Meinung

Veteranentag: Warum ein Tag allein nicht ausreicht

Die Einführung eines Veteranentags ist eine gute Idee, reicht aber für sich allein nicht aus. Nur wenn wir erklären, wer, warum und wie geehrt werden soll, kann ein Veteranentag ein starkes Zeichen für aktive und ehemalige Soldat*innen sein.

von Antje Ott · 27. November 2023
Wachbataillon der Bundeswehr in Berlin: Der Erfolg eines Veteranentages steht und fällt mit der Akzeptanz der wertzuschätzenden Personengruppe.

Wachbataillon der Bundeswehr in Berlin: Der Erfolg eines Veteranentages steht und fällt mit der Akzeptanz der wertzuschätzenden Personengruppe.

Grundsätzlich sollten alle, die sich freiwillig in den Dienst der Gesellschaft stellen, täglich Wertschätzung erfahren. Menschen, die sich in den Sicherheitsorganen unseres Landes engagieren, leisten anhaltend, besonders aber in Krisenzeiten, einen erheblichen Beitrag, um die Bürger*innen dieses Landes nach innen und außen zu schützen. Neben den Herausforderungen an die zeitliche Verfügbarkeit zu Lasten des Privat- und Familienlebens, wird immer stärker auch die körperliche und mentale Unversehrtheit gefährdet. Die Ehrung von Veteran*innen durch einen speziellen Gedenktag dient der Anerkennung des persönlichen Opfers und der Dienstleistungen, die sie für das Land erbracht haben ebenso, wie es die soziale Integration von ehemaligen Soldat*innen fördern und somit den sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft stärken würde.

Soldatinnen und Soldaten bezahlen im Zweifel mit ihrem Leben

Die Männer und Frauen in den Streitkräften, den Polizeidiensten, den Rettungs- und Feuerwehrdiensten riskieren mit ihrem Einsatz im Zweifel auch ihre Gesundheit oder gar ihr Leben. Was den Soldatenberuf von den anderen Berufsgruppen abhebt, ist dass diese Gefährdung des eigenen Lebens durch Parlamentsbeschluss und per Befehl eingefordert werden kann. Soldat*innen bezahlen im Zweifel mit ihrem Leben, wenn sie im Rahmen der Bündnis- und Landesverteidigung oder in mandatierten Auslandseinsätzen unsere Art des Zusammenlebens verteidigen.

Allerdings sind die Angehörigen der Rettungs- und Sicherheitskräfte nicht nur von beruflichen Risiken bedroht, sondern auch von Anfeindungen. So waren nach einer Umfrage des „Redaktionsnetzwerks Deutschland“ im Jahr 2022 ca. 79.100 Einsatzkräfte Ziel körperlicher und verbaler Attacken. Damit ist die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen, die die Hilfe für andere Menschen zu ihrem Beruf gemacht haben, selbst Opfer von Attacken werden, erneut gestiegen. Und das neben den eigentlich Risiken Berufsrisiken.

„Danke für Deinen Dienst“ muss die Losung sein.

Insofern sind die aktuellen Bemühungen der SPD-Bundestagsfraktion gemeinsam mit der FDP, den Grünen und der Union um einen Veteranentag grundsätzlich zu begrüßen. Ob der Veteranentag auf alle Rettungs- und Sicherheitskräfte als Akt der Wertschätzung zu erweitern wäre, ist dabei ein mehr als überlegenswerter Aspekt.

Wenn Genoss*innen, derzeit für Deutschland im Ausland tätig, von täglicher Dankbarkeit in allen Bereichen der Gesellschaft in den Gastländern berichten, müssen wir für Deutschland endlich damit anfangen eine gesellschaftlich breit angelegte Anerkennung und Wertschätzung zu etablieren: „Danke für Deinen Dienst“ muss die Losung sein. Denn dieser Dienst garantiert die Wehrhaftigkeit unserer Demokratie und die tägliche Erneuerung der verfassungsrechtlichen Versprechen an die Bürger*innen dieses Landes.

Ein einzelner Tag reicht nicht aus

Doch allein EIN Tag als Symbol reicht hierbei nicht. Dies würde in der Wahrnehmung der hierdurch zu wertschätzenden Menschen vielmehr das Gegenteil bewirken. Inhaltlich sind daher mindestens diese Aspekte mitzudenken:

  1. Die Frage muss geklärt werden, wer als Veteran*in gilt. Der von der damaligen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen 2018 im Zuge eines Tagesbefehl definierte Personenkreis, „aktive und ehemalige Soldatinnen und Soldaten, Reservistinnen und Reservisten, Gesunde und Versehrte“ geht vielen zu weit. Hier wäre genau zu definieren, ob es eine Abgrenzung zum „Innendienst“ oder eine Bindung an übungsgleiche Verpflichtungen oder Auslandseinsätze sinnvoll sein kann. Vier Monate Freiwilligendienst sind zum Beispiel hinsichtlich der Strapazen und individuellen Risiken nicht gleich zu setzen mit einem Jahr Einsatz in Mali.
  2. Die unbürokratische und niedrigschwellige Fürsorge und Versorgung von im Einsatz psychisch und oder physisch Versehrten muss Teil eines glaubwürdigen Pakets sein. Nicht das eine Negativbeispiel darf Maßstab für Regelungen sein, sondern der Schwerpunkt muss auf einer zügigen Hilfe für den Menschen und dessen Familie liegen. Hierzu müssen die einschlägigen Gesetze und Verwaltungsregelungen angepasst werden, um eine schnelle unbürokratische Hilfe verfügbar zu machen.
  3. Die Organisation und Durchführung eines Veteranentages muss der Bundestag verantworten. Ein weiterer Tag, wie der für Werbung genutzte, durch das Verteidigungsministerium organisierte „Tag der Bundeswehr“, welcher die Streitkräfte bindet, wird eben nicht als wertschätzend betrachtet werden.
  4. Hier wären auch Best-Practice Aktionen wie in Großbritannien oder Kanada zum „Rememberance Day“ aufgreifbar.
  5. Bei der Wahl eines geeigneten Tages sollte mit Rücksicht auf versehrte Veteran*innen nicht unbedingt ein Tag in einer dunklen und damit mental oft schwereren Zeit gewählt werden.

Alles in allem steht und fällt der Erfolg eines Veteranentages mit der Akzeptanz der wertzuschätzenden Personengruppe, also der Frage, wie seine Ausgestaltung bei den Rettungs- und Sicherheitskräften ankommt. Der Veteranentag kann zudem dazu dienen, dass der Respekt für die Berufsgruppen, die eben kein Beruf wie jeder andere ist, wieder erhöht wird.

Wir dürfen niemals vergessen, dass unsere Demokratie, sollte sie nicht geschützt werden, in ihrer Existenz bedroht ist. Dies sehen wir derzeit nicht nur anhand der Konflikte in der Ukraine oder Israel. Dies sehen wir auch auf unseren Straßen, in den Sozialen Netzen oder in unserem persönlichen Umfeld. Wir brauchen mehr denn je Menschen, die als Soldatinnen, Polizisten oder Feuerwehrkräfte ihr Handeln dem Schutz und der Sicherheit der Menschen in Deutschland widmen. Sie verdienen unser aller Respekt, 365 Tage im Jahr!

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Antje Ott

ist Vorsitzende der Betriebsgruppe Bundeswehr der SPD.

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