindukusch für uns alle ihre Gesundheit und ihr Leben riskiert hatten. Manche haben es auch verloren. Zwar gab es mehr als drei Monate später einen Zapfenstreich vor dem Reichstagsgebäude, an dem auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel teilnahmen, doch zog das Zeremoniell direkt Kritik auf sich. „Was gibt’s da zu feiern?“, fragte der damalige Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele mit Verweis auf die Toten des Afghanistan-Einsatzes auf Twitter.

Soldat*innen sind bisher unsichtbar

Regelmäßig berichten Soldat*innen, die aus dem Auslandseinsatz zurückkehren, das Belastende daran seien nicht nur die Strapazen fern der Heimat und die ständige Angst, getötet zu werden, sondern auch das Gefühl, dass das Geleistete in Deutschland nicht gesehen wird. Und wenn doch, dann vor allem kritisch. Und selbst wenn Soldat*innen im Inland in Notsituationen helfen – sei es im Kampf gegen ein Hochwasser oder beim Impfen gegen das Corona-Virus – bleiben sie meist vor allem eins: unsichtbar.

Das mag aus der deutschen Geschichte heraus erklärbar sein. Niemand – außer vielleicht am ganz rechten Rand – möchte eine durchmilitarisierte Gesellschaft, in der auf den Straßen im Stechschritt marschiert wird. Aber mehr Sichtbarkeit und Wertschätzung für Menschen, die einen Eid darauf geschworen haben, „das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen“, sind dringend notwendig. Schließlich beinhaltet der Eid, im Ernstfall sein Leben zu geben – für uns alle. Mehr als 3.300 Bundeswehrangehörige sind seit der Gründung der Bundeswehr 1955 in Ausübung ihres Dienstes ums Leben gekommen.

Die Bedeutung der Parlamentsarmee rückt ins Bewusstsein

Dass der Bundestag nun einen „Veteranentag“ eingeführt hat, ist deshalb ein wichtiges Zeichen. Mehr als zehn Millionen Deutsche gelten nach offizieller Zählung als Veteran*innen. Doch kaum jemand weiß etwas von ihnen. Um diese Frauen und Männer sichtbar zu machen, ist ein Veteranentag mit öffentlichen Veranstaltungen ein gutes Mittel. Ein solcher Tag würdigt nicht nur ihre Verdienste, sondern rückt auch die Bedeutung der Parlamentsarmee sichtbar ins öffentliche Bewusstsein. Es sind die Abgeordneten, die über den Einsatz der Bundeswehr entscheiden.

Damit allein ist es jedoch nicht getan. Seit Jahren führen Veteran*innen in Deutschland ein Schattendasein, fühlen sich mit ihren Problemen häufig allein gelassen. Dabei sind die immens. Viele Heimkehrer*innen leiden an einer Posttraumatischen Belastungsstörung, die das Ergebnis von Erlebnissen im Einsatz sind. Darunter leiden nicht nur die Soldat*innen selbst, sondern auch ihre Familien. Dies anzuerkennen und den Betroffenen schnell zu helfen, ist deshalb mindestens genauso wichtig wie die öffentliche Würdigung mit einem Veteranentag.

Über den Erfolg entscheiden wir

In den vergangenen Jahren hat sich hier bereits einiges getan. In Berlin gibt es ein „Veteranenbüro“ als Anlaufstelle. Die Deutsche Härtefallstiftung unterstützt Veteran*innen, die im Dienst Schaden genommen haben, und ihre Familien. Mit dem Veteranenabzeichen werden aktive und ehemalige Soldat*innen auf Antrag geehrt. Der Veteranentag setzt diese Entwicklung nun fort, ihr Ende ist er nicht. Ob er zu einem Erfolg wird, liegt dabei weniger an den Soldat*innen oder der Politik. Entscheidend wird sein, wie wir als Bevölkerung damit umgehen. Denn Soldat*innen sind nicht umsonst vor allem eins: „Staatsbürger*innen in Uniform“.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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